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Die Freiheit, innezuhalten

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In grenzenloser Freiheit hat Gott Unglaubliches erschaffen: Tiere und Pflanzen in unendlicher Farbenpracht und Vielfalt. Und dann den Menschen mit einer bis ins Kleinste ausgeklügelten Anatomie und Physiologie: Gelenke und Bänder, Muskeln und Sehnen, Nerven und Blutgefäße.

Ich erinnere mich an meine erste Operation, bei der ich als Krankenpflegeschülerin zuschauen durfte. Ich war fasziniert von der Präzision und Ordnung, die in einem menschlichen Körper herrscht. Kein Arzt der Welt käme auf die Idee, die Leber von rechts nach links zu verlegen oder die Nase am Kinn zu befestigen. Denn der Mensch ist ein Wunder der Schönheit und der Anatomie.

Plötzlich hört Gott auf mit Schaffen. Jeder Coach würde ihm heute raten: »Du bist doch gerade mitten im Flow. Mach weiter, da kommt bestimmt noch mehr Gutes dabei raus.«

Aber Gott hört auf. Am siebten Tag ruht er von seinen Werken. Das Verb, das Luther hier mit ruhen übersetzt, heißt shabbat – aufhören, ruhen, beenden.

Gott weiß, wann es Zeit ist, zu handeln, und wann es Zeit ist, aufzuhören.

Dasselbe Verb finden wir ein paar Kapitel weiter nach der Sintflut wieder: »Solange die Erde steht, soll nicht aufhören (shabbat) Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht« (1. Mose 8,22; LUT). Die Natur wird nicht innehalten, sie bekommt keinen Sabbat. Die Jahreszeiten und das richtige Klima für Saat und Ernte bleiben bestehen.

Gott hat die Freiheit, etwas zu beginnen, und die Freiheit, aufzuhören, zu ruhen, etwas zu lassen. Und genau diese Möglichkeit hat er uns Menschen ebenfalls geschenkt.

Der siebte Tag wird in besonderer Weise von Gott gesegnet und geheiligt. Es ist nicht der sechste Tag, der besonders hervorgehoben wird – nicht die Erschaffung des Menschen, sondern der Tag des Nichts-Tuns.

Und genau daran scheiden sich bis heute die Geister. Nach der Sintflut hat Gott über die Natur einen Nicht-Sabbat verhängt: Der Kreislauf der Jahreszeiten und von Saat und Ernte wird bis auf Weiteres nicht gestoppt.

Aber der Mensch, allen voran das Volk Israel, bekommt die Anweisung, alle sieben Jahre ein Sabbatjahr einzulegen: »Sechs Jahre sollst du dein Feld besäen und sechs Jahre deinen Weinberg beschneiden und die Früchte einsammeln, aber im siebenten Jahr soll das Land dem Herrn einen feierlichen Sabbat halten; da sollst du dein Feld nicht besäen noch deinen Weinberg beschneiden« (3. Mose 25,3-4; LUT).

Die Menschen sollen dem Boden, den sie bearbeiten, eine Ruhepause gönnen. Und natürlich auch sich selbst. Dabei sollen sie erleben, dass Gott sie versorgt, obwohl sie nicht arbeiten.

Wenn Gott das Sabbatjahr einfordert, höre ich dahinter seine große Frage: »Du, Mensch, bist du so frei, dass du mir vertraust? Vertraust du mir, dass ich dich auf übernatürliche Weise versorge, auch wenn du nichts tust?«

Der Sabbat ist der Inbegriff von Freiheit: Ich tue nichts, weil ich weiß, dass ich nichts tun kann. Ich verlasse mich nicht auf meine menschliche Stärke, meine Intelligenz und meine Kraft. Sondern ich vertraue einzig und allein auf meinen Gott. Ich habe die Freiheit, aufzuhören, wenn es am schönsten ist. (Später werden wir noch näher auf dieses Thema eingehen.)

Du sollst frei sein

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