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ERSTE SIESTA IN DER BLUMENKISTE 6. Juli

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Ich meinte, früh aufgestanden zu sein. Doch es wurde 9.00 Uhr, bis das Zelt zusammengelegt und jedes Ding seinen Platz im Rucksack gefunden hatte. Ich erkannte: Auf dieser Fahrt konnte nur strikteste Ordnung ein sinnloses Herumsuchen und damit verbundenen Ärger und Zeitverlust verhindern. Aber ich stand erst am Anfang meiner Lehrzeit, und es gab noch manche Sucherei auf dem Weg. War endlich alles aufgeräumt, staunte ich jedes Mal aufs Neue, wie all das, was eben noch verstreut herumlag, in einem einzigen Rucksack Platz fand.

Ich schlug nun den Weg Richtung Westschweiz ein. Um möglichst schnell vorwärts zu kommen, fuhr ich immer auf den Hauptstraßen. Die Autos störten mich nicht.

Vor Lausanne gab es eine kräftige, in der Mittagshitze mühsame Steigung auf 872 Meter hinauf. Ich wurde richtiggehend schlapp und fragte mich, ob ich mir nicht zu viel zugemutet hatte. Jedenfalls musste ich mich bei nächster Gelegenheit am Straßenrand niederlegen.

Zufällig befand sich dort ein Blumengeschäft. Ich wählte als Bettstatt zwei wacklige Bretter, die eigentlich zum Aufstellen von Blumenkisten gedacht waren. Trotz des regen Verkehrs und des Gestanks musste ich tief eingeschlafen sein, denn plötzlich fiel ich unsanft auf den Boden. Für einen Moment wusste ich gar nicht mehr, wo ich überhaupt war. Benommen stieg ich wieder auf mein Rad und hatte anfangs große Mühe, einigermaßen geraden Kurs zu halten.

Ich hatte beschlossen, große Städte wie Genf zu umfahren. So bog ich schon bald nach Westen ab und überquerte die Grenze zu Frankreich. In Ferney erwies ich dem Schriftsteller Voltaire die Ehre, indem ich vor seiner Statue kurz vom Rad stieg. Er war zwar ein bissiger Kritiker und ein Antiklerikaler, aber die französische Sprache hat ihm ihre Schönheit und Perfektion zu verdanken. Die flache Ebene des Genfersees lag hinter mir. Nun begann für mich Neuland. Unbekannte Orte und Landschaften taten sich auf.

In Bellegarde suchte ich vergeblich nach einer Campingmöglichkeit, denn das Städtchen liegt eingeklemmt in einem tief eingeschnittenen Flussbett. Außerhalb des Ortes aber wies ein Schild auf einen nahen Zeltplatz hin. Zum Glück lag er in jener Richtung, in die ich sowieso weiterfahren wollte. Denn mit dem schweren Gepäck auf dem Fahrrad war jeder Umweg zu viel, und eine Steigung, die man aus irgendeinem Grund zweimal hinter sich bringen musste, glich einer kleinen Katastrophe.

Die Straße führte nun wieder stark bergwärts. Die Gegend wurde immer verlassener, und die Sonne war bald hinter einer Bergkuppe verschwunden. Ich staunte, als ich nach einer Kurve auf einen Imbiss von McDonalds stieß, der sich frech in die schöne Landschaft gesetzt hatte. Doch Hunger und Durst siegten über alle ästhetischen Bedenken. Für zwölf Euro gab es zwei große Salate mit verschiedenen Saucen und gebratenen Kartoffeln, dazu noch einen großen Becher Orangensaft. Der Zeltplatz selber aber lag etwas weiter entfernt an einem kleinen Abhang. Es war ein wunderschöner Standort mit vielen kleinen Hecken, und ich fand einen stillen, lauschigen Platz für mich allein. Bald hatte ich das Zelt aufgebaut, das ging schon rassiger vor sich als am Vortag. Nach einer verdienten Dusche und einer dankbaren Rückschau auf den Tag schlief ich müde, aber glücklich ein.

Neuland unter den Sandalen

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