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5.5 Anwendungen

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Im Gegensatz zu Leistungstests bestehen Persönlichkeitsverfahren aus Selbstaussagen. Persönlichkeitstests lassen sich demnach durchaus manipulieren. Qualifikationen sollten deshalb nicht nur mithilfe von Selbstbeschreibungsverfahren gemessen, sondern auch durch situative Verfahren ergänzt werden. Dabei erhöht sich in der Regel die Validität von Selbstbeschreibungen, wenn der Bewerber weiß, dass die Aussagen mithilfe von situativen Verfahren überprüft werden. Umstritten bei Persönlichkeitstests bleibt, dass diese fast ausschließlich für die klinische Forschung entwickelt wurden. Trotz der Vorbehalte liefern Persönlichkeitstests in der Regel eine prognostische Validität zwischen 0,20 und 0,40.

Im Urteil sowohl Auswählender als auch der Bewerber ist das Interview die meist geschätzte Form der Personalauswahl, wahrscheinlich deshalb, weil es sich um die »menschlichste Situation« handelt, die auch die meisten Interventionsmöglichkeiten bietet. Die Validität bei Interviews ist dagegen mit Werten zwischen 0,05-0,25 geringer als bei allen anderen Verfahren. Das ändert sich jedoch, wenn man strukturierte Interviews durchführt. Mithilfe von situativen Fragen im Sinne von Wissensarbeitsproben sowie komplexen Biografie bezogenen Fragen, die mit Verhaltensbeschreibungen arbeiten, lassen sich Korrelationen von 0,37 bis zu 0,63 erzielen. Das AC erreicht je nach Güte der Konstruktion Werte von 0,40-0,75.

Lange Zeit galt Intelligenz als Merkmal, das für alle beruflichen Aufgaben eine wichtige und grundlegende Eigenschaft ist. Dabei wurde eine Analogie zwischen der beruflichen Aufgabenstellung und den frühkulturellen Daseinsanforderungen des Menschen gezogen. Für beide Anforderungsdimensionen sollte Intelligenz zwar nicht als einzige, aber besonders wichtige Eigenschaft entscheidend sein. Heute werden neben genetischen Voraussetzungen Selbstvertrauen und Leistungsmotivation ebenso als wichtige Determinanten beruflichen Erfolges angesehen. Auch Fachkenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung für beruflichen Erfolg. Ein aktueller Trend in der Eignungsdiagnostik ist das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit, das fünf grundlegende, voneinander unabhängige Persönlichkeitsfaktoren – die »Big Five« – als berufliche Erfolgsfaktoren definiert: Extraversion, emotionale Stabilität, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen.

Letztlich lässt sich die Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Motive zu einem großen Teil nicht voraussehen, wodurch der Prognosevalidität Grenzen gesetzt sind. Es empfiehlt sich, auf eine Kombination von Verfahren zu setzen. Der Einsatz mehrerer Verfahren erhöht die Sicherheit der Entscheidung, erfordert allerdings auch eine Zusammenführung der erhaltenen Informationen. In der kritischen Bewertung von Eignungsdiagnostik wird oft übersehen, dass sie nicht nur der Leistungsmessung dient, sondern auch eine Über- wie Unterforderung verhindern soll und damit auch den getesteten Menschen zu Gute kommt, wie insbesondere die arbeitspsychologische Stressforschung zeigt (Schuler 2000).

Die Abkehr von der Nivellierung persönlichkeitsspezifischer Unterschiede gerade hinsichtlich Motivation, Einsatzbereitschaft und natürlich auch der Leistungsfähigkeit hat die Haltung zur Eignungsdiagnostik heutzutage wieder etwas entspannt, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, und sie wird von vielen heute nicht mehr so bedrohlich empfunden. Menschen sind dann am glücklichsten sind, wenn sie ihre vorhandenen Fähigkeiten voll entfalten und einsetzen können. Professionell angewandte Eignungsdiagnostik kann helfen, diese Fähigkeiten zu erkennen.

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