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5.Die Landesbauordnung (LBauO) 1995

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Anlass für die erneute Gesetzesänderung war die notwendige Umsetzung der Europäischen Bauproduktenrichtlinie in Landesrecht. Die vom Rat der Europäischen Gemeinschaften am 21. Dezember 1988 erlassene sog. Bauproduktenrichtlinie soll einen grenzüberschreitenden, ungehinderten Handel mit Bauprodukten gewährleisten. Ein Gesetzentwurf des Ministeriums der Finanzen sah die zur Umsetzung der Richtlinie in Landesrecht notwendigen Regelungen – der Zweite Abschnitt des Dritten Teils der Bauordnung wurde neu gefasst – vor. Der Gesetzentwurf enthielt darüber hinaus weitere Änderungsvorschläge, die u. a. die Stellplatzbestimmungen und Umweltschutzanforderungen betrafen.

Im Verlauf der Beratungen in den Landtagsausschüssen – die erste Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag fand am 1. Juli 1993 statt – kam es zu Änderungen bzw. Ergänzungen des Gesetzentwurfs, die das Ziel hatten,

– die Dauer der bauaufsichtlichen Verfahren weiter zu verkürzen,

– die Bauherren, die am Bau Beteiligten und die Bauverwaltung zu entlasten und

– die Baukosten durch eine Vereinfachung des materiellen Rechts zu senken.

Diesem Ziel entsprechend wurden u. a. Regelungen über Bearbeitungs- und Entscheidungsfristen, die Einbeziehung weiterer Vorhaben in das vereinfachte Genehmigungsverfahren, die Beteiligung Sachverständiger an bauaufsichtlichen Verfahren und über ein neues Verfahrensinstrument – das Freistellungsverfahren – in die erweiterte Gesetzesvorlage aufgenommen. Auch Bestimmungen der inzwischen fortgeschriebenen Musterbauordnung fanden darin Berücksichtigung.

Das Gesetz, das wegen seines Umfangs eine Neufassung erfuhr, wurde vom Landtag am 16. Februar 1995 beschlossen, vom Ministerpräsidenten am 8. März 1995 ausgefertigt und am 14. März 1995 im Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl. S. 19) verkündet. Es trat am 1. April 1995 in Kraft.

Als wichtigste Neuregelungen des materiellen Rechts sind hervorzuheben:

– Die Belange des Umweltschutzes wurden durch die Ergänzung der Generalklausel in § 3 Abs. 1 und durch weitere Einzelanforderungen zugunsten des ökologischen Bauens gestärkt.

– Es wird nicht mehr die Beachtung aller allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 3 Abs. 3) verlangt, sondern nur noch der durch Verwaltungsvorschrift eingeführten Technischen Baubestimmungen.

– Die Tiefe der Regelabstandsfläche nach § 8 Abs. 6 wurde von 0,8 H auf 0,4 H verringert; das sogenannte Schmalseitenprivileg konnte damit entfallen.

– Die Zulässigkeit von Nebengebäuden an Nachbargrenzen wurde erleichtert (§ 8 Abs. 9).

– Der Zweite Abschnitt des Dritten Teils der Landesbauordnung (Bauprodukte und Bauarten) wurde in Anpassung an die Europäische Bauproduktenrichtlinie neu gefasst.

– Die Stellplatzbestimmungen (§ 45) wurden gelockert; bei Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum im Gebäudebestand kann unter den im Gesetz festgelegten Voraussetzungen auf die Herstellung von Stellplätzen verzichtet werden. Zudem wurde neu geregelt und klargestellt, für welche Zwecke die Stellplatzablösungsbeträge zu verwenden sind.

Das Verfahrensrecht wurde um folgende Neuregelungen erweitert:

– Die Aufstellung von Feuerstätten ist genehmigungsfrei, wenn die Arbeiten von einem Fachunternehmer ausgeführt werden (§ 61 Abs. 1 Nr. 7 a).

– Die Bauaufsichtsbehörde hat nach Eingang des Bauantrags binnen zehn Werktagen zu prüfen, ob der Bauantrag und die Bauunterlagen vollständig sind. Ein Anhörungstermin ist durchzuführen, wenn dies der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens dient (§ 64 Abs. 2).

– Bei der Vorlage von Bescheinigungen eines anerkannten Sachverständigen entfällt insoweit eine Prüfung der Bauunterlagen. Damit wurde der Weg für eine Teilprivatisierung bauaufsichtlicher Aufgaben frei. Konkrete Regelungen hierüber wurden in der Landesverordnung über Sachverständige für baulichen Brandschutz vom 25. März 1997 (GVBl. S. 133) getroffen.

– Das vereinfachte Genehmigungsverfahren wurde für alle Wohngebäude der Gebäudeklasse 3 geöffnet (§ 65 Abs. 1).

– Erstmals wurde eine Genehmigungsfiktion in die Landesbauordnung aufgenommen (§ 65 Abs. 4). Danach gilt die Baugenehmigung bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 als erteilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten über den Antrag entschieden hat; die Frist kann aus bestimmten Gründen verlängert werden. Die Regelung gilt nicht für Vorhaben im Außenbereich.

– Das – optionale – Genehmigungsfreistellungsverfahren (§ 65a) wurde als neuer Baustein in das Verfahrensrecht eingeführt. In diesem Verfahren ist bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 in Bebauungsplangebieten eine Baugenehmigung nicht erforderlich; es genügt die Vorlage der Bauunterlagen bei der Gemeindeverwaltung. Voraussetzung für die Durchführung des Freistellungsverfahrens ist, dass das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplans übereinstimmt und die Erschließung gesichert ist. Der Bauherr kann einen Monat nach Vorlage der Bauunterlagen bei der Gemeindeverwaltung mit dem Bau beginnen, es sei denn, die Gemeinde verlangt die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens. Der Bauherr hat aber auch die Möglichkeit, anstatt des Freistellungsverfahrens das vereinfachte Genehmigungsverfahren durchführen zu lassen.

– Bei experimentellen Wohnungsbauvorhaben sind unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 Nr. 2 Abweichungen vom materiellen Recht möglich.

– Das widerrechtlich versagte Einvernehmen der Gemeinde kann durch die Bauaufsichtsbehörde und im Widerspruchsverfahren ersetzt werden (§ 68a).

– Die Bestimmungen über die Teilungsgenehmigung nach § 83 LBauO 1986 wurden gestrichen.

– Die Möglichkeiten der Gemeinden, örtliche Bauvorschriften zu erlassen, wurden erweitert.

Die Baurechtsnovelle 1995 war im Wesentlichen gekennzeichnet durch die Lockerung materiell-rechtlicher Anforderungen sowie die Erweiterung des Verfahrensrechts um neue Elemente wie das – optional ausgestaltete – Freistellungsverfahren und die Möglichkeit zur Beteiligung privaten Sachverstands an bauaufsichtlichen Verfahren. Mit der Landesbauordnung 1995 war aber nur ein weiteres Etappenziel auf dem Weg zur Reform des Baurechts erreicht. Bereits vier Jahre später sollte es abermals zu einer umfassenden Gesetzesänderung kommen.

Landesbauordnung Rheinland-Pfalz

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