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Ich will vom Tod nichts wissen

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Es gibt Menschen, sterbende Menschen, die vom Tod nichts wissen wollen, sie kämpfen manchmal bis zum Schluss gegen die immer weiterschreitende Erkrankung an. Auch wenn sie um die Schwere ihrer Erkrankung wissen, hoffen und planen sie weit in die Zukunft hinein, so als wenn sie nicht krank wären.

Das kann für uns, als Helfer, zuweilen schwierig sein: Sollen wir dem Anderen die Hoffnung nehmen? Sollen wir mitplanen, auch wenn wir selber nicht an die Gesundung glauben? Welches Recht haben wir, die Hoffnung zu nehmen? Manchmal zweifeln wir an unseren Fähigkeiten, mit dem Anderen zur so genannten Wahrheit vorzustoßen, tiefgehende Gespräche zu führen und ihm dadurch zu helfen, die Realität anzuerkennen und sich mit seinem Sterben auseinander zu setzen. Wir fühlen uns verunsichert, und es fällt uns schwer, dem Sterbenden in seinen Gedanken, die so anders sind als die unsrigen, zu folgen. Diese innere Entfernung schmerzt uns.

Es ist wichtig, dem Anderen zunächst in seine Gedankenwelt zu folgen, ohne ihn verändern zu wollen, ohne ihn zur „Wahrheit“ bringen zu wollen. Wenn er sich gehört und verstanden fühlt, kann ich, wenn ich denke, dass es hilfreich ist, meine Gedanken äußern, wie ich es erlebe, welche Gedanken und Hoffnungen ich habe. Ich kann ihn damit vielleicht zu einem weiteren Gespräch einladen, wenn er es will. Oder ich kann behutsam nachfragen, ob er wirklich an seine Hoffnungen glaubt oder ob da manchmal auch Zweifel sind. Bei diesen Angeboten ist es wichtig, dass wir respektieren, wenn er nicht auf das Gespräch eingeht.

Ich habe für mich folgendes Bild: Ich reiche dem Anderen die Hand, indem ich ihm ein Zeichen gebe, dass ich bereit bin, über sein mögliches Sterben zu sprechen, aber er entscheidet, ob und wann er diese Hand erreifen möchte, ob er sich auf das Gespräch einlassen möchte oder nicht. Wichtig ist für mich, dem Anderen immer wieder ein Zeichen meiner Bereitschaft zu geben, ohne Erwartung und ohne Enttäuschung, wenn er dieses Angebot nicht annimmt.

Nicht immer muss das mögliche Sterben angesprochen werden. Oftmals gibt es auch ein gemeinsames Wissen, im guten miteinander schweigen, wo die Wahrheit in der Stille gelebt wird. Manchmal wird das Wissen um den baldigen Tod in symbolischer Sprache angedeutet. Bilder werden uns zu Wegweisern in eine andere Dimension.

Vielleicht geht es hier oft weniger um das Sagen als darum, die Zeichen des Anderen sensibel wahrzunehmen, ohne in Vorstellungen gefangen zu sein und den Anderen in seinem So-Sein zu achten.

Sterbenden nahe sein

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