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10. Evangelisches Gemeindehaus Holzhausen II

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Ein eisiger Wind peitschte einen feintropfigen Regen vor die Haustür des Holzhauser Gemeindehauses. Auf der Haut fühlten sich die Tröpfchen an wie Nadelstiche.

„Man könnte meinen, bald ist Weihnachten und nicht Ostern.“, dachte Küster Ortwin Busse und schloss schnurstracks auf, um ins Warme und Trockene zu gelangen. Er betrat zunächst den „Sesselsaal“, das war der Sitzungsraum mit bequem gepolsterten Lehnstühlen, an dessen 70er Jahre-Schleiflack-Tischen regelmäßig das Presbyterium der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Holzhausen II-Nordhemmern tagte. Ortwin Busse drehte die Heizung auf und legte Gesangbücher auf den Tisch. Dann betrat er die Küche, um Tee und Kaffee zu kochen, Kaltgetränke und Gebäck bereit zu stellen. Er übte sein Amt gemeinsam mit seiner Frau seit fünfzehn Jahren aus. In den letzten beiden Jahren hatte er sein Engagement verstärkt und seine Gattin weitestgehend entlastet, weil er in Ruhestand gegangen war und eine Aufgabe brauchte. Er übte sein Amt mit Hingabe aus und bereitete seinem Nachfolger ein schweres Los, denn in diesem Umfang konnte sich wirklich nur ein rüstiger Rentner engagieren. Ortwin Busse war ein waschechter Holzhauser; ein bisschen konservativ vielleicht, voller preußischer Tugenden, aber gleichzeitig stolz darauf, mit der Zeit zu gehen und notwendigen Veränderungen nicht im Wege zu stehen. Holzhausen II war ein SPD-Dorf, viele Arbeiterfamilien hatten sich hier in bescheidenen Einfamilienhaus-Siedlungen niedergelassen oder Wohnungen in umgebauten Bauernhöfen gemietet und damit die Landwirte in ihrer Vorherrschaft abgelöst. Nordhemmern dagegen galt nach wie vor als Bauerndorf: eine erzkonservative CDU-Hochburg, wo es noch von Bedeutung war, ob man ein traditioneller, seit Generationen verwurzelter Nordhemmeraner mit ererbtem oder erarbeitetem Eigenheim war oder nur ein nichtswürdiger Zugezogener, der womöglich zu allem Überfluss eine schäbige Mietwohnung nutzte. Dafür waren die Nordhemmeraner bodenständiger und emotional unkomplizierter, ohne jegliches Potential für evangelikale Auswüchse, die eher in Holzhausen hier und da beständige Anhänger fanden. Die Holzhauser nannten die Norhemmeraner „Nordhemmer Bauern-Döllmer“, die Norhemmeraner nannten die Holzhauser ihrerseits „Holzhauser Heringsköppe“.

Separatismus innerhalb einer Gemeinde und der Pfarrer mittendrin. Die meisten hielten sich maximal sieben Jahre, dann waren sie zwischen den Dörfern aufgerieben. Nur echte Integrationsfiguren hielten länger durch. Und natürlich die echten Ureinwohner. Küster Ortwin Busse hatte gerade alle Knabbereien und Getränke für das Presbyterium aufgebaut, da stand auch schon der Kirchmeister im Sitzungssaal: überpünktlich, blitzsauber und eingehüllt in einen Hauch von Kernseife, Pitralon und Stallgeruch. Karl-Wilhelm Wiebeking war Landwirt und kam aus Nordhemmern. Er war einer der letzten Aufrechten, die trotz der zunehmenden Industrialisierung und des enormen Preisdrucks in der Landwirtschaft Getreide und Futtermittel anbauten, Schweine züchteten und auch größere Mengen von Hühnern hielten. Nur aus der Milchwirtschaft hatte er sich wie die meisten Anderen verabschiedet. Sein Ehrenamt gab Karl-Wilhelm etwas von der Würde zurück, die ihm durch Butterberg und ins Bodenlose fallende Ferkelpreise teilweise abhanden gekommen war. Außerdem hatte seine Familie sich schon immer in der Kirchengemeinde und in der Kommunalpolitik engagiert, eine traditionelle Stellung, die er zu wahren gedachte.

Nun standen sie sich gegenüber: Das Holzhauser Original und das Nordhemmeraner Urgestein. Sie respektierten und verachteten sich gleichermaßen, eine eigentümliche Mischung, die eher ein Klima von Waffenstillstand, denn ein fruchtbares Miteinander verursachte.

„Und? Läuft die Heizung wieder?“, erkundigte sich Karl-Wilhelm Wiebeking.

„Sicher.“, antwortete Ortwin Busse. „Musste ja nur die Steuerung ausgewechselt werden. Habt ihr denn heute 'ne lange Sitzung?“

„Normalerweise wären wir heute ja ruck zuck damit durch. Aber wo jetzt das mit dem Superintendenten passiert ist, kann das wohl 'n bisschen länger dauern.“

„Aber was hat unsere Gemeinde denn mit dem Kirchenkreis zu tun?“

Karl-Wilhelm Wiebeking grinste ein Insider-Grinsen: „Oh, wir sind hier ja auch nicht auf 'ner Insel. Wenn du mal bei 'ner Kreis-Synode wärst, wüssteste schon, wie wichtig der Kirchenkreis für uns ist und wie wichtig wir für den Kirchenkreis sind. Da geht es um Gelder, um Personal, aber auch darum, wie allgemein so gearbeitet wird und wo es hin gehen soll. Die Küsterstellen stehen auch regelmäßig auf'm Prüfstand, wer weiß, ob wir uns in fünf Jahren überhaupt noch'n Küster leisten können.“

„Tja“, antwortete Ortwin Busse trocken. „Dann müsster euren Kaffee wohl selber kochen und der Pastor muss 'ne Stunde vorher die Heizung aufdrehen.“

Die Haustür quietschte.

„Muss mal wieder geölt werden.“, mahnte Karl-Wilhelm Wiebeking.

„Blödsinn“, widersprach Ortwin Busse, „hört man wenigstens, dass einer kommt.“

„Guten Abend“, grüßte Pfarrer Peter Vieregge die Anwesenden. „Ach, Karl-Wilhelm, hat Pfarrer Reimler dich eigentlich schon informiert, dass er heute Abend zu uns stößt?“

„Nein,“, antwortete Wiebeking etwas verschnupft. „Will er gleich einen Antrittsbesuch als künftiger Superintendent machen?“

Peter Vieregge lachte derb. „Das ist jetzt aber ein böser Witz.“

„Wieso Witz?“, fragte Wiebeking verärgert. „Was soll denn daran witzig sein?“

„Na ja“, versuchte der Pfarrer ihn zu beschwichtigen, „Bruder Volkmann ist noch nicht unter der Erde, da sprichst du schon von einem möglichen Nachfolger. Das hat auf mich ein bisschen zynisch gewirkt.“

„Aber Reimler ist doch bisher Assessor gewesen.“, erwiderte Wiebeking unwirsch. „Dann ist er doch jetzt erst mal Superintendent bis ein neuer gewählt ist. Die Geschäfte müssen doch weiter gehen. Die Angestellten wollen pünktlich ihr Gehalt sehen und dass ihre Urlaubsanträge genehmigt werden. Entscheidungen, die anstehen, müssen gefällt werden, sonst geht doch alles drunter und drüber.“

Vieregge zuckte mit den Schultern. Er war nicht auf Konfrontation aus. Ortwin Busse brachte sich in Erinnerung: „ich überlasse euch dann mal euren Verhandlungen. Heute Abend is' Fußball. Will ich nicht verpassen. Tschüss.“

Nach und nach trudelten die restlichen Vertreterinnen und Vertreter des kleinen neunköpfigen Presbyteriums ein und schließlich tauchte auch der Assessor Sebastian Reimler auf.

Nach einer kurzen Andacht und den üblichen Formalia gehörte die gesamte Aufmerksamkeit der Anwesenden ihrem Gast. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde trug Sebastian Reimler sein Anliegen vor: „Ich bin heute bei Ihnen aus drei Gründen. Der erste war ursprünglich nicht vorgesehen, aber der tragische Tod von Bruder Volkmann ist ja sicher allen bekannt, so ist es nun an mir, das Amt des Superintendenten kommissarisch weiter zu führen bis ein Nachfolger gewählt ist. Der zweite Grund ist ein Gespräch über das Vorhaben Ihrer Kirchengemeinde in das Konzept der offenen Kirchen mit einzusteigen. Und zum dritten geht es um die aktuelle prekäre Finanzsituation des Kirchenkreises, von der auch Ihre Gemeinde betroffen ist. Zu Punkt eins wäre meines Erachtens nichts mehr hinzuzufügen. Zu Punkt zwei wäre ich sehr an ihren Vorstellungen bezüglich einer Kirchenöffnung interessiert.“

Verena Möller meldete sich zu Wort und stellte die Pläne zur Umsetzung regelmäßiger Öffnungszeiten der Kirche in Holzhausen II und der Kapelle Nordhemmern vor. Ein Team Ehrenamtlicher wollte die Kirchen öffnen für spontane Andachten und Gebete Einzelner und dieser Öffnungszeiten auch beaufsichtigen, um Missbrauch und Vandalismus zu verhindern. Reimler bezweifelte die kontinuierliche Aufrechterhaltung dieses personal-aufwändigen Angebotes, wollte aber die Beteiligten nicht entmutigen und bat darum, den Dialog mit der Kirchenkreis-Leitung zu suchen, falls das Projekt zu scheitern drohte. „Es gibt ausreichend Erfahrung mit weitaus weniger aufwändig gestalteten Projekten, die sich trotzdem einer großen Resonanz erfreuen. Aber wir werden Ihren mutigen Vorstoß gern in unsere öffentlichen Verteiler aufnehmen. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, das Angebot mit einer publikumswirksamen Veranstaltung zur Nacht der offenen Kirchen zu starten, um es auch bekannt zu machen.“

„Um die Bekanntmachung würde ich mich nicht sorgen.“, widersprach Karl-Wilhelm Wiebeking. „Wir sind hier ja eine Gemeinde, wo noch jeder jeden kennt.“

„Na ja, jeder ist vielleicht ein bisschen übertrieben.“, gab Waltraud Schafmeier zu bedenken. „Es gibt ja schon einige Zugezogene, von denen man nichts weiß.“

Wiebeking grunzte missbilligend und sagte dann: „Aber wir wollen unserem Herrn Synodalassessor ja nicht mit solchen Nebensächlichkeiten seine wertvolle Zeit stehlen, wenn es doch um so wesentliche Fragen wie Finanzen geht.“

„Also, die Inhalte unserer Arbeit sind jawohl mindestens genauso wichtig!“, protestierte Pfarrer Vieregge.

„Ja, aber ohne Moos nix los.“, beharrte Wiebeking grinsend auf seinem Standpunkt.

„Ich wäre in der Tat sehr dankbar, wenn wir auf den dritten Tagesordnungspunkt, der auch mich betrifft, kommen könnten.“, mischte Reimler sich ein. Als niemand widersprach, fuhr er fort: „Wie Sie sicherlich wissen, muss unser Kirchenkreis ab dem kommenden Haushaltsjahr rund zwei Millionen Euro einsparen, da das zu erwartende Kirchensteueraufkommen weiter zurück gehen wird. Bei 24 Gemeinden im gesamten Kirchenkreisgebiet käme auf Ihre Gemeinde ein Anteil von etwa 83000 Euro zu und ich möchte heute Abend mit Ihnen gemeinsam überlegen, wo in Ihrer Gemeinde Einsparungspotentiale liegen und an welcher Stelle der Kirchenkreis Sie unterstützen kann, um künftig wegfallende personelle Leistungen zu kompensieren.“

„Können Sie uns vielleicht zunächst einmal erklären, wie Sie auf diese aberwitzige Summe von 83000 Euro kommen?“, fragte Waldtraud Schafmeier und die Schärfe ihres Tones wurde unterstrichen von ihrer aufsteigenden Zornesröte. Aber Reimler ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Das ist ganz einfach. Geben Sie zwei Millionen dividiert durch 24 in Ihren Taschenrechner ein und Sie bekommen 83,3̅3 heraus. Auf jede Gemeinde kommt die gleiche Summe zu.“

„Moment mal.“, widersprach nun Dieter Netzeband. „Nicht jede Gemeinde hat die gleiche Anzahl Gemeindeglieder. Das muss man doch gerecht aufschlüsseln. In Ihrer Gemeinde sind doch zum Beispiel drei Pfarrstellen, weil Sie mehr Gemeindeglieder haben und damit auch ein größeres Kirchensteueraufkommen. Wie viele Pfarrstellen haben wir denn im Kirchenkreis?“

„41“, antwortete Vieregge wir aus der Pistole geschossen und tippte die Zahl schon in seinen Taschenrechner ein. Dann sagte er: „ich komme auf 49000 pro Pfarrstelle.“

„Das klingt doch schon ganz anders.“, triumphierte Netzeband. „Allerdings, wie sieht es mit dem Einsparungspotential auf Kreisebene aus? Ist darüber schon nachgedacht worden?“

„Selbstverständlich.“, antwortete Reimler und setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. „Aber Sie werden verstehen, dass wir ein starkes Zentrum brauchen, wenn wir vor Ort in den Gemeinden nur noch auf schwindende Ressourcen zurückgreifen können.“

„Ja ja“, sagte Netzeband. „Unten mähen, oben blähen, das könnt ihr.“

„Aber ich bitte Sie!“, konterte Reimler und alle Freundlichkeit war aus seinem Gesicht gewichen. „Wir haben in Marien bereits etliche Küsterstunden gestrichen und im nächsten Jahr fällt eine halbe Stelle in der Kantorei weg, obwohl das unser Schwerpunkt ist. Wir müssen alle kürzer treten. Aber wenn wir zum Beispiel die Kirchenmusik auf kreiskirchlicher Ebene konzentriert fördern, dann haben wir die musikalische Erbauung vielleicht nicht mehr in dieser Dichte, aber doch von zumindest gleichbleibender Qualität. Was nützt es denn, nach dem Rasenmäherprinzip zu kürzen, wenn am Ende alle Gemeinden nur noch fünf Stunden mit einem C-Musiker aufrecht erhalten können. Das wäre das Ende der Kirchenmusik wie wir sie kennen.“

„Ich verstehe diese ganze Diskussion überhaupt nicht.“, meldete sich nun Verena Möller zu Wort. „Die Kirchensteuereinnahmen sind im vergangenen Jahr nachweislich gestiegen, weil die Konjunktur angezogen hat.“

„Ja, aber das ist nur ein Srohfeuer.“, mischte Wiebeking sich ein. „Der demographische Wandel führt langfristig zu erheblichen Einbrüchen. Da bleiben wir auch nicht verschont. Aber die Berechnung, die Herr Reimler hier dargestellt hat, ist ja so noch gar nicht durch den Haupt- und Finanzausschuss gegangen.“

„Die Zahlen habe ich vom Vorsitzenden.“, widersprach Reimler.

„Von Gerhard Massmann?“, fragte Wiebeking ungläubig.

„Von demselben.“, erklärte Reimler.

„Da ist das letzte Wort aber noch nicht drüber gesprochen.“, sagte Wiebeking. „Nichtsdestotrotz: Einsparen müssen wir, da führt kein Weg dran vorbei. An welchen Stellen könnte der Kirchenkreis uns denn unterstützen?“

„Nun“, begann Reimler seine Ausführung, „der Kirchenkreis könnte Schwerpunkte bilden in den Bereichen Kirchenmusik, Jugendarbeit, Gebäudeservice und Kulturarbeit. Wenn Sie beispielsweise die Personalstellen in diesen Bereichen drastisch kürzen würden, bekämen Sie die Hälfte der eingesparten Mittel in ihrem Haushalt gut geschrieben und könnten nach einem speziell errechneten Schlüssel die Leistungen des Kirchenkreises in Anspruch nehmen. Sie könnten das eingesparte Geld anderweitig verwenden oder dafür zusätzliche Leistungen beim Kirchenkreis abrufen. Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel: Sie streichen Ihre Küsterstunden und bekommen im Gegenzug einmal in der Woche Besuch von einer professionellen Reinigungsfirma, die zwei Stunden lang Ihr Gemeindehaus putzt. Die Predigtstätten halten Sie mit ehrenamtlich Mitarbeitenden in Ordnung. Sie sparen 1500 Euro monatlich, davon nehmen Sie 500 in die Hand, um über den Kirchenkreis einen Gärtnerservice zu buchen, der Ihre Außenanlagen in Ordnung hält, weil Sie das nicht mit ehrenamtlichem Engagement schultern können.“

Netzeband meldete sich wieder zu Wort: „Aber wäre es da nicht viel schlauer, wenn wir selbstständig die Küsterstunden streichen, die wir mit Ehrenamtlichen kompensieren könnten, unseren Küster behalten, dem Kirchenkreis die 1500 Euro überlassen und uns selbst um unsere Angelegenheiten kümmern, statt in ökologisch unverantwortlicher Weise kreiskirchliches Personal in der Gegend herum fahren zu lassen?“

„Das war die bisherige Vorgehensweise.“, erwiderte Reimler. „Aber wir müssen uns endlich vom Kirchturmdenken verabschieden und über den eigenen Tellerrand blicken. Wenn jede Gemeinde für sich kämpft, wird eine Einheit nach der Anderen untergehen und am Ende gibt es auch keinen Kirchenkreis mehr. Dieser Tendenz müssen wir entgegen wirken. Der Kirchenkreis muss ein eigenes Profil entwickeln, Schwerpunkte setzen und die Gemeinden müssen ihm als seine Dependancen zuarbeiten. Nur so bleibt Kirche attraktiv und wird von der Öffentlichkeit wahr- und ernstgenommen.“

„Und was für eine Art von Profil hat die Superintendentur da im Blick?“, hakte Vieregge nach.

„Nun, erstens könnten wir unsere Marien-Kantorei auf Kirchenkreis-Ebene heben und dort ausbauen. Ein weiterer Aspekt unseres kulturellen Engagements besteht in der Gründung eines Bibelmuseums, das aber noch in den Kinderschuhen steckt.“

„So etwas gibt es doch schon im Kirchenkreis Gütersloh.“, widersprach Waltraud Schafmeier.

„Wir denken da weniger an ein Bibeldorf mit erlebnispädagogischem Charakter wie in Rietberg, als vielmehr an ein kleines Museum, in dem wertvolle Bibeln, sowohl Handschriften als auch sehr alte Drucke zusammengetragen werden. Kleiner Aufwand, große Wirkung.“

„Das ist doch eine schöne Sache.“, unterstützte Wiebeking den Assessor und lächelte ihm wohlwollend zu.

„Also ich möchte mich von unseren Kirchtürmen vorerst nicht verabschieden.“, widersprach Netzeband. „Wir haben in Holzhausen II die allererste Kirche, die auf dem Gebiet der Westfälischen Landeskirche als evangelisches Gotteshaus gebaut wurde und die schnuckelige Wehrkirche in Nordhemmern stammt aus dem 12. Jahrhundert und hat den Dorfbewohnern über viele Jahre Schutz geboten, wenn sie angegriffen wurden. Minden ist weit weg und mir ist wohler, wenn Busses hier im Gemeindehaus sauber machen, als wenn hier irgendwelche Ein-Euro-Jobber aus Totenhausen oder von sonstwo rumputzen. Über Einsparungspotentiale unterhalten wir uns wohl besser, wenn wir unter uns sind!“

Vieregge erhob seine Stimme: „Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es etwas Zeit braucht, die Möglichkeiten und Grenzen der Reduzierung unseres Finanzaufwandes zu überdenken. Ich danke Ihnen aber trotzdem, Bruder Reimler, dass Sie uns die aktuellen Überlegungen der Kirchenkreisleitung so ausführlich und offen dargelegt haben. Wenn Sie nichts mehr zu ergänzen haben, würde ich jetzt gern zur Tagesordnung übergehen. Ich überlasse Ihnen aber noch das Schlusswort und die Entscheidung, ob Sie sich auf den Heimweg machen oder uns weiterhin Gesellschaft leisten.“

„Vielen Dank“, antwortete Reimler. „Ich denke, ich konnte anbringen, was ich übermitteln wollte und nehme Ihre Fragen, Bedenken und Anregungen mit. Ich mache mich dann auf den Weg, denn ich habe, wie Sie sich vorstellen können, mehr als genug zu tun in diesen Tagen. Ich wünsche Ihnen Gottes Segen und gutes Gelingen im weiteren Verlauf Ihrer Sitzung und hoffentlich einen baldigen, wohlverdienten Feierabend.“

Damit verabschiedete sich der Assessor und ließ ein verwirrtes Presbyterium zurück.

„Was ich mich natürlich frage“, überlegte Wiebeking, „wo die dieses Museum einrichten wollen und wo die das Geld her nehmen wollen.“

„Aus unseren Rücklagen.“, unkte Netzeband und Wiebeking wiegte bedächtig den Kopf.

„Da ist das letzte Wort aber noch nicht drüber gesprochen.“, sagte er.

Rache für Dina

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