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aa) Häufiger Irrtum: Copyleft führt automatisch zur Freigabe als FOSS

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Die Geschichte ist so dramatisch, dass sie in fast jedem FOSS Vortrag vorkommt. Sie ist trotzdem falsch. Es wird behauptet, dass die Auslösung des Copyleft Effekts dazu führt, dass die eigene Software – infiziert von einer winzigen Dosis Copyleft – auch zum Copyleft Zombie wird. Auf dieser Grundlage wird dann die Freigabe des kompletten kommerziellen Produkts gefordert, das entsprechend infiziert ist. Richtig ist, dass Werke, die von Copyleft lizenzierten Werken abgeleitet werden, ebenfalls unter Copyleft Lizenz gestellt werden müssen, um die Lizenzbedingung zu erfüllen (siehe hierzu Rn. 225ff.). Es gibt jedoch keinen Automatismus.

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Der Rechtsinhaber hat die Wahl, die Copyleft Lizenz dadurch zu erfüllen, dass er seine eigene Software auch unter gleiche Lizenz stellt oder auf die Vorzüge der FOSS Lizenz, insbesondere auf das gewährte Nutzungsrecht zu verzichten. Das mag sich nach einem Dilemma anhören, da die Verletzung der Lizenz Rechtsnachteile bedeuten kann; es ist aber gleichwohl die Entscheidung des Rechtsinhabers, ob er die Freigabe seines Code und der FOSS Lizenz vornehmen will oder nicht. Dass kein Automatismus bestehen kann, ergibt sich schon alleine aus dem Umstand, dass der Verwerter möglicherweise gar nicht in der Lage ist, eine Lizenzierung unter einer FOSS Lizenz vorzunehmen. Wäre es anders, könnte man eine fremde kommerzielle Software mal eben mit GPL infizieren, so dass sie dann für jedermann frei nutzbar wäre.

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Der Gedanke hält sich gleichwohl hartnäckig und liegt sogar der Entscheidung des LG Berlin im Fall AVM ./. Cybits (Surfsitter)6 zugrunde. Das an mehreren Stellen angreifbare Urteil (siehe ausführlich Rn. 605ff.) geht davon aus, dass der Hersteller der Fritzbox keine Unterlassungsansprüche gegen Cybits geltend machen darf, wenn das linux-basierte FritzOS verändert wird. Die Richter statuierten, dass mit Copyleft Effekt infizierte Software quasi „vogelfrei“ wird und der Rechtsinhaber seine Ansprüche aus dem Urheberrecht verlieren soll. Anders ausgedrückt sollen Sammelwerke, die aus FOSS bestehen, als Ganzes den Bedingungen der FOSS mit Copyleft Effekt unterliegen. Spätere Rechtsprechung hat diesen Fehler erkannt und auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung und dem Unclean-Hands-Einwand Einwendungen gegen das Verwertungsrecht zurückgewiesen.7

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Die Möglichkeiten für Lizenznehmer, wegen FOSS Verstößen Kostenfreiheit zu erlangen, sind etwas kleiner als angenommen. FOSS Lizenzen können nur die Instrumente des Urheberrechts einsetzen. Das Sanktionsarsenal beschränkt sich daher darauf, das kostenlos gewährte Nutzungsrecht an der FOSS entfallen zu lassen. Die Lizenz kann keine zusätzlichen Nutzungsrechte für jedermann an proprietärer Software erzeugen.

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