Читать книгу Rache für Dina - Cristina Fabry - Страница 16
14. Minden – In den Bärenkämpen 14
ОглавлениеWas war das für ein Tier, das da im Halbdunkel auf sie zu gekrochen kam? Eine Ratte? Sie spürte Panik in sich aufsteigen, aber sie konnte sich nicht rühren. Das Tier kam näher, sie sah in das Gesicht eines Nagers, aber der sich daran anschließende Körper schien nicht zu enden. Wie eine riesige Würgeschlange wand er sich auf sie zu, glitt nun unaufhaltsam und zappelnd über ihren Körper. Sie fühlte das Gewicht des Tieres schwer auf sich lasten, litt nicht nur unter Ekel sondern unter Todesangst, aber sie konnte noch nicht einmal schreien. Immer wieder kroch der Riesennager über ihre Beine, ihren Schoß, ihren Bauch, ihre Brust, und sie bekam kaum noch Luft. Dann war da plötzlich so ein schrilles Geräusch. Ihr Herz raste; war das alles nicht schon schlimm genug? Was passierte denn jetzt noch? Wieder dieses Geräusch, es wurde heller und der Schlangennager war verschwunden. Einen Moment lang war sie verwirrt, doch dann breitete sich tiefe Erleichterung in ihr aus. Sie war in Sicherheit, in ihrem Bett, in ihrer Wohnung und es gab keinen zappelnden, schwergewichtigen Schlangennager. Aber das schrille Geräusch war immer noch da. Die Türklingel! Sie schälte sich aus den nass geschwitzten Laken und wankte zur Wohnungstür. Sie drückte auf die Sprechanlage und fragte: „Wer ist da bitte?“
„Paul-Gerhard“, lautete die Antwort. Sie drückte auf den Türöffner und riss die Wohnungstür auf. Ihr Nachthemd klebte nass und säuerlich riechend an ihrem Körper, die Haare hingen teils strähnig, teils verfilzt an ihrem Kopf herunter und rochen ranzig. Als sie die Schritte ihres Freundes auf der Treppe hörte, rief sie: Setz' dich schon mal ins Wohnzimmer, ich muss nur noch schnell unter die Dusche.“
Sie flitzte ins Bad, drehte das Wasser auf, und während der marode Durchlauferhitzer die Dusche auf Betriebstemperatur brachte, schrubbte sie sich die übel riechenden Beläge von Zähnen und Zunge. Dann sprang sie unter die Dusche, shampoonierte sich kurz ein, spülte alles wieder ab und stand nach drei Minuten tropfnass auf dem Teppich, drehte die Haare in einen Handtuchturban und sich selbst in einen Badeschal. Sie musste sich einen Moment auf die Toilette setzen, damit die tanzenden, schwarzen Punkte vor ihren Augen verschwanden. Dann huschte sie in ihr Schlafzimmer, zog frische Wäsche, eine saubere Jeans und ein Sweatshirt an, öffnete das Fenster und schlug die Bettdecke zurück. Später würde sie die Bettwäsche wechseln und endlich wieder in sauberen, frischen Laken schlafen. Dann träumte sie hoffentlich nicht mehr von Rattenschlangen, diesen lebenden Hinweisen auf mangelnde Hygiene.
Es war 12.45 Uhr, als sie frisch geduscht und angekleidet ihre Verabredung begrüßte. Sie deuteten eine Umarmung an, und Karin Seliger entschuldigte sich: „Du, ich habe ganz schlecht geschlafen und dann heute morgen wohl den Wecker nicht gehört. Du hast mich mit deinem Klingeln aus einem Alptraum gerettet.“
„Was denn für ein Alptraum?“
„Irgendein Höllenwesen ist über mich hergefallen, ich will da lieber gar nicht mehr dran denken.“
„Kannst du denn jetzt überhaupt Mittag essen oder willst du lieber nicht erst einmal frühstücken?“, erkundigte sich Paul-Gerhard.
„Ach, lass uns doch zu Enzo gehen. Da kannst du Mittag essen und ich bestelle Latte Macchiato und ein Brötchen. Oder hattest du schon was anderes geplant?“
„Nein, aber wir können auch hier bleiben und Pizza bestellen und ich hole dir gerade ein paar Brötchen vom Bäcker um die Ecke.“
„In dieser Siff-Bude willst du bleiben?“, fragte Karin ungläubig.
Paul-Gerhard sah sich um: auf dem Couchtisch stapelte sich benutztes Geschirr, Obstreste auf denen sich Drosophilas tummelten, Plastikmüll und sogar ein fleckiges T-Shirt. Überall auf den Möbeln und dem Fußboden lag schmutzige Wäsche herum, zerlesene Zeitungen, Blisterstreifen und Medikamentenschachteln, Notizzettel und halb volle Mineralwasser-Flaschen. Dabei war das Zimmer klein und wirkte trotz der spärlichen Möblierung voll gestopft. Doch Paul-Gerhard verzog keine Miene und sagte: „Ganz wie du willst. Wenn es dich zu sehr anstrengt, auszugehen, können wir gerne hier bleiben. Wenn du mal wieder raus kommen willst, können wir zu Enzo gehen oder wohin auch immer.“
„Dann zu Enzo“, sagte Karin, schlüpfte in ihre Stiefeletten, zog eine alte Outdoor-Jacke aus besseren Zeiten über, ertastete ihr Portemonnaie und sagte: „Ich wäre dann soweit.“
Paul-Gerhard erhob sich, und sie verließen die Wohnung und fuhren in die Innenstadt zu ihrem Lieblingsrestaurant.
Enzo betrieb ein nettes, kleines, italienisches Restaurant in der Mindener Altstadt. Er war außerdem in die Marktlücke Café-Bar gesprungen und musste nun eine Menge Personal beschäftigen, weil Öffnungszeiten von 8.00 Uhr Morgens bis Mitternacht von einem Familienunternehmen allein nicht aufrecht erhalten werden konnten. Hier trafen sich zwischen Fachwerk, nur teilweise verputztem Mauerwerk und dezenter mediterraner Dekoration diejenigen, die sich für die Mindener Bohème hielten: malende Kunstlehrer, belesene Allgemeinmediziner, Italien-Reisende mit Theater-Abo und Opernkenntnissen, schauspielernde Sozialarbeiter und selbsternannte Weltmusiker. Hin und wieder verliefen sich auch ein paar ganz normale Leute hierher, lobten die gute Küche und kamen wieder. Paul-Gerhard und Karin kamen auch gern hier her, nicht nur wegen der besonders guten Speisekarte und des angenehmen Ambientes, sondern vor allem wegen der Gelegenheit zu ausgedehnten Charakterstudien. Hier ließen sich vortrefflich die absonderlichsten Gestalten beobachten und belauschen, wähnten sie sich doch im geschützten Raum unter Ihresgleichen. Leider gab es auch ein paar unangenehme Theologen-Kollegen, die hier gelegentlich einkehrten, die in der Regel von ihren gleichermaßen kulturbeflissenen wie geltungssüchtigen Frauen eingeführt worden waren. Wenn Paul-Gerhard oder Karin sie schon von draußen sahen, verzichteten sie lieber auf ein Essen bei Enzo – so schlecht sortiert war die Mindener Gastronomie keineswegs.
Heute Mittag hatten sie Glück: Nur ein paar ihre Intellektualität zur Schau stellende Zeitungsleser schlürften ihre Kaffeevariationen, niemand, den sie kannten und niemand, der lästige Reden schwang. Paul-Gerhard bestellte Pasta mit frischen und getrockneten Tomaten und eine große Flasche Wasser, Karin einen Latte Macchiato und ein Tomate-Mozzarella-Brötchen.
„Hast du deine Medikamente wieder genommen?“, fragte Paul-Gerhard.
„Noch nicht.“, gab Karin zu. Ich wollte gestern Abend damit anfangen, aber dann bin ich darüber eingeschlafen. Nachts bin ich zwar mehrfach aufgewacht, aber an die Tabletten hab' ich dabei nicht gedacht. Und jetzt bist du ja da.“ Sie lächelte.
„Hattest du schon Gelegenheit, darüber nachzudenken, was du der Polizei erzählen willst, falls sie dich befragen?“, erkundigte sich Paul-Gerhard.
„Nein, bis jetzt noch nicht.“, antwortete Karin. „Was, glaubst du, werden die mich fragen?“
„Wie gut du Norbert Volkmann kanntest, wie sich die Zusammenarbeit mit ihm gestaltete, warum du arbeitslos bist und nicht mehr in Hahlen arbeitest, ob Volkmann dabei seine Finger im Spiel hatte, ob dir jemand einfällt, der Volkmann ans Leder wollte, ob ihr noch Kontakt hattet und so weiter.“, erklärte Paul-Gerhard.
Karin fuhr sich durch die feuchten Haare. „Das ist jetzt aber ein bisschen viel auf einmal. Aber es bringt doch sowieso nichts, der Polizei etwas vorzumachen. Gegen mich lag eine Anzeige vor, Volkmann ist als Zeuge aufgetreten, auch wenn die das aktuell nicht auf dem Schirm haben, das kriegen die doch raus.“
Paul-Gerhard nickte. Dann sagte er: „Ich meine auch gar nicht, dass du der Polizei irgendwelche Lügen auftischen sollst, damit machst du dich erst recht verdächtig. Aber du solltest dich auch nicht zum Plaudern verführen lassen oder irgendeiner scheinbar sensiblen Polizistin dein Herz ausschütten. Du solltest ihnen nicht mehr Fakten liefern, als sie sowieso schon haben: Der kleine Nils hat dir nachgestellt, es gab Gerede, Volkmann ist in blinden Aktionismus verfallen, glaubte, das sei seine Pflicht, hat sich alles als großes Missverständnis heraus gestellt, Volkmann hat sich entschuldigt, aber der Vertrauensbruch von Seiten vieler Kollegen und die Hexenjagd in der Gemeinde machten es dir unmöglich, an deinen alten Arbeitsplatz zurück zu kehren. Das alles hat dich so sehr erschüttert, dass du es bis heute nicht schaffst, wieder zu arbeiten, du befindest dich aber in psychiatrischer Behandlung und du hast eine gute Prognose. Das reicht und das ist alles wahr.“
„Ja alles, bis auf die Entschuldigung von Volkmann und die gute Prognose.“
„Ich würde trotzdem behaupten, dass Volkmann sich in einem Vieraugen-Gespräch bei dir entschuldigt hat. Das nimmt den Dampf aus der Geschichte. Und niemand kann beweisen, dass es nicht stimmt. Volkmann kann es nicht mehr abstreiten.“
„Ich weiß nicht.“, zweifelte Karin. „Ich kann wirklich nicht gut lügen, vor allem im Moment nicht, dafür bin ich einfach nicht tough genug. Es reicht doch, wenn ich möglichst wenig von der Geschichte erzähle und es so darstelle, dass Volkmann aus meiner Sicht nur der Vollstrecker, nicht aber der Täter war. Kein Judas, sondern schlimmstenfalls ein Pilatus.“
„Ja, vielleicht hast du recht.“, räumte Paul-Gerhard ein. „Aber sag mal, wie kommst du eigentlich darauf, dass du keine gute Prognose hast?“
Das Essen und die Getränke wurden gebracht. Karin nahm einen Schluck von ihrem Latte Macchiato und forderte Paul-Gerhard auf: „Jetzt iss, Kollege, bevor dein Essen kalt wird. Ich sehe doch deinen Magen förmlich auf den Knien hängen.“
Er kam ihrer Aufforderung lächelnd nach und sie erklärte: „Am Anfang haben die Psychopharmaka meinen Gesamtzustand scheinbar rasant verbessert. Ich konnte wieder einigermaßen klar denken, musste nicht bei jeder Gelegenheit losheulen und bekam wieder Boden unter den Füßen. Dann hatte ich erst einmal genug damit zu tun, mir eine Wohnung zu suchen, Arbeitslosengeld zu beantragen, den Umzug zu organisieren, das Zeug, das ich nicht mitnehmen konnte, bei meinen Eltern zu bunkern und mich einzurichten in meiner neuen Wohnung und in meiner veränderten Lebenssituation. Ich hatte das Gefühl, dass es vorwärts ging. Aber dann musste ich zum Jobcenter und Arbeitslosengeld II beantragen. Ich musste feststellen, dass ich auch Eineinhalb Jahre nach der Katastrophe keiner nennenswerten Belastung gewachsen war. Die Depressionen verschlimmerten sich, die Dosis der Antidepressiva wurde hoch gefahren und ich wurde noch arbeitsunfähiger, weil müder, langsamer, träger. Hast du mal registriert, wie fett ich geworden bin? Und wenn ich mich im Wartezimmer meines Psychiaters so umsehe, wird das nicht besser. Ich werde den Rest meines Lebens Tabletten fressen und aufgehen wie ein Hefekloß. Ich werde nie wieder selbstständig für meinen Lebensunterhalt aufkommen können und eine Familie, die mir Halt gibt, habe ich auch nicht und das wird auch nichts mehr. Adrian hat so lange zu mir gehalten, bis die äußere Fassade einstürzte und der Krisendienst auf den Plan gerufen wurde. Da kam er dann mit den üblichen Pseudo-Ausreden um die Ecke gebogen: Ich-bin-damit-überfordert, das-kann-ich-nicht-leisten, ich- muss-mich-schützen, du-musst-jetzt-erstmal-zu-dir-selbst-finden.“
„Ja, ich erinnere mich.“, unterbrach Paul-Gerhard ihr Lamento. „Aber wühl' doch nicht in diesem alten Dreck. Dass Adrian ein egoistisches Arschloch ist, habe ich schon vorher gewusst. Sei froh, dass du ihn rechtzeitig los geworden bist, bevor du dich mit gemeinsamen Kindern an ihn gebunden hättest. Es liegt nicht an dir, dass er sich so verhalten hat.“
„Ja, aber wer bitteschön verliebt sich in eine immer dicker werdende, arbeitsunfähige Theologin?“, widersprach Karin.
„Uwe Pohlmann.“, bemerkte Paul-Gerhard grinsend.
„Jetzt hör aber auf!“, wies Karin ihn zurecht. „Eher nehme ich irgendeine Überdosis, als dass ich den an mich ran lasse. Igitt!“
„Hat er dich nach unserem Telefonat noch mal belästigt?“
„Nein, bis jetzt nicht. Aber wenn ich nachher nach Hause komme, blinkt bestimmt schon wieder der AB.“
„Soll ich mal mit ihm reden, dass er dich in Ruhe lassen soll?“
„Ach, das bringt doch nichts. Dann legt er sich zurecht, dass du hinter mir her bist und ihn als Konkurrenten ausschalten willst. Dann bildet er sich erst recht ein, er habe Chancen bei mir.“
„Also weiter ignorieren?“
„Genau.“
„Für eine hoffnungslos Depressive finde ich dich ziemlich angriffslustig und wendig im Kopf.“, sagte Paul-Gerhard.
„Wie meinst du das?“
„Deine Wunden heilen nur langsam und es war ja auch ungeheuerlich, was du mitgemacht hast. Aber ich bin überzeugt davon, dass du dein Leben wieder in den Griff bekommst. Wenn die Psychopharmaka dich so außer Gefecht setzen, was hindert dich daran, dich von jemandem behandeln zu lassen, der dir hilft, deine Probleme zu lösen, statt an den Symptomen herumzudoktern? Du hast selbst immer gesagt, dass Psychopharmaka nichts lösen, sondern nichts anderes sind als Drogen, die erstmal lockern und entspannen, langfristig aber krank machen und Leben zerstören. Es gibt doch bestimmt Psychologen, die dich dabei begleiten, wenn du die Medikamente schrittweise absetzt.“
„Psychologen können nichts verschreiben und infolgedessen das Absetzen eines Medikaments sicher nicht fachlich begleiten, zumindest nicht allein.“
„Aber in Zusammenarbeit mit einem Arzt?“
„Ja, vielleicht. Aber ich kenne niemanden, von dem ich wüsste, dass er gut ist.“
„Ich könnte mich mal umhören.“, schlug Paul-Gerhard vor.
„Ach Paule.“, sagte Karin und nahm seine Hand. „Du bist einfach zu gut für diese Welt. Pack dir doch nicht immer so viel auf die Schultern. Ich kann mich ja selbst mal erkundigen, ich habe schließlich unendlich viel mehr Zeit als du.“
„Na gut.“, antwortete Paul-Gerhard, beschloss aber insgeheim, nach einem geeigneten Therapeuten oder einer Therapeutin für seine Freundin zu suchen, denn in ihrem gegenwärtigen Zustand blieb es sicher nur bei dem Vorsatz.
Paul-Gerhard Solms fühlte sich schlecht, als er Karin Seliger später wieder an dem Hochhaus, in dem sich ihre gegenwärtige Wohnung befand, absetzte. Sicher, er kümmerte sich um sie, aber das beruhigte sein Gewissen keineswegs. Sie war in Hahlen eine engagierte, junge Pfarrerin gewesen, ungewöhnlich früh gewählt, weil sie ihr Studium schnell und konzentriert durchgezogen hatte, weil sie aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Leistungen nie Wartezeiten hatte in Kauf nehmen müssen. Sie war witzig, empathisch, ausgesprochen hübsch und dabei kein bisschen eingebildet, sie hatte Interesse an Menschen, ein großes Herz, hatte tolle Ideen und konnte sie kreativ umsetzen. Die älteren Herrschaften in Hahlen hatten sie mit Wohlwollen betrachtet, die jüngeren hatten gern mit ihr zusammen gearbeitet und die Jugendlichen hatten sie vergöttert. Und eben das war ihr zum Verhängnis geworden. Obwohl sie kein Geheimnis daraus gemacht hatte, dass sie mit dem Architekten und Alpha-Männchen Adrian den ehelichen Hafen anzusteuern gedachte, hatte sich ein ehrenamtlicher Mitarbeiter so sehr in sie vernarrt, dass für Außenstehende nicht mehr klar erkennbar gewesen war, ob die leidenschaftlichen Gefühle wirklich nur von dem Jungen ausgingen. Paul-Gerhard war sich sicher, dass sie keine Regel verletzt, keine Grenze überschritten hatte und auch Nils, der vermeintlich Geliebte, hatte so etwas nie behauptet. Aber das ereignislose Leben zahlreicher Dorfbewohner veranlasste diese, ihrer Sensationsgier nachzugeben und das Schlimmste zu vermuten. Und Volkmann, das Schwein, hatte den Faden dankbar aufgenommen. Die engagierte, attraktive Kollegin, drohte, ihm die Show zu stehlen und so stielte er noch als Gemeindepfarrer in Hartum ein, was er als Superintendent in Minden fortsetzte: Karin Seligers Demontage, die Zerstörung ihres Lebens. Ihre berufliche und private Situation war geradezu perfekt gewesen und jetzt, dank Volkmanns Anstrengungen, war sie arm, lebte auf 45 Quadratmetern, statt im großzügigen Pfarrhaus, hatte Alpträume, statt einer großartigen Aufgabe, die sie ausfüllte, war allein, statt in einer glücklichen Beziehung und musste sich mit Uwe Pohlmann trotzdem noch mit den Schattenseiten ihres Pfarrerinnen-Daseins belasten. Einen Moment lang hatte Paul-Gerhard wirklich überlegt, ob Karin vielleicht Volkmanns Mörderin hätte sein können. Aber dann hatte er den Gedanken gleich wieder verworfen. Jemand, der sich wie Karin auch im tiefsten Elend noch immer so sensibel gegenüber ihren Mitmenschen verhielt, die ihr eigentlich das Leben zur Hölle machten, war nicht fähig einen Mord zu begehen, schon gar nicht so einen brutalen.