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5 Einführung in die psychologische Eignungsdiagnostik Lernziel

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• Sie kennen und verstehen die wesentlichen Begriffe der psychologischen Eignungsdiagnostik.

Die psychologische Eignungsdiagnostik hat die Aufgabe, Zusammenhänge zwischen menschlichen Merkmalen und beruflichem Erfolg zu entdecken bzw. Methoden zu entwickeln, um beides zu messen und zueinander in Beziehung zu setzen. Voraussetzung qualifizierter Eignungsdiagnostik ist nicht nur die Verfügbarkeit brauchbarer Verfahren, sondern auch die Kompetenz zu deren Anwendung. Grundlage der Eignungsdiagnostik ist die traditionelle Klassifikation psychologischer Merkmale in Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten, ergänzt durch Fertigkeiten und Eigenschaften.

In der praktischen Anwendung bleiben die eingesetzten Verfahren leider oft hinter den methodischen Möglichkeiten zurück, was durch den Rückzug wissenschaftlich arbeitender Betriebspsychologen aus der Eignungsdiagnostik in den Unternehmen zusätzlich gefördert wird. Dies hat dazu geführt, dass häufig Betriebswirte die Rolle des Eignungsdiagnostikers übernommen haben. Umso wichtiger ist es, dass eignungsdiagnostische Grundlagen ihren Weg in die betriebswirtschaftliche Ausbildung finden.

Die Geschichte der Eignungsdiagnostik ist sehr alt. Im östlichen China gab es bereits vor 3000 Jahren erste Auswahlverfahren für öffentliche Bedienstete in Form einer Testbatterie für die Eignung von Verwaltungsaufgaben im Staatsdienst. Im Abendland galten bei Aristoteles (384-322 v. Chr.) die äußeren Zeichen bzw. das Erscheinungsbild eines Menschen als seine charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale. Der römische Arzt Galenus (129-216 n. Chr.) führt später psychische Eigenschaften auf folgende Temperamente zurück: Sanguiniker seien extravertiert, kraftvoll, heiter, nicht nachtragend und optimistisch. Choleriker seien ebenso extravertiert, aber leicht reizbar und neigten zu häufigen Wutausbrüchen. Melancholiker dagegen introvertiert, pessimistisch und resignierend, mit geringem Selbstwert. Und Phlegmatiker introvertiert, träge und unflexibel.

In den folgenden Jahrhunderten lassen sich vor allem drei psychognostische Ansätze (diese wollen von äußeren Merkmalen auf »innere« psychische Prozesse schließen) unterscheiden: Die Physiognomik bis etwa zum 18. Jahrhundert, die Phrenologie zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert und schließlich die Graphologie, die seit dem 19. Jahrhundert noch bis heute vereinzelt zu finden ist.

In der Physiognomik wird vom Aussehen generell, insbesondere aber vom Gesicht auf Persönlichkeitsmerkmale geschlossen. Sie wurde etwa von dem Schweizer Pfarrer Johann Casper Lavater im 18. Jahrhundert sowie von dem deutschen Arzt Carl Gustav Carus im 19. Jahrhundert vertreten. Auch wenn der Physiognomik heute keine diagnostische Relevanz mehr zugesprochen wird, gibt es immer noch vereinzelt Forschung dazu, etwa den Versuch, Persönlichkeitsmerkmale aus Gesichtsfotos zu erschließen (Perrett/Little 2007).

Auch die Phrenologie hat heute keine eignungsdiagnostische Relevanz mehr, anders als im 19. Jahrhundert, zu Lebzeiten des deutschen Hirnanatoms Franz Josef Gall. Dieser dachte, dass psychische Merkmalsausprägungen auch zu physischen führen, etwa Ausbuchtungen an der Schädeldecke. Heute gibt es Versuche, insbesondere durch die Möglichkeiten der Magnetresonanztomographie, Hirnareale zu lokalisieren, die mit Persönlichkeitsmerkmalen zusammenhängen (Adelstein 2011/DeYoung 2009).

Der französische Schriftsteller Jean Hippolyte Michon gilt als Begründer der Graphologie im 19. Jahrhundert. Er glaubte, dass sich die Persönlichkeit in der habituellen Schreibmotorik ausdrückt und in der Handschrift analysiert werden kann. Aktuelle Studien haben aber gezeigt, dass es etwa bei Auswahlmethoden überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Schriftbild und beruflichem Erfolg gibt (Schmidt/Hunter 1998).

Graphologische Residuen sind heute wissenschaftlich allenfalls noch in der Forensik zu finden, etwa bei kriminalistischen Handschriftvergleichen. Dennoch gibt es immer noch Arbeitgeber, die beispielsweise einen handschriftlich verfassten Lebenslauf für die Bewerbung verlangen, um diesen graphologisch auswerten zu lassen. Insgesamt kann man sagen, dass psychognostische Ansätze heute als unwissenschaftlich gelten und auch nicht mehr ernsthaft in der Wissenschaft vertreten werden.

Persönlichkeitstests wurden seit den 1920er Jahren in den USA zur Auswahl von Verkäufern eingesetzt. Vorläufer des Assessment-Center finden sich erstmals ab Ende der 1920er Jahre in der Offiziersauswahl der deutschen Reichswehr, gefolgt von Verfahren in Großbritannien zur Auswahl von Offiziersanwärtern und den USA zur Auswahl bzw. dem Training von Agenten. Wesentlich für die Verbreitung des AC als Methode im zivilen Bereich war die im Jahre 1965von der American Telephone & Telegraph Company (AT&T) durchgeführte »Management Progress Study« zur Führungskräftenachwuchsentwicklung. Das dort angewandte Repertoire an Übungen zählt auch heute noch zum Standard eines Assessment-Portfolios ( Abb. 34).

Gütekriterien werden mit Maßzahlen im Bereich 0-1 gemessen, die beispielsweise angeben, wie genau ein Verfahren ein geprüftes Merkmal erfasst und ob bei wiederholter Messung das gleiche Ergebnis resultiert. Gäbe es nicht Gütekriterien wie Objektivität (Unabhängigkeit der Messwerte von Rahmenbedingungen), Validität (Gültigkeit und Nachweis einer erfolgreichen Prognose des Berufserfolges)


Abb. 34: Kleine Geschichte der Eignungsdiagnostik

und Reliabilität (Zuverlässigkeit und Wiederholbarkeit der Messung zu einem späteren Zeitpunkt mit gleichem Ergebnis), könnte im Rahmen der Eignungsdiagnostik jedes beliebige Kriterium zur Vorhersage von Eignung herangezogen werden ( Abb. 35).


Abb. 35: Gütekriterien

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