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8.Die Bauordnungsnovelle 2015

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Umfangreiche Änderungen der Landesbauordnung enthielt das im Mai 2015 vom Landtag Rheinland-Pfalz verabschiedete und in zwei Schritten – am 1. August und 1. Dezember 2015 – in Kraft getretene Dritte Landesgesetz zur Änderung der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (GVBl. S. 77). Damit wurde das Regelwerk den aktuellen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen angepasst unter Fortgeltung des Grundsatzes, das Bauen durch die Einschränkung oder den Wegfall von Regulierungen so weit wie möglich zu erleichtern, die Eigenverantwortung der Bauherrinnen und Bauherren zu stärken und die Bauaufsichtsbehörden zu entlasten.

Einen Schwerpunkt der Novelle bildeten die neuen materiellen Bestimmungen über die Barrierefreiheit, die – um den Übergang in der Planung zu erleichtern – am 1. Dezember 2015 in Kraft getreten sind. Sie tragen maßgeblich dazu bei, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen weiter zu verbessern. Mit den inhaltlichen Erweiterungen wurde der demografischen Entwicklung und dem Auftrag des Artikels 64 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Rechnung getragen, Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligung zu schützen und auf ihre Integration und die Gleichwertigkeit ihrer Lebensbedingungen hinzuwirken. Die Ergänzungen zu barrierefreien Wohnungen und allgemein zugänglichen Gebäuden dienen dem Ziel einer behindertengerechten und barrierefreien Umwelt. Sie ist nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Grundvoraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Dazu leistet das Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen bereits einen wesentlichen Beitrag. So ist die öffentliche Hand etwa im Baubereich verpflichtet, neben Neubauten auch bestehende Bauten im Rahmen des Möglichen barrierefrei zu gestalten. Unabhängig davon ist die barrierefreie Gestaltung baulicher Anlagen nach fachrechtlicher Maßgabe der Landesbauordnung vorzusehen.

So wurde mit der Bauordnungsnovelle 2015 das Kontingent barrierefreier Wohnungen erhöht und der Katalog der allgemein zugänglichen Anlagen, die barrierefrei sein müssen, erheblich erweitert. Einbezogen sind nunmehr z. B. auch Bürogebäude. Zudem wurde die generelle Aufzugspflicht auf Gebäude mit mehr als vier Geschossen (bisher fünf) abgesenkt. Gleichzeitig werden unverhältnismäßige Belastungen insbesondere im Gebäudebestand vermieden. Die Neuregelungen werden in technischer Hinsicht durch die Normenreihe DIN 18040 – Barrierefreies Bauen – ergänzt, die durch Verwaltungsvorschrift als Technische Baubestimmung eingeführt wurde. Das Gesetz berücksichtigt damit die Bevölkerungs- und Altersentwicklung in Rheinland-Pfalz.

Um die Nutzung erneuerbarer Energien und sonstige Vorgaben zur Energieeinsparung nach Bundesrecht baulich einfacher umsetzen zu können und gleichzeitig die Bauaufsichtsbehörden zu entlasten, wurden Verfahren vereinfacht und Anforderungen reduziert. Dies betrifft Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie, nachträgliche Dämmmaßnahmen, kleinere Windenergieanlagen und Ladestationen für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge. Zudem wurden Erleichterungen zugunsten der Holzbauweise eingeführt und die Verwendung der sog. Stellplatzablösebeträge für Maßnahmen des Fahrradverkehrs und des ÖPNV ermöglicht. Kommunen können nunmehr Satzungen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudebestand erarbeiten.

Die bauaufsichtlichen Zuständigkeiten wurden auf der unteren Verwaltungsebene neu geordnet. Die kleinteilige Struktur der Wahrnehmung von Teilaufgaben durch ehemals 31 Verbandsgemeindeverwaltungen war in Anbetracht des Ziels einer effektiven und effizienten Aufgabenerfüllung schon seit längerem nicht mehr zeitgemäß. Die Rückführung der Aufgaben auf die Kreisverwaltungen zum 31. Dezember 2017 ermöglicht einen einheitlichen und wirtschaftlichen Verwaltungsvollzug. Nur die bislang schon beauftragten zwei großen Verbandsgemeinden Konz und Diez erhielten auf Antrag unter engen Voraussetzungen die Befugnis, ihre Tätigkeit fortzusetzen und bauaufsichtliche Aufgaben – nunmehr in vollem Umfang – wahrzunehmen. Nachzuweisen war dafür neben der Zustimmung des betroffenen Landkreises die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenwahrnehmung. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung und -prognose war die aufgabenspezifische wirtschaftliche Situation der Verbandsgemeinde und des betreffenden Landkreises maßgeblich. Besondere Bedeutung kam der fachlich ausreichenden Besetzung zu. Die nachzuweisende Wirtschaftlichkeit musste dauerhaft gewährleistet sein. Eine wirtschaftliche Aufgabenerledigung erschien bei Verbandsgemeinden in einer Größenordnung von mehr als 25.000 Einwohnerinnen und Einwohnern möglich. Die Grenze orientierte sich an § 6 Abs. 1 der Gemeindeordnung, wonach kreisangehörige Städte mit mehr als 25.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu großen kreisangehörigen Städten erklärt werden können, und berücksichtigt, dass die Stadtverwaltungen der großen kreisangehörigen Städte nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBauO originär untere Bauaufsichtsbehörden sind.

In der Gesamtschau wurde mit dieser schwierigen, aber erfolgreichen Organisationsreform eine jahrzehntelange, zunehmend anachronistische Zersplitterung der Zuständigkeiten behoben und es ist anzunehmen, dass sich die vorgetragenen erheblichen Bedenken nicht bestätigt haben. Die bauaufsichtlichen Aufgaben sind nun bei den 24 Land­kreisen mit anderen fachrechtlichen Aufgaben gebündelt. Daneben nehmen wie bisher die Verwaltungen von 12 kreisfreien Städten, acht großen kreisangehörigen Städten und wie dargestellt zwei Verbandsgemeinden bauaufsichtliche Aufgaben in vollem Umfang wahr.

Auch andernorts wurde der Grundsatz umgesetzt, das Bauen unter ausreichender Berücksichtigung der Sicherheitserfordernisse zu erleichtern.

So wurde in verfahrensrechtlicher Hinsicht etwa der Katalog der genehmigungsfreien Vorhaben – z. B. zugunsten der Landwirtschaft – erweitert. An anderer Stelle wurde der Verwaltungsaufwand verringert, ­indem z. B. Standsicherheitsnachweise im vereinfachten Genehmigungsverfahren und im Freistellungsverfahren nicht mehr generell vorzulegen sind. An ihre Stelle treten Erklärungen der Verantwortlichen, die später auch eine der Statik entsprechende Bauausführung bescheinigen müssen. Zudem wurde – wie in anderen Ländern – die Pflicht wieder eingeführt, für das Bauvorhaben eine Bauleiterin oder einen Bauleiter zu beauftragen, die oder der während der Bauausführung die Einhaltung des öffentlichen Baurechts überwacht.

Im Bereich des materiellen Rechts wurde z. B. der Ausbau bestehender Räume von Betrieben des Weinbaus, des Handwerks oder der Gastronomie in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen ermöglicht, um die Innenentwicklung von Städten und Gemeinden zu fördern. Im Bereich der Brandschutzanforderungen an Bauteile und Bauarten wurden Vorgaben unter Einführung einer neuen Gebäudeklasse aktualisiert. An anderen Stellen wurde auf Rechtsunsicherheiten reagiert etwa durch Klarstellungen bei Grundstücksteilungen oder Grenzveränderungen, oder es wurden Erleichterungen geschaffen z. B. bei der Nutzung von Grenzgaragen.

Es war schließlich erforderlich, die Bestimmungen über Bauprodukte an die neue Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 9. März 2011 (ABl. EU Nr. L 88 S. 5; 2013 Nr. L 103 S. 10) – im Folgenden BauPVO – anzupassen. Sie dient der Förderung des Binnenmarktes und verdrängt als unmittelbar geltendes europäisches Recht die bisherigen nationalen Regelungen.

Das europäische Recht über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ist effektiv umzusetzen. Daher wurden die entsprechenden Fachgesetze von Bund und Land mit dem Verfahrensrecht der Landesbauordnung verknüpft. Auch das europäische Störfallrecht war zu berücksichtigen.

Landesbauordnung Rheinland-Pfalz

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