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Kapitel 1 Die heilenden Kräuter der Druiden

Obwohl die Wissenschaft ermittelte, dass unsere protokeltischen und keltischen Vorfahren in den Tagen der Steinkreise und später, in den Tagen der druidischen Herrschaft, über weite Teile der europäischen Welt gesünder waren, als wir es heute sind – besonders in Bezug auf die sogenannten »Zivilisationskrankheiten« –, gehen wir davon aus, dass es ein Leben ohne Krankheit niemals gegeben hat. In der Abiturprüfung 2006 schrieb ein französischer Schüler gar folgenden Satz, der so denkwürdig oder vielleicht auch komisch war, dass er Einzug auf die berühmte Internetseite der »Perles du Bac« (»Abitur-Perlen«) fand: »Au Moyen Age, la bonne santé n’avait pas encore était inventée!« – Im Mittelalter hatten sie die gute Gesundheit noch nicht erfunden!

Tiefgründige Einsicht oder Lapsus linguae? Unerheblich! Unser französischer Abiturient 2006 hat Recht: Wo wir heutzutage von Rückenleiden durch übermäßig langes Sitzen am Computer, von Übergewicht und Herzproblemen durch Bewegungsmangel oder schlicht und einfach von Depressionen durch den Druck in der Arbeitswelt oder infolge menschlicher Isolation in Großstädten gequält werden, sorgten bei unseren protokeltischen und keltischen Vorfahren feindliche Nachbarn, wilde Tiere, Kälte, Nässe oder irgendwelche Seuchen für Ärger mit der Gesundheit. Und bei ihren mittelalterlichen Nachfahren sah die Sache auch nicht viel besser aus. Und manch einem zarter besaiteten keltischen Ahnen mögen in seiner Welt, in der die guten und bösen Geister als real empfunden wurden, diese Mächte ausreichend Angst eingeflößt haben, um sich Tür und Tor zu Leiden zu öffnen, die man in der heutigen Welt als psychosomatische Krankheiten bezeichnen würde. Auch dem Hinkelstein tragenden Obelix, dem großmäuligen Majestix und dem wackeren Krieger Asterix waren depressive Zustände, Schlafstörungen oder Nervenzusammenbrüche nicht fremd, obgleich sie diesen Krankheitsbildern gewiss andere und höchstwahrscheinlich viel poetischere Namen gaben!

Wenn unsere Vorfahren also in einer solchen Situation vertrauensvoll den örtlichen Druiden-Arzt aufsuchten, dann wandten sie sich nicht nur an einen Wissenschaftler und Gelehrten im heutigen Sinne, sondern auch an einen Menschen, dessen Weltsicht magisch geprägt war und der wie sie selbst von der realen Existenz der Geisterwelt ausging. Vermutlich führten die Erkrankten ebenso wie der zuständige Druiden-Arzt das psychische oder physische Leiden darauf zurück, dass der Leidende in irgendeiner Weise ein Tabu übertreten oder die Geisterwelt gekränkt oder erzürnt hatte. Oder aber – wenn beide sich sicher sein konnten, dass dies nicht der Fall war – es wurde höchstwahrscheinlich erst einmal ein böser Zauber für die Krankheitserscheinung verantwortlich gemacht.

Einiges deutet darauf hin, dass es unter den Druiden-Ärzten zwar auch Spezialisierungen gab, die meisten von ihnen aber doch als »Allgemeinärzte« arbeiteten, die Krankheiten sowohl schamanistisch als auch mit gewöhnlichen Mitteln behandelten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der jeweilige Ansatz eines Druiden-Arztes – genauso wie bei heutigen Praktikern – von seiner Diagnose abhing.

Wenn eine »normale« Ursache, z.B. Hitze, Kälte, Verletzung, Schwangerschaft/Geburt, Überlastung, Bakterien oder Viren, Ernährungsfehler etc., hinter einem Leiden steckte, kamen »normale« Heilkräuter und/oder chirurgische Eingriffe zur Anwendung. Wurde eine paranormale, übernatürliche Ursache angenommen, also psychische Leiden wie Schwermut oder Besessenheit, die im Zusammenhang mit der Geisterwelt stand, ging der Druiden-Arzt schamanistisch vor und setzte Pflanzen ein, die in seinem Weltbild eine stark magische Natur hatten.

Die heiligen Pflanzen und Kräuter der Druiden werden in drei Gruppen eingeteilt vorgestellt:

Zuerst jene, die von Plinius dem Älteren in seiner »Historia Naturalis« gelobt wurden: Dies sind traditionelle klassische Heilpflanzen, wenn auch einige von ihnen heute eher in den Bereich der »vergessenen Heilpflanzen« entrückt sind und nur noch sehr selten Anwendung in der Schulphytotherapie und »Schulnaturmedizin« finden. Dies ist die Welt der Eva Aschenbrenner und Maria Treben, der »Bona Fama«-Heilmittel »guten Rufes«, umgangssprachlich auch Altweibermittel genannt, oder hier im Normannischen »Remèdes de Bonne Femme«. Dies soll aber ihre Zauberkraft nicht abwerten, wenn man darunter die Wissenschaft versteht, die von den Druiden-Ärzten unserer Vorfahren praktiziert wurde und deren hohe Kunst darin bestand, die dem großen Heilkräutergarten der Natur entnommenen Elemente zum Nutzen anderer einzusetzen. Es sind einfach die gebräuchlichsten Heilpflanzen der druidischen Tradition.

Zu jeder einzelnen Heilpflanze gebe ich an, als wie sicher man ihren Gebrauch durch die Druiden ansehen darf. Hier meine Klassifizierung:

Gebrauch durch die Druiden-Ärzte der Kelten Galliens gilt als absolut sicher.

Die Pflanze wurde mit größter Wahrscheinlichkeit von den Druiden-Ärzten eingesetzt.

Die Druiden-Ärzte haben den Gebrauch dieser Pflanze lediglich zu einem verhältnismäßig späten Zeitpunkt ihrer Geschichte von anderen Experten übernommen, mit denen sie in Kontakt standen (Griechen, Etrusker, Nordmänner, Germanen etc.).

Obwohl keine dieser Heilpflanzen bei vernünftigem und verantwortungsvollem Gebrauch gefährlich ist und Sie sie alle bedenkenlos für Ihre Kinder und/oder Haustiere im Garten ansiedeln können, doch ein kurzes Wort der Warnung: Konsultieren Sie bitte stets einen kompetenten Arzt oder Heilpraktiker bzw. Tierarzt oder Tierheilpraktiker, der Ihre Befindlichkeit oder die Ihrer vierbeinigen Freunde an einer Untersuchung überprüfen und einschätzen kann, ob die von Ihnen in Erwägung gezogene Heilpflanze in Ihrem Fall die wirkungsvollste und verträglichste ist.

Und machen Sie nicht den Fehler, synthetische Arzneimittel rundherum zu verwerfen, nur weil zunehmende Erregerresistenzen, unerwünschte Nebenwirkungen oder immunsuppressive Wirkungen dieser Mittel oftmals geradezu schockierend von den Beipackzetteln ins Auge springen: Im Falle akuter Erkrankungen ist es oftmals nur das gezielt eingesetzte Antibiotikum oder der Entzündungshemmer, der darüber entscheidet, ob die betroffene Person bzw. das betroffene Haustier seine Gesundheit jemals wieder in vollständigem Maße zurückerlangen kann. Ich selbst habe es mir zur goldenen Regel gemacht, Heilpflanzen insbesondere bei leichteren Erkrankungen, längerfristig bei chronischen Leiden oder aber zur Prophylaxe einzusetzen und zu empfehlen.

Diese goldene Regel gilt sowohl für den Menschen als auch in der Tierheilkunde: Ein Kind, das sich beim Spielen die Knie blutig geschlagen hat, braucht keinen Arzt, sondern nur die liebevolle Hand der Mutter, sauberes Wasser und einen Umschlag mit essigsaurer Tonerde oder ein bisschen Honig über dem Wehwehchen. Ein Kind, das fiebrig heiß und mit glasigen Augen nach Hause kommt, gehört zum Arzt!

Einem Fohlen, das nervös herumtänzelt und leichten Durchfall bekommt, weil es Angst davor hat, in einen Pferdeanhänger verladen zu werden, helfen Sie mit Melisse, Lavendel, Hopfen und Kamille ein paar Stunden vor der großen Reise wirklich. Es braucht keine einschläfernden synthetischen Arzneimittel, die sein zentrales Nervensystem fast vollständig außer Gefecht setzen. Einem Pferd, das sich vor Kolikkrämpfen windet und dessen Leben von der raschen Verabreichung einer krampflösenden Spritze und der genauen Einschätzung seines Zustandes durch einen Fachmann abhängt, helfen Sie nur, wenn Sie sofort und ohne zu zögern den Tierarzt anrufen!

Tun Sie sich also den Gefallen und halten Sie sich an meine goldene Regel und Sie werden mit den Rezepten und Hausmitteln, die ich am Ende dieses Buches vorstelle, viel Freude haben und Ihrer zwei- und vierbeinigen Familie Gutes tun.

Im Anschluss an diesen Rundgang durch den Teil des Druidengartens von An Avallach in dem sich die heilenden Kräuter der Druiden befinden, möchte ich meine Leser dann zu jenen Pflanzen führen, die außergewöhnliche Kräfte besitzen und deren Zauberwirkung je nach Zeitalter, Glauben und Gebrauch mit übernatürlichen, göttlichen oder teuflischen Kräften in Verbindung gebracht wurden. Diese Pflanzen finden wir an einem sorgsam verborgenen Ort, den selbstverständlich die Genii Cucullati bewachen, die zwergenhaften gallischen Kapuzendämonen und Schutzgeister. In diesem »Giftgarten der Druiden« werden Pflanzen behandelt, die psychoaktive und gleichzeitig giftig sind. Aus diesem Grund sind sie dem großen Publikum eigentlich nur noch als gefährliche Rauschmittel bekannt oder erscheinen auf Listen, die vor der »tödlichen Gefahr für Kinder im Garten und in Parkanlagen« warnen, wo sie niemals gepflanzt oder geduldet werden sollten.

Vor Jahrzehnten wurde bereits der wissenschaftliche Nachweis erbracht, dass Pflanzen ihre Umwelt unseren Empfindungen entsprechend erleben können. Sie zeigen sogar Schock- oder Angstreaktionen, unter Umständen auch bezogen auf ganz bestimmte Personen oder sogar auf die bloße Absicht, ihnen Schaden zuzufügen. Und sie gedeihen auf das prächtigste unter liebevoller Zuwendung. Ich unterhalte mich schon seit vielen Jahren regelmäßig und lebhaft mit allem, was in meinem Garten wuchert, wächst, blüht und gedeiht. Meine Pflanzen und Bäume scheinen diese Aufmerksamkeit und Sorge um ihr Wohlbefinden wirklich zur Kenntnis zu nehmen, denn ich habe selbst mit in der Normandie schwierig zu haltenden Gewächsen und den etwas kapriziöseren Vertretern der grünen Welt große Erfolge.

Die Kommunikation der Pflanzen scheint über Schwingungen und elektromagnetische Felder zu erfolgen, möglicherweise auch über Feuchtigkeits- oder Wärmeaustausch. Wissenschaftler forschen seit langem in diese Richtung. Der Nachweis der allen Organismen eigenen Aura mittels der hochfrequenten Hochspannungsphotographie, der Kirlianphotographie, ist nur ein Beispiel dieser Forschung.

In der Kindheit und Frühgeschichte der Menschheit gab es durchaus andersgeartete Einschätzungen und Verhaltensweisen den Pflanzen gegenüber als heutzutage. In zahlreichen Mythologien – europäischen und außereuropäischen – findet sich eine Würdigung dieser Lebewesen. Pflanzen, die auf das menschliche Bewusstsein einwirken, sind in fast jeder Zeit und in jeder Kultur von großer Bedeutung gewesen. Sie haben die parapsychologischen Fähigkeiten unserer Ahnen verstärkt und gleichzeitig ihre Phantasie beflügelt. Sie haben ihnen Erfahrungen ermöglicht, die sonst nur unter Hypnose oder im Traum zu erlangen waren oder einzelnen begnadeten »Mystikern« zuteilwurden. Es waren nicht tierische Substanzen, die den Menschen über Jahrtausende Visionen schenkten, sondern pflanzliche. Unzählige Initiationsriten in allen Kulturen der Welt haben mit pflanzlicher Hilfe Reifung und Weitsicht ermöglicht. Außer in wenigen, heute vom Aussterben bedrohten archaischen Stammesgemeinschaften erfährt der Heranwachsende keine echte Initiation mehr. Die Begegnung mit der Existenz, dem Großen Geheimnis des Lebens, des Sterbens und der Wiedergeburt, zählt nicht mehr zu den wesentlichen Erfahrungen der menschlichen Entwicklung.

Mit ihren ausdruckslosen Ritualen, starren Dogmen und sturen Lektüren der Texte können die heute etablierten Hauptreligionen den seelischen Hunger der Menschen schon lange nicht mehr stillen. Unvorbereitet und hungrig bleibt manchen Suchenden nur die Welt der Drogen. In unserer Zeit scheint sich die Mystik auf den Genuss, den Konsum reduziert zu haben. Eine Menge der unterschiedlichsten Substanzen stehen dem modernen Menschen zur Verfügung. Und doch hat er in der Regel den hier möglichen Zugang in die Ganzheit, die Ekstase, das Heraustreten aus der begrenzenden Individualität verloren. Die Pflanzen und ihre machtvollen Substanzen – Drogen genannt – sind nicht für diese Entwicklung verantwortlich, sondern nur das unvorbereitete, nicht initiierte Bewusstsein der Konsumenten, die so eine Ersatzbefriedigung und Betäubung oder Nervenkitzel und Genuss suchen.

Wir sollten uns an dieser Stelle an unsere Vergangenheit und an unsere Ahnen erinnern: Ein respektvoller, wenn nicht gar liebevoller Umgang galt als wichtige Voraussetzung für einen Kontakt mit der Existenz, der Macht, der Geisterwelt, unserem tiefsten ureigenen Wesen. So verstanden, waren in jenen Tagen unter den Pflanzen nicht nur Schönheiten und Nahrungsspender zu finden, sondern auch mächtige magische Verbündete.

Bitte halten Sie sich bei der Lektüre des »Giftgartens der Druiden« ganz klar vor Augen, dass Heilpflanzen im allgemeinen »Arzneipflanzen« sind und aus diesem Grund nur bei ganz genauer Kenntnis über deren Wirkung und Anwendungsweise und nach eingehender Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eingesetzt werden sollten. Auf keinen Fall sollten Sie irgendwelche »Experimente« mit den hier vorgestellten Pflanzen anstellen. Giftigkeit ist in ihrem Fall ein relativer Begriff, weil sich die Grenze zwischen Heilkraut und Giftpflanze verwischt. Eben jene giftigen Inhaltsstoffe sind heute bei der Behandlung vieler Krankheiten von unschätzbarem Wert. Ein unkontrollierter Verzehr von Digitalis purpurea – Fingerhut – führt zu schweren Herzrhythmusstörungen und schließlich zum Tod. In Tablettenform dosiert hilft Digitalis allerdings mit genau denselben Wirkstoffen unzähligen herzkranken Patienten. Alle Informationen zum Einsatz dieser Pflanzen bei gesundheitlichen Störungen erhalten Sie bei Ihrem Arzt oder Heilpraktiker!

Abschliessend lade ich Sie dann zu einem Spaziergang in den Heiligen Hain der Druiden ein. Archäologen fanden überall innerhalb keltischer Viereckschanzen Spuren von Kultbäumen. In der Literatur der Griechen und der Römer über die Kelten und ihre Druiden nehmen die Bäume einen genauso wichtigen Platz ein wie in ihren eigenen Mythen, Sagen und Dichtungen. Bereits die gerne gebrauchte, wenn auch nicht unumstrittene Übersetzung von »Druide« – »dru« von dem indogermanischen Wort für »Eiche« und »weid« vom indogermanischen »weit sehend, weit blickend« –, die durch die Beschreibung von Plinius dem Älteren geprägt wurde, lässt die Annahme zu, dass die Druiden den Bäumen im allgemeinen und der Eiche im besonderen eine große Bedeutung beimaßen, auch wenn wir uns eher der neueren Auffassung anschließen, dass die korrektere Übersetzung für »Druide« lediglich »Weiser« oder »Gelehrter« ist. Die Kelten brachten bestimmten Bäumen bzw. denen mit ihnen in Verbindung gebrachten Gottheiten oder Geistwesen Opfergaben. In ihrer Weltanschauung galten Bäume allgemein als beseelt und man musste ihnen mit Respekt und Ehrfurcht begegnen. Auch in späteren Jahrhunderten konnte sich diese Praktik der Verehrung bestimmter Bäume als eine Tradition im Volk halten, obwohl die christlichen Kirchenmänner sie immer aufs heftigste bekämpften und schon von den ersten Tagen der Christianisierung Galliens an mit Axt und Säge gegen die heiligen Bäume vorgingen – insbesondere gegen Eichen –, um damit der druidischen Kultur ihren Boden zu entziehen.

Der als »heiliger Martin« bekannte Bischof Martin von Tours, der sich als Apostel Galliens seinen Platz im ökumenischen Heiligenkalender sichern konnte, rief im 4. Jahrhundert der Zeitrechnung ganz gezielt zu einem Kreuzzug gegen die heiligen Bäume der Gallier auf und setzte ein Beispiel, indem er eigenhändig Hand an eine heilige Eiche in der Nähe des heutigen Chartres anlegte. Ungeachtet dieser radikalen Form des »Waldsterbens« von christlicher Missionarshand existieren verschiedene alte Baumkulte – wenn auch zwischenzeitlich mit kirchlichem Segen – bis zum heutigen Tag. Das in vielen Regionen praktizierte Setzen eines Maibaums ist der Rest eines Kultes zu Ehren des Belenos. Der Maibaum, meist rot und weiß mit Stoffbahnen umwunden, symbolisierte ursprünglich einen Phallus als Objekt der Fruchtbarkeit, das die Natur unter den Feuern von Beltane aus ihrem Winterschlaf weckte und die Gebärfähigkeit der im Boden schlummernden Kräfte wecken und fördern sollte.

Für die Druiden, als Philosophen mit tiefer Einsicht in die Symbole der Natur, war der Baum gleichfalls ein Abbild des Universums, die kosmische Eiche oder Welteneiche. Jeder Stamm und jedes Dorf hatte einen Vertreter dieser Welteneiche, genauso wie jede Gegend ihren heiligen Hain, den »Nemeton«, in einem nahegelegenen Wald hatte. Die »Welteneiche« ist hier nicht im botanischen Sinn als »Quercus robur« zu sehen, sondern als ein Weltenbaum, der auch anderer botanischer Zugehörigkeit sein konnte: Eschen, Erlen, Eiben, Birken und Linden waren je nach Region genauso sehr Weltenbaum wie die sprichwörtliche Eiche. Der Heilige Hain diente einerseits den Druiden als Versammlungs- und Weiheort, andererseits hielten sie dort auch ihre Lehrveranstaltungen ab, sozusagen eine »Open Air«-Schule. Die keltische »Religion« war ebenso dezentralisiert wie die keltische staatliche Organisation. Der Weltenbaum, die Welteneiche, als solcher befand sich folglich nicht nur an einem einzigen, fest definierten Ort – so, wie wir dies von den allerwichtigsten Heiligtümern der heute etablierten Religionen kennen –, sondern immer in der unmittelbaren und damit erlebbaren Nähe einer keltischen Lebensgemeinschaft. Für die Druiden als Ärzte waren die Bäume über diesen spirituellen Ansatz hinaus aber auch immer in hohem Maße mit dem Thema Heilung verbunden.

In diesem dritten Teil über die Heilkräfte der Natur, so, wie sie von den Druiden genutzt wurden, werde ich vor allem jene Bäume ausführlicher besprechen, die in den von mir untersuchten heilkundlichen Schriften und Herbarien am häufigsten aufgeführt wurden, aber gleichzeitig auch in der Volksmedizin die stärkste Anwendung finden. An dieser Stelle werden wir jedoch keine Kategorisierung in Bäume und Sträucher vornehmen, sondern beide gemeinsam behandeln, um dem Leser einen leichteren Überblick und schnelleren Einblick in die druidische Heilkunde zu ermöglichen.

Wie schon für die beiden vorhergehenden Kategorien – die gebräuchlichsten Heilpflanzen aus druidischer Tradition und den Giftgarten der Druiden – sind auch die Bäume der Kraft gemäß ihrer volkstümlichen Namen aufgelistet, dem sich die lateinische botanische Bezeichnung gemäß der Klassifizierung von Linné anschließt. Es folgen, sofern eindeutig identifiziert, der gallisch-keltische und der altbretonische oder bretonische Name der jeweiligen Pflanze sowie ein kurzer aktueller Kenntnisstand zur Botanik und wissenschaftlichen Phytotherapie. Im Anschluss daran wird der Einsatz der Pflanze in der druidischen Heilkunde und der Volksmedizin beschrieben, wobei auch auf die magische Verwendung Bezug genommen wird.

Da es in meinen Augen ein Schwachpunkt vieler Bücher zur Volksmedizin ist, auf Kulturpflanzen zurückzugreifen, die erst in nachkeltischer Zeit nach Westeuropa eingeführt wurden und daher unmöglich in der druidischen Pharmakopöe Verwendung gefunden haben können (was ihrer Wirksamkeit allerdings keinen Abbruch tut!), handelt es sich bei sämtlichen hier aufgeführten Pflanzen um solche, die aus Textvergleichen zwischen dem »De Medicamentis« (430 der Zeitrechnung), dem Manuskript von Leyden (ca. 790 der Zeitrechnung) und dem Stundenbuch der Anne de Bretagne (15. Jahrhundert) übereinstimmend entnommen werden konnten.

Der wunderbare Garten der Druiden

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