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6.Die neue Landesbauordnung (LBauO) 1999

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Den Anstoß für die Änderung der Landesbauordnung 1995 gab die „Vereinbarung zur Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition für die 13. Wahlperiode des rheinland-pfälzischen Landtags“ vom 30. April 1996. Nach dem das Baurecht betreffenden Teil der Koalitionsvereinbarung sollte die Landesbauordnung novelliert werden. Ziel der Gesetzesnovelle sollte u. a. die – nochmalige – Ausweitung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens, die Erweiterung der Genehmigungsfreistellungen und die Ausdehnung der Regelungen über die Genehmigungsfiktion auf weitere Vorhaben sein; auch sollten die sogenannten bautechnischen Standards überprüft werden.

Das Ministerium der Finanzen übertrug die Vorgaben der Koalitionsvereinbarung, ergänzt um weitere Änderungsvorschläge, in einen Gesetzentwurf. Die Änderung weiterer Bestimmungen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts – vorgeschlagen wurde u. a. die Lockerung der Abstandsbestimmungen (§ 8) und der Brandschutzanforderungen (§§ 23 bis 35 a. F.), die Verschärfung der Anforderungen an Wohnungen zugunsten behinderter und alter Menschen (§ 44 a. F.), der Wegfall der Rechtsfigur des Bauleiters (§§ 53 und 56 a. F.) und die Einführung einer neuen Abweichungsregelung (§ 69) – sollte zu einer weiteren Rechts- und Verwaltungsvereinfachung führen, aber auch Erfordernissen der Baupraxis stärker Rechnung tragen. Die Vorschläge zur Änderung des neuen Rechts berücksichtigten zwischenzeitlich eingetretene Änderungen der Musterbauordnung.

Den Kern des Gesetzentwurfs bildeten die Vorschläge zur Änderung des Verfahrensrechts, das in einer weiteren Reformstufe systemgerecht fortentwickelt werden sollte. Die Erweiterung des verfahrensrechtlichen Instrumentariums – insbesondere der Anwendungsbereiche des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und des Freistellungsverfahrens – sollte Vereinfachungen und Verkürzungen bei bauaufsichtlichen Verfahrensabläufen bringen. Zudem sollte für Bauherren die Möglichkeit geschaffen werden, in bestimmten Fällen zwischen verschiedenen Verfahren wählen zu können. Mit einem Verfahrensangebot, das unterschiedlichen Interessenlagen Rechnung trägt, sollte ein Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen geleistet werden. Ein weiteres Ziel war, die öffentliche Verwaltung durch die Verringerung bzw. den Wegfall von Prüfaufgaben zu entlasten. Dementsprechend sollten die Möglichkeiten zur Einbeziehung privaten Sachverstands in bauaufsichtliche Verfahren erweitert werden. Entlastungseffekte wurden auch durch die Umwandlung des 1995 eingeführten optionalen Freistellungsverfahrens in ein obligatorisches Verfahren erwartet.

Im Verlauf der parlamentarischen Beratungen erfuhr die Gesetzesvorlage in geringfügigem Umfang Änderungen bzw. Ergänzungen. Der Gesetzentwurf wurde schließlich – als neu gefasste Landesbauordnung mit neuer Paragrafenfolge – gemäß der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses (Drucksache 13/3680 zu Drucksache 13/3040) am 12. November 1998 im Landtag in zweiter Lesung verabschiedet. Der Ministerpräsident hat das Gesetz am 24. November 1998 ausgefertigt. Es wurde am 9. Dezember 1998 im Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl. S. 365) verkündet. Das Gesetz ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten.

Auf dem Gebiet des materiellen Rechts sind die folgenden Änderungen hervorzuheben:

– Der Begriff der Geländeoberfläche wurde im Hinblick auf Höhenfestsetzungen in Bebauungsplänen differenzierter bestimmt (§ 2 Abs. 6).

– Der Anwendungsbereich der Generalklausel des § 4, der auf soziale Belange begrenzt war, wurde um ökologische Belange erweitert; die Verpflichtung zur Beachtung der Grundsätze des barrierefreien Bauens wird hervorgehoben.

– Nach dem geänderten Abstandsflächenrecht kann bei Anbauten an grenzständige Gebäude innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen ohne Abstand an die Grenze gebaut werden (§ 8 Abs. 1).

– Bei Gebäuden, die vor dem Inkrafttreten der Landesbauordnung 1999 errichtet worden sind, sind nachträgliche Wärmedämmmaßnahmen in den Abstandsflächen zulässig (§ 8 Abs. 5).

– Die Abstandsflächenbestimmungen für Nebengebäude an Grundstücksgrenzen wurden gelockert; die Nebengebäude können unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen innerhalb eines an den Grundstücksgrenzen liegenden 3 m breiten Bereichs ohne Abstandsflächen errichtet werden (§ 8 Abs. 9).

– Windenergieanlagen im Außenbereich können mit einer Abstandsfläche bis zu 0,25 H zugelassen werden (§ 8 Abs. 10).

– § 8 Abs. 12 erleichtert die Umnutzung bestehender Gebäude zu Wohnzwecken, wenn die nach der Landesbauordnung 1999 erforderlichen Abstandsflächen nicht eingehalten werden.

– Die Unterschreitung der nach § 8 erforderlichen Abstandsflächen bei Grundstücksteilungen bedarf der Zulassung durch die Bauaufsichtsbehörde (§ 9 Abs. 2).

– Die Möglichkeiten, die Herstellung von Bauprodukten zu überwachen, wurden erweitert; für Bauarten wurden neue Regelungen hinsichtlich ihrer Anwendbarkeitsnachweise getroffen (Zweiter Abschnitt des Dritten Teils).

– Brandschutzanforderungen wurden in einer Reihe von Einzelbestimmungen gelockert (§§ 23 bis 35 a. F.). So brauchen tragende und aussteifende Wände sowie Decken bei Gebäuden der Gebäudeklasse 3 oberhalb von Kellergeschossen nur noch feuerhemmend zu sein (§§ 27 Abs. 1 u. 31 Abs. 1); bei aneinandergebauten Wohngebäuden der Gebäudeklasse 3 sind anstelle von Brandwänden nunmehr feuerbeständige Wände zulässig (§ 30 Satz 3 Nr. 1). Im Übrigen wurden Regelungen der fortgeschriebenen Musterbauordnung übernommen (§§ 30, 32, 34, 35).

– In § 44 wurde ein neuer Absatz 2 eingefügt. Danach sind Gebäude mit mehr als vier Wohnungen so herzustellen und instand zu halten sind, dass von den ersten fünf Wohnungen eine und von jeweils zehn weiteren Wohnungen zusätzlich eine Wohnung barrierefrei erreichbar ist; bestimmte Räume müssen mit dem Rollstuhl zugänglich sein.

– Die Rechtsfigur des Bauleiters wurde abgeschafft (§§ 53 und 56 a. F.).

– Die Regelung, wonach der unteren Bauaufsichtsbehörde bei den Kreisverwaltungen sowie den Verwaltungen der kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte ein Beamter mit Befähigung zum höheren hochbautechnischen Verwaltungsdienst angehören muss, wurde gestrichen (§ 57 Abs. 3 a. F.).

Im Verfahrensrecht gab es folgende Neuregelungen:

– Der Katalog der genehmigungsfreien Vorhaben (§ 62) wurde erweitert und neu geordnet. U.a. sind nach dem neuen Recht Garagen und überdachte Stellplätze nach § 8 Abs. 9 genehmigungsfrei gestellt (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f).

– In § 65 wurden klarstellende Regelungen über die Behandlung des Bauantrags aufgenommen. Die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zur Prüfung der Nachweise des Wärme- und Schallschutzes ist entfallen (Abs. 1).

– Das vereinfachte Genehmigungsverfahren wurde um eine Verfahrensvariante erweitert:

Bei den in § 66 Abs. 2 aufgeführten Vorhaben kann neben dem herkömmlichen, umfassenden Genehmigungsverfahren wahlweise ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren oder – in Bebauungsplangebieten – auch das Freistellungsverfahren (§ 67 Abs. 5) durchgeführt werden.

– Das Freistellungsverfahren ist für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 in Bebauungsplangebieten obligatorisch, wenn plankonform gebaut wird und die Erschließung gesichert ist; die Möglichkeit, in diesen Fällen ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzuführen, ist entfallen (§ 67).

– Die bisherigen Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen (§ 67 a. F.) wurden durch die neue Abweichungsregelung ersetzt (§ 69).

– Die Bestimmungen über die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens wurden an das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Baugesetzbuch angepasst. Darüber hinaus wurden klarstellende Regelungen bezüglich der Ersatzvornahme sowie der Zuständigkeit bei Widerspruchsverfahren getroffen (§ 71).

– Die Geltungsdauer der Baugenehmigung beträgt nicht mehr zwei, sondern vier Jahre (§ 74).

– Die bisherigen Bestimmungen über die Bauüberwachung und die Bauzustandsbesichtigung (§§ 75 und 76 a. F.) wurden in einem Paragrafen zusammengefasst (§ 78); die notwendigen Regelungen über die Benutzung baulicher Anlagen enthält nunmehr § 79.

– Die Gemeinden können durch örtliche Bauvorschrift die Zahl der notwendigen Stellplätze festlegen (§ 88 Abs. 1 Nr. 8).

Die Landesbauordnung 1999 setzte nach den Gesetzesnovellen der Jahre 1991 und 1995 einen vorläufigen Schlusspunkt bei der Reform des Bauordnungsrechts in Rheinland-Pfalz. Die in kleinen Schritten erfolgten Gesetzesänderungen hatten das Ziel, das Bauen in Rheinland-Pfalz leichter zu machen. Dementsprechend wurde das materielle Recht gelockert und das verfahrensrechtliche Instrumentarium erweitert und flexibler gestaltet. Durch die Einschränkung bzw. den Wegfall behördlicher Prüfungen sollten die Bauherren, die am Bau Beteiligten und die Bauaufsichtsbehörden entlastet werden. Der weitgehende Prüfverzicht hat allerdings zur Folge, dass die Eigenverantwortung der am Bau Beteiligten in höherem Maß gefordert ist.

Im Zusammenhang mit dem Erlass von Gesetzen auf anderen Rechtsgebieten gab es folgende Änderungen der Landesbauordnung 1999:

– Die erste Änderung brachte das Landesgesetz zur Reform und Neuorganisation der Landesverwaltung vom 12. Oktober 1999 (GVBl. S. 325). Durch Art. 95 dieses Gesetzes wurden Behördenbezeichnungen an die Neuorganisation der Landesverwaltung auf der Ebene der Mittelbehörde angepasst.

– Die nächste Änderung erfolgte durch Artikel 5 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften vom 9. November 1999 (GVBl. S. 407). Danach fällt die Vollstreckung von Verwaltungsakten durch die Bauaufsichtsbehörden unmittelbar in den Anwendungsbereich des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes.

– Das Landesgesetz über das amtliche Vermessungswesen vom 20. Dezember 2000 (GVBl. S. 572) führte zu einer weiteren Änderung. Durch § 23 des Gesetzes wurde die bisherige Bezeichnung „Katasteramt“ in § 86 Abs. 3 Satz 3 LBauO durch die neue Bezeichnung „Vermessungs- und Katasteramt“ ersetzt.

– Durch Artikel 27 des Euro-Anpassungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 6. Februar 2001 (GVBl. S. 29) wurde § 89 LBauO geändert. Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 wurden die DM-Beträge an den Euro angepasst und dabei zusätzlich abgerundet.

– Artikel 28 des Landesgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen vom 16. Dezember 2002 (GVBl. S. 481) brachte eine Änderung in § 4 LBauO. Danach sind „die Bestimmungen zum barrierefreien Bauen des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen sowie sonstiger Vorschriften zugunsten behinderter Menschen“ auch im Bauordnungsrecht zu berücksichtigen. Ferner gab es redaktionelle Änderungen in den §§ 50 und 51 LBauO.

– Das Landesgesetz zur Förderung der elektronischen Kommunikation im Verwaltungsverfahren vom 21. Juli 2003 (GVBl. S. 155) bestimmte in Artikel 24, dass die elektronische Form bei der Führung des Prüfbuchs für Fliegende Bauten (§ 76 Abs. 10 LBauO) und bei der Erklärung über die Eintragung von Baulasten (§ 86 Abs. 2 LBauO) ausgeschlossen ist.

– Durch Gesetz vom 22. Dezember 2003 (GVBl. S. 396) schließlich wurde die Rauchwarnmelderpflicht im Wohnungsbau eingeführt. Das Gesetz, das auf eine Initiative aus der Mitte des Landtags Rheinland-Pfalz zurückgeht, brachte eine Änderung in § 44 LBauO durch den folgenden neuen Absatz 8:

„(8) In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird.“

Landesbauordnung Rheinland-Pfalz

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