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4. Ureinwohner

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Hier wird nicht der moderne Begriff indigene Bevölkerung verwendet. Sie selbst bezeichnen sich nämlich auf Chinesisch 原住民, also ursprüngliche Bewohner. Diese Bezeichnung ist auch weitaus korrekter als die moderne Form – sie sind nämlich die ersten bekannten Bewohner Taiwans. Das Wort „indigen“ würde nämlich eher eine Sonderstellung neben der Taiwanern indizieren. Vor allem passt das Wort besser in die politischer Kultur, in der sich die aus Fukien eingewanderten Chinesen eher als die „Ureinwohner Taiwans“ mit folgendem Sonderstatus betrachten, die seit Jahrhunderten unterdrückt werden. Die Sprache der Ureinwohner selbst kennt kein entsprechendes Wort.

Der Überlebenskampf der Ureinwohner ist eines der traurigsten Kapitel der taiwanischen Geschichte und ein Beispiel für das langsame Verschwinden von Kulturen. Gründe dafür sind vielfältig, die meisten geben kein schönes Bild für das moderne Taiwan. Während die DPP die chinesische Bedrohung seit Jahrzehnten stark betont, geht die Bedrohung der Ureinwohner durch chinesische Einwanderer (also die Urväter der Taiwaner), westliche Kolonialisierungsversuche (erfolglos) und japanische Verbrechen (sehr erfolgreich, einschließlich Giftgas) auf Jahrhunderte zurück, die moderne taiwanische Lebensweise sichert nicht zwingend das Überleben. Die ersten Besiedlungen durch die chinesischen Einwanderer bedrohten zwar nicht das Überleben an sich, verdrängten die Ureinwohner aber zunehmend ins Landesinnere. Auch wenn man sie heute in Stämme unterteilt, war dies lange Zeit nicht so. Sie gehörten zu ihrem jeweiligen Dorf – dem Buluo. Diese Buluo unterschieden sich erheblich, auch wenn sie später zum gleichen Stamm zusammengefasst werden. Sie bekämpften sich ebenso untereinander.

Existenzielle Gefahren drohten erstmals durch die Japaner, auch durch deren puren Rassismus gegenüber den Ureinwohnern, die sie als minderwertig betrachteten. Ureinwohner galten als Babaren, deren Kultur man kein Lebensrecht zugestand. Zudem stellten die damals sehr kriegerischen Ureinwohner ein ernstzunehmendes Hindernis für die Ausbeutung der taiwanischen Natur dar. In der japanischen Zeit begann die Unterteilung in Stämme. Die japanische Zeit hatte ein verheerende Auswirkung auf die Ureinwohner. Konfrontiert mit einem sehr kriegerischen Volk auf sehr primitiven Niveau setzten diese Brachialgewalt einschließlich Giftsgas ein. In der direkten Konfrontation gab es Schwierigkeiten, also verwendeten sie auch Kanonen, denen die Ureinwohner archaische Waffen und alte Gewehre entgegen setzen konnten. Es gab beachtliche Aufstände der Ureinwohner, teils wurden Japaner besiegt oder lange in Schach gehalten, nur verloren die Ureinwohner zu viele Kämpfer. Auf Dauer war die japanische Kriegsmaschinerie mächtiger (und rücksichtsloser). Eindrucksvoll wird ein Kampf der Seediq im Wushe Zwischenfall im Film „Warriors of the Rainbow: Seediq Bale“ beschrieben, in Youtube erhältlich.

Auch nach der japanischen Niederlage konnten sie sich nicht erholen, chinesischer Nationalismus und Kulturarroganz sowie der archaische Lebensstil der Ureinwohner passten nicht zusammen, sodass die Ureinwohner kaum am folgenden wirtschaftlichen Wachstum teilhaben konnten. Eine Vielzahl von patriarchalisch gutgemeinten Maßnahmen hatte weitere verheerende Auswirkungen, so wurde die Schulpflicht eingeführt: Viele Ureinwohner in der Tarokoschlucht wohnten weit außerhalb, sie mussten also ihre Kinder ins Flachland begleiten und ihre Häuser aufgeben. Sie fanden nur schwer Arbeit, soziale Schwierigkeiten sowie das Trauma, das Land der Vorväter verloren zu haben, führten zu Verelendung und Alkoholismus. Dies bestärkte wiederum die Kulturarroganz der Taiwaner, die ihre schlechte Meinung über die „Bergmenschen“ bestätigt sahen. Auch heute noch verschweigen einige Ureinwohner ihre Abstammung, um nicht durch Taiwaner (unterbewusst) diskriminiert werden.

Heute sind 16 Stämme anerkannt, die 2,3 % der Bevölkerung ausmachen. Die Ureinwohner ordnen sich den Stämmen zu, auch um besser politischen Einfluss ausüben zu können. Es gibt verschiedene Maßnahmen, um die Kultur zu erhalten. Ureinwohner haben teilweise traditionelle Jagdrechte behalten, erleichterten Zugang zu Universitäten, Sprachkurse, finanzielle Unterstützung usw. Leider wird diese Bevorzugung schrittweise aufgehoben. Dennoch werden immer noch immense Mittel ausgegeben, um den Zugang durch Straßen und Versorgung in die abgelegenen Dörfer aufrecht zu erhalten. Es wird wohl nur für wenige Stämme reichen. Die großen Amei leben durchmischt mit den Taiwanesen, sie gliedern sich immer stärker ein und verlieren ihre Kultur, viele Kinder sprechen nicht mehr die Sprache. Der Stamm der Thao am Sonne-Mond-See hat nur noch wenige hundert Mitglieder, schon wegen der Gefahr zu enger familiärer Beziehungen muss außerhalb des Stammes geheiratet werden. Es ist nicht so, dass das Unrecht von den Taiwanern bestritten wird, nur ist es nicht sehr präsent. Es ist vielleicht mit der deutschen Einstellung gegenüber den Hereros vergleichbar. So richtig rauben uns dieser Massenmord und das Schuldbewusstsein auch nicht den Schlaf.

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