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|73|5 Religiöse Bewegungen in Judäa

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S. auch Literatur in Kapiteln 6–9 (vor allem Taylor, Elior)

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Nach dem kurzen Geschichtsabriss im vorigen Kapitel, der nur einen ganz groben Überblick über eine Auswahl politischer Ereignisse und Herrschaftsverhältnisse darstellen kann, wenden wir uns nun den erwähnten religiösen Bewegungen zu. Insbesonders werden wir die Möglichkeiten diskutieren, einer Gruppe die eine oder andere Schriftrolle zuzuordnen. Mindestens drei grundsätzliche methodologische Bemerkungengrundsätzliche methodologische Bemerkungen müssen dabei vorausgeschickt werden. Erstens erlaubt uns die Quellenlage nur eine sehr schemenhafte Einsicht in die Religionssoziologie jener Zeit. Zweitens ist auch das Wenige, das berichtet wird, chronologisch |74|sehr ungleichmäßig verteilt. Drittens stehen wir vor der üblichen historischen Crux, bei Detailunterschieden nicht immer zu wissen, ob zwei ähnlich titulierte Gruppen identisch sind. Dann darf man keinesfalls schließen, dass jeder einzelne Jude immer zwangsläufig genau einer Richtung angehörte. Die große Mehrheit wird, wie heutzutage auch, nicht formell Mitglied einer Gruppe gewesen sein. Sicher haben die Gruppen im Laufe ihrer Geschichte ihre Ansichten, Regeln und Strukturen auch verändert und es gab lokale Unterschiede. Schließlich ist es ein Trugschluss pauschal vorauszusetzen, die genannten Gruppierungen definierten sich auf analogen Ebenen. Sekte, Partei, Schule, Gruppe, Bewegung, Strömung, Verein sind völlig unterschiedliche Organisationsformen (s.u. Kapitel 14).

Bis zur Entdeckung Qumrans dienten fünf Textkorpora als HauptquellenHauptquellen für die Religionssoziologie Judaäs: Josephus, die Pseudepigraphen, das Neue Testament, Philon und die frühe rabbinische Literatur, die in der Folge kurz vorgestellt werden. Basis war unweigerlich JosephusJosephus, Jerusalemer Priester hasmonäischer Abstammung (gest. um 100 n. Chr. in Rom), mit seinen zwei großen und zwei kürzeren Werken: den sieben Büchern des Jüdischen Kriegs (BJ = de bello Judaico, geschrieben ca. 75–79) und den zwanzig Büchern der Jüdischen Altertümer (Ant. Iud. = Antiquitates Iudaicae, verfasst vor 94 n. Chr.), der für Qumran wichtigen Autobiographie (Vita, verfasst ca. 96, wohl als Appendix zu Ant. Iud.) und schließlich seiner Apologie gegen Apion (C. Ap.).

Josephus hat klare apologetische Interessen und möchte nach dem jüdischen Krieg das Judentum in den Augen nichtjüdischer – und jüdischer – Leser rehabilitieren. Er teilt die jüdische Gesellschaft für seine griechischen Leser in drei („philosophische“) Parteien auf: Pharisäer, Sadduzäer und Essener (Ant. Iud. 3,171–173; BJ 2,119–166). An anderer Stelle fügt er eine vierte unbezeichnet gelassene Partei hinzu (Ant. Iud. 18,9–23). Doch können wir schon aus Josephus selbst lernen, dass die Zahl der Gruppen wesentlich größer war als drei oder vier (Porton), erwähnt er doch selbst schon die unterschiedlichsten eschatologischen Gruppierungen, Zeloten, Sikarier, aber auch Anhänger von Johannes dem Täufer oder Jesus. Andere Quellen kennen noch weitere Gruppennamen und eine (späte) rabbinische Quelle nennt eine erstaunlich hohe Zahl: „Rabbi Jochanan sagte: Die Israeliten wurden erst vertrieben, als 24 häretische Sekten entstanden waren“ (ySan 29c).

Es folgen die sogenannten PseudepigraphenPseudepigraphen. Dieser moderne Begriff bezeichnet gewöhnlicherweise alle antiken jüdischen Schriften, die nicht der Hebräischen Bibel, der Septuaginta oder den anderen hier genannten Corpora zugerechnet werden können, also |75|beispielsweise der Aristeasbrief, der 2. Henoch, die Baruchbücher oder die Testamente der Zwölf Patriarchen (auf deutsch gesammelt in der Reihe Jüdische Schriften aus Hellenistisch-Römischer Zeit = JSHRZ). Früher wurde oft versucht, jede dieser Schriften einer der bei Josephus genannten Gruppen zuzuordnen. Dies erwies sich aber als unmöglich. Andersherum kann man nicht einfach hinter jedem dieser Texte eine andere Gruppe rekonstruieren.

Neben Josephus und den Pseudepigraphen ist das Neues TestamentNeue Testament eine Hauptquelle. Seine unterschiedlichen Schriften erwähnen neben den Anhängern Jesu und Johannes des Täufers bekannterweise Pharisäer und Sadduzäer sowie Herodianer, Schriftgelehrte, aber keine Essener. Der meist polemische Kontext gibt nichts über die Herkunft und wenig über die soziale Verortung von Pharisäern und Sadduzäern her. Jesus und seine Gruppe steht den Pharisäern näher als den Sadduzäern.

Vierte Quelle ist der jüdische Philosoph Philon von AlexandrienPhilon von Alexandrien (in Ägypten), der als Zeitgenosse von Paulus von ca. 20 v. Chr. bis ca. 50 n. Chr. lebte und Abkömmling einer der etablierten Familien seiner Stadt und vielleicht wie Josephus auch ein Priester war. In seinen meist exegetischen oder philosophischen Schriften berichtet er nur ausnahmsweise über jüdische Gruppen in Ägypten (Therapeuten: Vit. Cont.; „extreme Allegoristen“: Migr. 89–94) und in Judäa (Essener: Prob. 75–91; Vit. Cont. 11), aber z.B. weder über die Pharisäer noch über die Sadduzäer.

Die letzte Hauptquelle ist die frühe rabbinische Literaturrabbinische Literatur der sogenannten tannaitischen Periode (von tanna = aram. „Repetitor“) bis zum dritten Jahrhundert. Zur tannaitischen Literatur gehören die beiden juristischen Korpora Mischna und Tosefta und die halakhischen Midraschim zu den Büchern Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium. Zur späten „amoräischen“ Phase gehören zwei große Kommentare zur Mischna, d.h. der palästinische und der babylonische Talmud, sowie eine große Gruppe eher erbaulich orientierter („aggadischer“) Midraschim. Im Gegensatz zu Josephus und zum Neuen Testament sind diese Quellen wesentlich später redigiert, lange nur mündlich überliefert und noch viel später schriftlich festgehalten worden. Einige besonders interessante Stellen sind textlich verderbt, da die jüdischen Autoren durch Selbstzensur christlichen Zensoren zuvorkommen wollten, die möglicherweise bestimmte Gruppenbezeichnungen auf Christen beziehen und radikalere Änderungen fordern konnten. So heißen viele Gruppen einfach nur minim. Viele Forscher setzen die rabbinischen Autoren mit den Pharisäern gleich (dazu s.u.). An einigen wenigen Stellen ist von Sadduzäern (tzeduqim) die Rede. Essener werden nicht erwähnt, aber eine bet boetus (vielleicht „Haus des |76|Boethus?“) genannte Gruppe. Schließlich sind die chaverim und die chasidim zu nennen.

Jede dieser Quellen hat ihren eigenen Blickwinkel. Abgesehen von Josephus will keine Quelle eine Beschreibung „des“ Judentums geben, noch nennt sie alle drei Hauptgruppierungen. Philon erwähnt weder Pharisäer noch Sadduzäer, aber Essener (sowie die ägyptischen Gruppen der Therapeuten und der extremen Allegoristen). Das Neue Testament und die rabbinische Literatur kennen Sadduzäer und Pharisäer, aber keine Essener. Ersteres ist nur an den Gruppierungen interessiert, mit denen Jesus und seine Nachfolger nennenswerte Begegnungen hatten. Die Rabbinen haben an Nicht-Rabbinischem nur dann Interesse, wenn daraus Halakha abgeleitet werden kann (Goodman).

Eine ChasidäerChasidäer genannte Gruppe wird dreimal in erhaltenen antiken Quellen erwähnt (Kampen). Nachdem diese drei Stellen lange Zeit als Fundament für weitreichende Theorien zu den Wurzeln der Pharisäer oder der Essener gedient haben, ist man demgegenüber heute sehr vorsichtig geworden. Die Chasidäer werden griechisch als asidaioi bezeichnet, was von chasid, „fromm“ (aram. pl. chasidaija) abstammt. Zunächst erwähnt 1. Makk. 2,42 die Chasidäer im Kontext der Revolte gegen Antiochos IV. Sie seien eine besonders Tora-obsevante Gruppe, die sich – mit tragischem Resultat – weigert, am Schabbat zu den Waffen zu greifen. Allerdings ist diese Stelle textlich höchst unsicher. In der nächsten Stelle (1. Makk. 7,12–14) gelten sie als besonders friedliebend und kompromissbereit, werden aber hinterhältig vom Hohepriester Alkimos überlistet. Eine dritte Erwähnung wird in 2. Makk 14,6 dem Hohepriester Alkimos selbst in den Mund gelegt. Nach ihm soll Judas Makkabäus die streitbaren Chasidäer sogar anführen. Davon wissen wir aber sonst überhaupt nichts, und nach 1. Makk. 7,10f ist klar, dass Judas Makkabäus nicht zu ihnen gehört, (Schwartz 471). Diese widersprüchlichen Bruchstücke sind schon alles, was wir aus zeitnahen Quellen über sie hören.

Einige Forscher halten die Chasidäer für einen Vorläufer der Pharisäer. Zur Begründung wird auf eine Passage in den Psalmen Salomos verwiesen, die normalerweise als pharisäisch angesehen werden. Sie erwähnt als positive Bezeichnung eine „Synagoge der Frommen“ (griech. hosioi, was hebr. chasidim entspricht; PsSal 17,16). Davon wird abgeleitet, dass sich die pharisäischen Autoren mit dieser Gruppe identifizieren. Andere sehen in den Chasidäern einen Vorläufer der Essener. Sie berufen sich dabei auf eine der vielen verschiedenen Etymologien für den Namen „Essener“ von aramäisch chasin („fromm“). Beides, Essener und Hasidäer, würde |77|demnach „fromm“ bedeuten und daher die gleiche Gruppe bezeichnen. Fakt ist, dass wir fast nichts von den Hasidäern wissen und dass „fromm“ ein weit verbreitetes Eponym ist. Auch die rabbinische Literatur kennt chasidim (mAv 5,4.13; mBer 5,1; mSuk 5,4; mSot 9,15; mHag 2,17). Doch haben diese chasidim nichts mit den asidaioi der Makkabäerbücher zu tun. Vielmehr handelt es sich um einzelne besonders fromme Figuren. Auch ob sie mit den chasidim einiger Psalmen identisch sind, ist wegen der allgemeinen Bedeutung dieses Wortes ungewiss. (Und natürlich haben die Chasidäer der Makkabäerbücher und der rabbinischen Quellen nichts mit den Chasidim des Mittelalters oder der frühen Neuzeit und Gegenwart zu tun). Die jüngere Forschung lehnt daher in der Mehrzahl die Verbindungen zwischen den Chasidäern der makkabäischen Zeit und den Besitzern der in Qumran gefundenen Bibliothek als zu spekulativ ab. Drei beiläufige Erwähnungen sind zu wenig, um darauf ein Fundament zu bauen. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollte die in den griechischen Quellen erwähnte Gruppe besser Chasidäer genannt werden.

Die EssenerEssener werden am häufigsten mit den antiken Besitzern der Qumranrollen identifiziert. Die griechischen Quellen nennen sie essaioi oder essēnoi. Verschiedene Etymologien versuchen diese (ungriechischen) Namen aus dem Semitischen herzuleiten: Schon genannt wurde aramäisch chasin, chasaiai, d.h. „die Frommen“ (vgl. oben Chasidäer). Philons Ableitung von hosiotes (Heiligkeit) wird als fehlverstandenes chasid oder chasin erklärt (Quod omnis 75). Vermes hat aramäisch asaiai, d.h. „die Heiler“ vorgeschlagen. Einige antike Quellen betonen tatsächlich die besonderen Heilkünste der Essener (BJ 2,136; Taylor). Eine verbreitete Ableitung ist von hebräisch asa, wörtlich „machen“, als Abkürzung von osei hatora „die die Tora (richtig) in die Tat umsetzen“ (1QpHab VII 11; 4Q171 1–2 ii 14 u.ö.). Letztlich kann die Frage in der gegenwärtigen Quellenlage nicht mit ausreichender Sicherheit geklärt werden.

Die älteste griechische Quelle zu den Essenern ist der jüdische Philosoph PhilonPhilon (Quod omnis probus liber sit 75–91, Hypothetica apud Eusebios praeparatio evangelica 8,11,1–18, und De vita contemplativa, vgl. dazu auch unten zu den Therapeuten). Ca. 4000 Essäer (griech. essaioi) sollen in den Dörfern Judaäs (Hypothetica: auch in den Städten) ein beispielhaftes Leben in Heiligkeit, Wohn- und Gütergemeinschaft ohne Sklaven und ohne Frauen leben. Sie arbeiten in Landwirtschaft und Handwerk, treiben keinen Handel und produzieren keine Waffen. Sie beachten besondere Reinheitsvorschriften, vermeiden Schwüre, bringen keine Tieropfer dar und |78|setzen viel Zeit für das Studium der Tora ein. In ihren Synagogen sitzen sie nach dem Alter geordnet. Diese stark idealisierende Beschreibung (Taylor) hat Philon wohl aus einer Quelle übernommen, die vielleicht auch von Josephus benutzt worden ist.

Der römische Gelehrte Plinius der ÄlterePlinius der Ältere (ca. 23–79 n. Chr.) beschreibt in seiner Naturgeschichte 77 n. Chr. die Landschaften der ihm bekannten Welt. Das fünfte Buch behandelt u.a. Ägypten, Syrien und dann auch Judäa, zunächst die Ortschaften um den See Genezareth, dann das Tote Meer. Hieran schließt sich folgende berühmte Passage an:

Im Westen meiden die Essener das Ufer (des Toten Meeres), soweit es schädlich ist. Es handelt sich um ein Volk, das für sich alleine lebt und seltsamer ist als sonst irgendeines auf der ganzen Welt: ganz ohne Frauen, losgelöst von jedem Liebesgenuss, ohne Geld, in Gesellschaft von Palmen. Es erneuert sich jeden Tag gleichmäßig durch einen Haufen von Ankömmlingen. In großer Zahl kommen Lebensmüde, die das Schicksal mit seinen Schwankungen zu ihren Sitten führt. So existiert über unzählige Generationen – unglaublich! – ein ewiges Volk, in dem niemand zur Welt kommt. So fruchtbar ist für jene der Lebensüberdruss anderer! Unterhalb ihres Gebiets (infra hos: unterhalb von ihnen) lag die Stadt Engada, bezüglich Fruchtbarkeit und Palmenhainen nur von Jerusalem übertroffen, heute aber ebenfalls Schutt und Asche. Von da kommt man zur Felsenfestung Masada, auch nicht weit vom Asphaltsee. Und so weit reicht Judäa. (Plinius, Hist. nat. 5,73, Üb. René Bloch)

Mit dieser etwas umständlichen Formulierung verortet Plinius die Essener im Gegensatz zu den anderen Quellen in einer spezifischen Region Judäas, und zwar im Westen des Toten Meeres, genauer gesagt: im Nordwesten. Manch einer hat versucht zu behaupten, infra hos (unter ihnen) sei in der Hinsicht zu verstehen, dass die Essener physisch über Ein Gedi oben auf dem Felsen gewohnt hätten (besonders Hirschfeld, der dort auch Ausgrabungen durchgeführt hat). Der Sprachgebrauch von Plinius zeigt jedoch, dass die Präposition infra bei ihm normalerweise „stromabwärts“ heißt. Es ist diese Übersetzung, die hier angewendet werden muss, denn Plinius folgt in seiner Beschreibung erst dem Jordan flussabwärts und dann der Westküste des Toten Meeres bis Masada, dem südlichsten Ort Judäas.

Plinius war nie selbst am Toten Meer und muss sein Wissen aus einer wohl mündlichen Quelle geschöpft haben. Seine Bezeichnung der Essener als „Volk“ oder „Stamm“ (gens) ohne explizite Verbindung mit dem Judentum zeugt nicht von tiefem Verständnis. Sicher existierten die Essener nicht seit tausenden von Jahrhunderten und natürlich ist auch nicht Jerusalem die palmenreiche Stadt, sondern Jericho. Immerhin stimmen die Details bezüglich der Enthaltsamkeit und Armut grob mit Philon und Josephus überein. Wenn er |79|die Essener auf die Nordwestseite des Toten Meeres einschränkt, so liegt dies vielleicht schlicht am Fortgang seiner geographischen Beschreibung und an seinem Wunsch, seinen Lesern dieses Kuriosum nicht vorzuenthalten.

Eine spezielle Konzentration von Essenern an der Nordwestecke des Toten Meeres wird von einer zweiten indirekten Tradition bestätigt. Der christliche Rhetor Synesios (ca. 373–414) verfasste eine Lobrede auf den antiken Rhetor Dio ChrysostomosDio Chrysostomos (40–115), worin er dessen Aussagen zu den Essenern erwähnt (GLAJJ, Bd. 2,118f), welche am Toten Meer leben sollen. Diese Passage gilt heute als von Plinius unabhängig und authentisch, da das Vokabular und zentrale Details nicht mit Plinius übereinstimmen (Taylor).

Wichtigste und ausführlichste Quelle ist schließlich JosephusJosephus. Essener erhalten bei ihm weitaus mehr Aufmerksamkeit als die beiden anderen Gruppen der Pharisäer und Sadduzäer (BJ 2,119–166, davon 119–161 Essener) – wohl auch, weil wie bei Plinius ihre Andersartigkeit die Neugier römischer Leser fesseln soll. Der Abschnitt ist leider zu lang, um ihn hier vollständig zu zitieren (für ausführliche Kommentare vgl. Beall, Bergmeier, Vermes-Goodman und Adam). Josephus bestätigt viele Details von Philon, fügt einige hinzu (Vermeidung von Öl als Quelle von Unreinheit; spezielle weiße Kleidung für Gebete und Gemeinschaftsmahle; Gebet vor Sonnenaufgang und am Abend um fünf; Gemeinschaftsmahl nur für Mitglieder der Gemeinschaft nach einem Reinigungsbad; Tischgebet durch einen Priester vor und nach dem Mahl; Exkremente werden mit einer Hacke vergraben und so vor der Sonne verborgen; danach folgt eine Waschung; Spucken ist ihnen verboten; sie kochen nicht am Schabbat und verrichten an ihm keinen Stuhlgang; sie haben spezielle Kenntnisse in Heilkunde und die Gabe der Prophetie) und widerspricht anderen (sie wohnen in Städten; tragen Waffen auf Reisen). Josephus schließt seinen Exkurs mit einem Hinweis auf einen zweiter Essenerordenzweiten Essenerorden (griech. tagma), der im Gegensatz zum ersten Heirat und Prokreation erlaubt (BJ 2,160). In seiner Autobiographie behauptet Josephus, er habe das essenische Leben selbst ausprobiert (Vit. 1,10–11). Auch wenn er zahlreiche Details des Aufnahmeprozesses zu kennen scheint, ist dies jedoch höchst unsicher.

Viele dieser halakhischen und theologischen Charakteristika passen erstaunlich genau mit Details der jachadischen Gemeinschaftsregel aus Qumran zusammen (s.u. Kapitel 13.2). Selbst wenn wir auf die Allgemeinplätze wie Korpsgeist, rituelle Reinigungen, Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Gelehrtheit usw., die auch auf viele andere Gruppen zutreffen, verzichten, bleiben u.a. folgende spezifische Gemeinsamkeiten:

|80|Gemeinsamkeiten in Essenerbeschreibungen zwischen 1QS und hellenistischen Quellen:
1) stufenweiser Aufnahmeprozess, der stufenweise Zulassung zu Speise und Trank der Gemeinschaft regelt (1QS VI 13–23; BJ 2,137f)
2) Gemeinschaftsmahl (1QS VI 4–5; BJ 2,129–133) in Stille (1QS VI 10–13; BJ 2,132f) mit vorausgehender Segnung durch einen Priester (1QS VI 4f; BJ 2,131)
3) gemeinschaftlicher Besitz (1QS I 11–13; III 2; V 1–3; VI 17–20; BJ 2,122; Ant. Iud. 18,20)
4) Wahl von Aufsehern (griech. epimelētēs, hebr. mevaqer) (BJ 2,123; Ant. Iud. 18,22; 1QS VI 12.20)
5) Strafe durch temporären Ausschluss von Speis und Trank (1QS VI 24–VII 25; BJ 2,143f)
6) Spuckverbot in der Versammlung (1QS VII 13; BJ 2,147)
7) Glaube an Vorherbestimmtheit (Prädeterminismus) (1QS III 15f; Ant. Iud. 18,18)
8) spezielle Wichtigkeit der Engel (1QS III 20–25; IV 12; BJ 2,142)
9) Verbot, die esoterischen Lehren zu verbreiten (1QS IV 6; BJ 2,141f)
10) Vgl. die Ablehnung von Öl als Überträger von Unreinheit in der Damaskusschrift (BJ 2,123; CDA Xii 15–17)

Selbst der Wortlaut des Schwurs der Beitrittskandidaten ist ähnlich:

Bevor er jedoch die gemeinsame Speise anrührt, schwört er ihnen furchtbare Eide, … immer aber die Ungerechten zu hassen und auf der Seite der Gerechten zu kämpfen … Er werde die Wahrheit immer lieben und es sich zur Aufgabe machen, die Lügner zu überführen. (BJ 2,139–141)

Alle Söhne des Lichtes zu lieben, jeden nach seinem Los in der Ratsversammlung Gottes, aber alle Söhne der Finsternis zu hassen, jeden nach seiner Verschuldung in Gottes Rache. (1QS I 9–11)

Allerdings gibt es auch wichtige UngereimtheitenUngereimtheiten. Bei Josephus dauert der Aufnahmeprozess drei Jahre, nach der Gemeinschaftsregel sind es nur zwei (BJ 2,137f – 1QS VI 20f). Philon, Plinius und Josephus unterstreichen als besonders zentralen Aspekt des Essenerdaseins das Zölibat. Ein solches wird von keinem Qumrantext erwähnt. Allerdings spricht kein Satz der Gemeinschaftsregel gegen die Annahme, dass diese Gruppe frauenlos lebte, denn sie werden in ihr nie erwähnt. Keine griechische Quelle wiederum spricht von den in den Qumranrollen so zentralen Kalenderstreitigkeiten. Trotzdem sind die Übereinstimmungen verblüffend.

|81|Weder die rabbinische Literatur noch das Neue Testament kennen Essener. Manche vermuten daher, dass sie in diesen Quellen unter anderem Namen genannt werden. So werden manchmal die „Herodianer“ des Neuen Testaments (z.B. jüngst wieder Joan Taylor) und die „Boethusier“ der rabbinischen Literatur (schon Azarja de Rossi im 16. Jahrhundert) mit den Essenern identifiziert. Allerdings ist die Deutung des hebräischen Namens der Boethusier (beitossim) als beit ossim („Haus derer, die (die Tora) in die Tat umsetzen“), also einer der Etymologien für die Essener, linguistisch nicht überzeugend (Schremer). Spätere Erwähnungen in christlichen Häresiologen (Sektenbeschreibern) sind fast alle von den hier angeführten Berichten abhängig. Eine Ausnahme ist vielleicht Hippolytos (ca. 170–235), Refutatio 9,18–28, der als Einziger den Essenern auch apokalyptisches Gedankengut zuschreibt.

Aufgrund der großen Ähnlichkeiten identifizieren viele Forscher den in der Gemeinschaftsregel beschriebenen Jachad mit den Essenern und erklären die Unterschiede zwischen ihr und antiken Quellen zu den Essenern durch zeitliche Entwicklungen (Josephus schreibt sehr viel später als 1QS) und die Ausrichtung auf unterschiedliche Adressatenkreise (1QS für insider – Josephus, Plinius und Philon für outsider). Eine Variante der Essener-Hypothese ist die sogenannte Groningen-HypotheseGroningen-Hypothese (García-Martínez, van der Woude). Nach ihr sind Jachad und Essener zwar verwandt (daher die Ähnlichkeit), aber die Unterschiede sollen darauf hindeuten, dass sich der Jachad von den ursprünglich offeneren Essenern abgespalten habe. Warum ist dann aber ausgerechnet die Jachad-Schrift 1QS von allen antiken Texten der Beschreibung der Essener bei Josephus am ähnlichsten?

In Josephus’ Überblick über die Soziologie Judäas sind die PharisäerPharisäer schon bei ihrer ersten Erwähnung in seiner Schilderung der Regierungszeit von Johannes Hyrkanos I. (Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr.) die volksnaheste und stärkste Gruppe. Sie sind also offensichtlich etwas älter, es ist aber unklar, wie alt. Die Etymologie des Namens wird von der Wurzel p-r-sch abgeleitet, die „trennen“ und „erklären“ als Grundbedeutungen hat.

In seiner Beschreibung konzentriert sich Josephus in Nachahmung ähnlicher Überblicke über Philosophenschulen in der griechischen Welt auf besonders Aufmerksamkeit erweckende, meist theologische Charakteristika. Im Gegensatz zu ihren Konkurrenten, den Sadduzäern, glauben die Pharisäer an ein Leben nach dem Tod für die Guten und ewige Strafe für die Bösen (BJ 2,163). Kerndifferenz zu den Sadduzäern sei, dass Pharisäer mündliche außerbiblische Traditionen (nomima) als autoritativ anerkennen, während sich |82|Sadduzäer nur auf den schriftlichen Bibeltext verlassen (Ant. Iud. 13,297f). Bezüglich der existenziellen Frage menschlicher Handlungsfreiheit in Gottes Welt vergleicht Josephus sie mit den Stoikern (Vit. 1,12). Sie nehmen eine Mittelposition zwischen Essenern (Gott kontrolliert alles und Menschen haben keine Handlungsfreiheit) und Sadduzäern (Gott kontrolliert nichts und Menschen haben völlige Handlungsfreiheit) ein (Ant. Iud. 13,171–173). Dies ähnelt der Maxime Rabbi Akivas „Alles ist (von Gott bereits) vorhergesehen, doch gibt es (Handlungs)freiheit“ (mAvot 3,15).

Saldarini hat beobachtet, dass Josephus die Pharisäer immer in kritischen Übergangsmomenten erwähnt. Gerade an diesen Wendepunkten kämpfen sozialpolitisch aktive Gruppen in vielen Gesellschaften um Machterhalt oder Machterweiterung. Sie üben ihre Macht indirekt über den Einfluss auf hochgestellte Persönlichkeiten im Umkreis der Herrscher aus. Johannes Hyrkanos I. soll zunächst die Pharisäer unterstützt haben, um sich dann stärker den Sadduzäern zuzuwenden, denen auch Alexander Jannai verbunden blieb. Von letzterem wird erzählt, er habe 800 Pharisäer kreuzigen lassen (Ant. Iud. 13,410) (s.u. S. 266f). Erst Königin Alexandra schenkt ihr Wohlwollen wieder den Pharisäern (BJ 1,110–112; Ant. Iud. 13,401–423).

Als welchen Gruppentyp sollen wir die Pharisäer kategorisieren? Eine ausgefeilte Hierarchie ist nicht erkennbar. Josephus spricht von 6000 Pharisäern (Ant. Iud. 17,42) – doch sind derartige Zahlenangaben in antiken Texten immer mit höchster Vorsicht zu genießen. Er bezeichnet sie als griech. hairesis. Ihr gleichzeitiges halakhisches und politisches Engagement würde dafür am ehesten die Übersetzung ‚Partei‘ nahelegen, jedenfalls eher als die Bezeichnungen ‚Sekte‘ oder ‚Schicht‘.

Die meisten Historiker sind der Meinung, die rabbinische Bewegung sei aus pharisäischen Kreisen entstanden. Doch bezeichnen sich die Rabbinen nie selbst als Pharisäer. Die wenigen mit Namen bekannten Pharisäer aus der Zeit des Zweiten Tempels (z.B. Gamaliel, Pollio/Avtalion) werden in der rabbinischen Literatur als Vordenker vereinnahmt, ohne dass sie Pharisäer genannt würden. Außerdem werden sie mit anderen Figuren vermischt, die sicherlich keine Pharisäer waren. Die spätere (amoräische) rabbinische Literatur identifiziert sich stärker mit Pharisäern als die frühere (tannaitische). Auch wenn höchstwahrscheinlich viele Rabbinen aus pharisäischen Kreisen stammen, ist der Zusammenhang weniger direkt, als es zunächst den Anschein haben mag (Cohen).

Zwei antike Autoren bezeichnen sich selbst als Pharisäer: der Apostel Paulus (Phil. 3,5) und Josephus (Vit. 1,12). Doch wird Josephus’ Pharisäertum von manchen in Zweifel gezogen, weil er |83|gerade in seinen frühen Schriften die Pharisäer eher kritisiert. Von den Pseudepigraphen werden nur die Psalmen Salomos (meistens) pharisäischen Kreisen zugeordnet. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts schlug der große Rabbiniker Louis Ginzberg vor, die Autoren der Damaskusschrift seien Pharisäer gewesen. Chaim Rabin wiederum identifizierte die Besitzer der Qumranrollen mit einer pharisäischen Untergruppe, der Chavura. Die halakhischen und theologischen Charakteristika der Schriftrollen des Jachad widerlegen ohne jeden Zweifel eine Identifikation mit Pharisäern (s.u. S. 295 und 314).

SadduzäerSadduzäer erscheinen bei Josephus meistens nur als Kontrast zu Pharisäern. Im Neuen Testament und in der rabbinischen Literatur sind die Bezugnahmen polemisch. Daher sind beide Quellen mit besonderer Vorsicht zu analysieren. Wie bei Pharisäern und Essenern ist der Ursprung der Sadduzäer nicht mehr sicher zu erschließen. Der griechische Name saddukaioi leitet sich vom hebräischen Namen Tzadoq ab, vielleicht in Bezug auf den legendären Hohepriester dieses Namens, vielleicht auf einen Namensvetter. Im ersten Fall würde es sich um eine dynastische Bezeichnung handeln: die nach Ezechiel 40,46 u.ö. einzige zum Hohepriesteramt berechtigte Priesterfamilie der Nachkommen Zadoks (bnei tzadoq).

Nach Josephus sollen die Sadduzäer im Gegensatz zu den Pharisäern nicht volksnah gewesen sein, sondern sich aus der wohlhabenden Priesteraristokratie rekrutiert haben (Ant. Iud. 13,298). Selbst wenn viele Sadduzäer Priester gewesen sein mögen, dürfen wir daraus nicht folgern, dass die Mehrheit der Priester sadduzäisch war. Nach den Quellen erkennen sie keine mündliche Tradition als Autoritätsquelle an, sondern nur die schriftliche Bibel. Weiter behaupten sie, Menschen hätten komplette Handlungsfreiheit; auch kennen sie keine Auferstehung der Seele (zu letzterem vgl. Mk. 12,18–27). Sie lehnen die Existenz von Engeln und Geist (pneuma) ab (Apg. 23,8).

Mehrere zentrale Qumranrollen schreiben den bnei tzadoq eine führende Rolle zu (CD iv 1.3; 1QS v 2.9; 1QSa I 2). Rachel Elior hat versucht, diese Rollen daher als sadduzäisch zu bezeichnen. Allerdings müsste man dann annehmen, dass es zwei völlig gegensätzliche Arten von Sadduzäern gegeben hätte, denn die Autoren der gerade genannten Rollen zählen Engel, Prädeterminismus und mündliche Geheimtraditionen zu ihren zentralen Vorstellungen.

Vielleicht gibt es dennoch ein paar sadduzäische Dokumente unter den Qumranrollen. Die rabbinische Literatur nennt eine kleine Zahl von halakhischen Streitgesprächen zwischen Sadduzäern und Rabbinen (z.B. mEruv 6,2; mMakk 1,6; mPar 3,3.7; mNid 4,2; |84|mJad 4,6f; tNid 5,3 [Zuckermandel 645]). Diese werden in der Qumranforschung lebhaft diskutiert, da die hier den Sadduzäern zugeschriebenen halakhischen Positionen den Halakhot in der Tempelrolle und in 4QMMT nahestehen (s.u. S. 166–169 und 390f). Impliziert die halakhische Nähe eine soziologische Verwandschaft oder gar Identität von Sadduzäern und Jachad (Schiffman)? Spricht dies nur für eine Ähnlichkeit zwischen bestimmten Halakhot der Sadduzäer und des Jachad (Sussman)? Oder sind vielleicht einige Qumrantexte jachadisch und andere sadduzäisch (Stökl Ben Ezra)? Den Jachad, der offensichtlich Prädeterminismus, mündliche Geheimüberlieferungen und Engelglauben vertrat, genealogisch aus einer Gruppe abzuleiten, die diese drei Auffassungen ablehnte, bleibt schwierig. Interessanterweise taucht gerade der in Qumran so zentrale 364-Tage-Kalender in den rabbinischen Streitgesprächen nicht als Problem auf. Diesbezügliche Polemik in den Rollen lässt jedoch darauf schließen, dass dieser Kalender im Tempel nicht galt und folglich von den dort amtierenden Sadduzäern abgelehnt wurde.

Als vierte Partei nennt Josephus die ZelotenZeloten (Ant. Iud. 18,23); Extremisten, die 66 n. Chr. den Aufstand gegen die Römer anzettelten und schließlich bis 73/74 noch in Masada verharrten. Rowley und jüngst Pfann haben versucht, die Zeloten mit (Teilen der) Qumranrollen in Verbindung zu bringen. Da die Zeloten eine sehr junge Bewegung sind, die meisten Rollen aber auf vorchristliche Zeiten datiert werden, können höchstens einige von denen, die Schriftrollen versteckten, Zeloten gewesen sein; doch niemals die Autoren oder selbst nur die Kopisten. Wer ursprünglich Besitzer des Gros der Schriftrollen war, bliebe damit ungeklärt.

Weit entfernt von Judäa beschreibt Philon in seinem idealisierenden Traktat über das kontemplative Leben (de vita contemplativa) die Therapeuten (therapeutai)Therapeuten (therapeutai), einen streng asketischen und besitzlosen, vegetarischen und zölibatären Orden aus Frauen und Männern, der angeblich überall verbreitet war, aber besonders am See Mareotis in der Nähe Alexandriens konzentriert lebte. Die Haupttätigkeit jedes „Therapeuten“ sind Meditation, Textstudium, Hymnenkomposition und Gebet, und zwar unter der Woche jeder für sich allein, am Schabbat und am „50. Tag“ alle sieben Wochen hingegen gemeinsam. Viele dieser Details erinnern stark an die Essener. Einige Forscher (z.B. Vermes) sehen eine große Nähe oder gar Verwandtschaft zwischen diesen beiden asketischen jüdischen Gruppen, doch unterscheidet Philon selbst sie ganz explizit zu Beginn seiner Schrift.

Ab dem ersten Jahrhundert entstand in Judäa, Galiläa und dann auch in der Peräa und in Syrien ganz allmählich das ChristentumChristentum. |85|Im ersten Jahrhundert ist es mit Sicherheit noch als jüdische Gruppe anzusehen. Immer wieder bringen Historiker christliche Gemeinden mit allen oder einzelnen Qumranrollen in Zusammenhang, oder auch mit in Qumranrollen genannten Figuren (Teicher, Eisenman, Thiering). Die Datierung der für die Argumentation entscheidenden Rollen in vorchristliche Zeit (sowohl Paläographie als auch 14C) macht auch diese These unmöglich.

Die Essenerhypothese, d.h. dass Essener die Bewohner Qumrans, die Besitzer der meisten Schriftrollen und die Verfasser der meisten zentralen Texte waren, kann bislang die besten Argumente aufweisen. Vor allem die zahlreichen Übereinstimmungen zwischen Josephus’ Essenerbeschreibung und 1QS sind anders kaum zu erklären. Auf Archäologie (und Geographie) werden wir noch weiter unten vertieft eingehen. Andersherum sind die Unterschiede zwischen der Gruppe hinter den Qumrantexten und den Sadduzäern und anderen Alternativen zu groß. Darauf werden wir noch verschiedentlich in diesem Buch zurückkommen.

Qumran

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