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Walter Naumann

VORREDE ZUR ÜBERSETZUNG

Dante wählte für seine Darstellung der Vision des christlichen Jenseits den regelmäßig wiederholten Vers von elf Silben. Es ist der Vers, der dem altfranzösischen Epos dazu diente, die Taten der Helden zu berichten. Dieses Epos, das Rolandslied zum Beispiel, um 1100 entstanden, fügte, um das gleichmäßig Vorgetragene zu gliedern und zu schmücken, ein Element sprachlicher Auszeichnung hinzu: Eine unbestimmte größere Anzahl von Zeilen enden auf den gleichen Laut. Dante erfindet zur Gliederung und Erhöhung des Berichteten eine Form des Vortrags, die den Reim verwendet. Der Reim war vor allem in der religiösen Dichtung, den lateinischen Hymnen, entwickelt worden. Der Reim spiegelt die Harmonie der göttlich geleiteten Welt in seinem Zusammenklang verschiedener Bedeutungen. Dante fügt nun zu dem Doppelgesicht des Reims die gleiche Erscheinung zum dritten Mal hinzu, den „dritten Reim“, terza rima. Ein überirdischer Einklang, der gleichsam Offenbarung ist, wird dadurch angedeutet. Durch die Verschränkung und Wiederholung dieses dreifachen Reims wird in Dantes Epos der gleichmäßige Fluß des erzählenden Berichts in eine dramatische Erwartung gesteigert.

Aber gerade dieses kunstvolle Gefüge bietet dem Übersetzer die größte Schwierigkeit. Die Versuche, Dantes Werk unter Beibehaltung des dreifachen Reims ins Deutsche zu übersetzen, sind unbefriedigend. Die Struktur der deutschen Sprache fordert, Stammsilben, das heißt Bedeutungsträger, als Reime zu verwenden, während das Italienische weithin mit bedeutungslosen, grammatisch bedingten Anklängen auskommt. Die Übersetzung wird durch diesen Zwang inhaltlich stärker bestimmt, als das Original es verlangt. Einer der Übersetzer, dessen Arbeit heute noch gilt, König Johann II. von Sachsen, Philaletes, verzichtet 1877 auf den Reim. Das gleiche tun ernstzunehmende Übersetzer unserer Zeit.

Doch die Übersetzung in reimlose Elfsilbler bietet auch ihre Schwierigkeiten. Die Übersetzung ist hier, um die Zahl der Silben einzuhalten, oft so zusammengedrängt, daß ein mühsames, stockendes Entschlüsseln entsteht. Was hier geopfert wird, um einen Teil der Form des Gedichts zu retten, ist die intellektuelle Klarheit und Folgerichtigkeit. Um diese zu bewahren, habe ich mich entschlossen, in deutsche Prosa zu übersetzen.

Es kommt noch eine weitere Überlegung hinzu. Der Dichter als Vertreter der Menschheit, verirrt im Wald der Welt und Sünde, wie der Erste Gesang zeigt, soll lernen, indem er den gesamten Aufbau dieser Welt versteht. Dann wird er den richtigen Weg finden. Das Epos ist also ein Lehrgedicht, bei dessen Lektüre es darauf ankommt, nicht irgendwelche Stimmungen zu erfahren, sondern genau zu verstehen. Die Wiedergabe des genauen Sinns muß das erste Anliegen der Übersetzung sein.

Eine Sache muß noch beachtet werden, nämlich die Gefahr, die jeder Übersetzung eines manchmal schwierigen Textes droht. Der Übersetzer, der sich das Verständnis vielleicht mit Mühe erworben hat, ist in Versuchung, nachzuhelfen und in die Übersetzung Erläuterungen einfließen zu lassen. Die Übersetzung ist dann eine Rede zu dem Text der Dichtung, steht nicht an der Stelle der Dichtung selbst.

Gerade bei Dante gibt es viele Dinge, die dem heutigen Leser nicht selbstverständlich sind. Ein Kommentar muß sie erklären und Erläuterungen hinzufügen, die dann wieder beiseite gelegt werden können. Doch die Übersetzung selbst muß versuchen, in einer sich selbst genügenden, sich selbst erfüllenden Aussage einen sozusagen geistigen Rhythmus zu finden, um damit den ergreifenden Gang der Sprache Dantes nachzusprechen.

Zugrunde liegt dieser Übersetzung der italienische Text und Kommentar von Umberto Bosco und Giovanni Reggio, erschienen bei Le Monnier, Florenz 1979.

Die göttliche Komödie

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