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Hühnerhaut und Hühnerauge

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Übertragen wir Bezeichnungen, die vom Huhn ausgehen, auf unseren Körper, betreffen sie in der Regel Unangenehmes oder Krankhaftes. Hühnerbrust nennen wir eine kielförmige Verwölbung des Brustbeins. Wenn uns friert, auch im übertragenen Sinn, d. h. vor Angst oder Wohlbehagen tschuderet, kriegen wir in den Mundarten der deutschsprachigen Schweiz, des Elsass, des Badischen und des Vorarlbergischen keine Gänsehaut, sondern eine Hüennerhut, Hüenderhut, Hiänderhuid oder eine Hennehuut. Dazu ist in einigen Mundarten sogar eine Verbform gebildet worden: Es hüennerhutet mi. Wer sein Erschauern mit einer Übertreibung betonen möchte, kann sagen: Ich han e Hüennerhuut überchoo, mi hett chönne Feerli söigge draa.

Der Vergleich der erschauerten Haut mit der Haut eines gerupften Huhns beschränkt sich aber nicht auf germanische Sprachen wie z. B. das niederländische: kippevel krijgen. In der älteren französischen Sprache begegnet man neben chair de poule der unserem Hühnerhaut direkt entsprechenden Bezeichnung peau de poule, z. B. im zweiten Band des «Dictionnaire de l’Académie françoise» aus dem Jahr 1786:

«On appelle Peau de Poule, une peau qui n’est pas lisse, & qui a des élevures pareilles à celles qui sont sur la peau d’une poule plumée. Et l’on dit figurément, Cela fait venir la peau de poule, la chair de poule, pour dire, Cela fait frissonner. – Man nennt eine Haut, die nicht glatt ist und Erhebungen hat, ähnlich denjenigen, die auf der Haut eines gerupften Huhns sind, Hühnerhaut. Und man sagt bildlich das macht mir Hühnerhaut, Hühnerfleisch, um zu sagen, das lässt mich erschauern.»

Auch die Spanier bekommen Hühnerhaut, piel de gallina, oder Hühnerfleisch, carne de gallina.

Die Bezeichnung Hühnerhaut im südlichen Teil des deutschen Sprachraums und im Englischen, chicken skin neben goose bumps, könnte also eine Lehnübersetzung von älterem französischen peau de poule sein. Sonst überwiegt im deutschen Sprachraum Gänsehaut, älter auch Gänshaut; «Gänshaut haben wir bekommen, wie die Reibeisen» (1807).

Peau de poule kommt als Fachbegriff der Textilbranche sogar in der «Ökonomischen Enzyklopädie» von Johann Georg Krünitz aus dem Jahr 1808 vor: «Peau de poule, ein seidener, dem Ansehen nach wie gestrickter Zeug (Stoff), zu Kleidern dienlich, der in Frankreich, Italien, Deutschland (besonders in Crefeldt), Holland und der Schweiz verfertigt wird.»

Das Wort Hühnerauge, Hüenneroug kam erst im 16. Jahrhundert in die deutsche Sprache, und zwar als Lehnübersetzung von oculis pullinus, einem lateinischen Fachbegriff der mittelalterlichen Medizin, der auf der Ähnlichkeit der schmerzenden Hornschwiele mit einem Vogelauge beruht. Vorher nannte man diese schmerzende Hornhautbildung Leichdorn «Körperdorn». Das Hühnerauge hiess auch Elsterauge, niederdeutsch Echsteroge, in unseren Mundarten Agerschte- oder Ägerschtenoug, und Krähenauge, in unseren Mundarten Chrääienoug.

Seit dem 17. Jahrhundert sagt man im Französischen faire le cul de poule «den Hühnerarsch machen», wenn man alle fünf Fingerspitzen einer Hand zusammenlegt oder wenn man die Lippen schürzt und zu einem Kuss vorwölbt. Letzteres nennt man auch bouche en cul de poule, das seit dem 18. Jahrhundert belegt ist. Offenbar ist der Vergleich von Mund und Hühnerarsch in die neuere deutsche Sprache gerutscht: «seinen Mund zu einem Hühnerarsch von einem Kussmäulchen» formen (1984), «der hat einen ganz kleinen runzeligen Mund wie ein Hühnerarsch» (1990), «sein Mund hat auf einmal ausgesehen wie ein kleiner blanker Hühnerarsch» (1994), «beleidigt spitzte Mimi seinen Mund wie zu einem Hühnerarsch» (2011), «sein Mund ist zu einem Hühnerarsch verzogen» (2012). Einen der frühesten deutschen Belege findet man in der deutschen Übersetzung von Martin Andersen Nexøs Roman «Morten der Rote» von 1950: «Sie hat so einen ekelhaft zusammengekniffenen Mund, wie ein Hühnerarsch, der das Ei nicht hergeben will.»

In der alten Pferdearznei nannte man eine Wurmkrankheit, welche offene Beulen erzeugt, hünerars (1788). Ein wissenschaftlicher Bericht von 1870 bezeichnet die Geschwürhöhle als den «bekannten Hühnerarsch = cul de poule».

Auch wer rasch friert oder sehr furchtsam ist, wird sowohl im Süddeutschen als auch in der Deutschschweiz zuweilen als Hüennerfüdle verspottet. Zudem ist Hüehnerfüdle der Name einer Flur in der Nähe von Burgdorf.

Nur die allergrössten Kälber wählen ihren Metzger selber

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