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cc) Gerichtlicher Umgang mit den vorvertraglichen Sonderregelungen

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Sofern die Gerichte die kodifizierten vorvertraglichen Regelungen anwenden,130 wird in der spanischen Fachliteratur die Art und Weise der Anwendung und Auslegung der Regelungen kritisiert.131 Insbesondere würde der Inhalt der Pflichten nicht weiter ausdifferenziert. Die Gerichte würden sich vielmehr auf die rein wörtliche Anwendung der Regelungen von Ley 7/1996 und Real Decreto 201/2010 beschränken und die Regelungen nicht lückenfüllend, im Sinne des gesetzgeberischen Zwecks, zugunsten des Franchise-Nehmers auslegen. Letzteres gefällt aber wiederum anderen Teilen der Literatur, die es als Pflicht des Franchise-Nehmers – als einer in der Regel erfahrenen Geschäftsperson – ansehen, die vom Franchise-Geber erhaltenen Informationen selbst zu überprüfen, zu hinterfragen und zu bewerten.132 Sie beziehen damit das Verhalten des Franchise-Nehmers bei ihrer Entscheidung über die Pflichtverletzung des Franchise-Gebers stets mit ein. Eine Pflichtverletzung kommt nach deren Meinung überhaupt nur dann in Betracht, wenn die Franchise-Nehmer das ihrerseits Erforderliche getan haben. Welche Pflichten dem Franchise-Nehmer genau abverlangt werden, bleibt jedoch unklar.

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In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung lehnt die Literatur schließlich die Anwendung von Art. 6 Abs. 3 Real Decreto vom 24.7.1889 eher ab.133 Die Unvollständigkeit der vorvertraglichen Informationen soll nicht automatisch die Nichtigkeit der Franchisevereinbarung zur Folge haben. Dies wird zum Teil damit begründet, dass die anfängliche und zwangsläufige Nichtigkeit der Franchisevereinbarung weder verhältnismäßig wäre noch im Interesse des Franchise-Nehmers läge.134 Korrespondierend zur Rechtsprechung wird auch in der Literatur das Vorliegen eines nachweisbaren Fehlers gefordert. Dazu ist jedoch anzumerken, dass ein Fehler in den meisten Fällen als unentschuldbar gilt, da der Franchise-Geber als sachkundige Person mit einem Informationsvorsprung gilt und sich der Situation daher voll bewusst sein musste.135 Dies wiederum führt dazu, dass es einen nur „vermuteten“ Fehler nicht geben kann (Vermutungswirkung einer Behauptung), wenngleich die spanischen Gerichte die vermutete Fehlerhaftigkeit bei anderen Vertragstypen durchaus zulassen.136 Das wiederum bedeutet, dass der Franchise-Nehmer das Vorliegen eines Fehlers stets tatsächlich nachweisen muss; eine Beweislastumkehr gibt es nicht. Insofern liegt die Beweislast für das Nichtbereitstellen der Informationen komplett beim Franchise-Nehmer.137 Auch dadurch werden die beabsichtigten Auswirkungen der Informations- und Auskunftspflichten und der dadurch eingeräumte Schutz des Franchise-Nehmers gemindert.138

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