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Eine außergewöhnliche Entdeckung

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Später konnte Folkman zeigen, dass Angiostatin das Wachstum verschiedener Krebsarten aufhalten kann, darunter auch drei Krebsformen beim Menschen, die man auf Mäuse übertragen hatte. Zur allgemeinen Überraschung der Wissenschaftler und Mediziner konnte man sogar eine Rückbildung des Krebses bewirken, wenn man die Bildung neuer Blutgefäße verhinderte. Wie die Offensive der deutschen Wehrmacht nach Marschall Schukows Angriff auf ihre Nachschublinien fielen die Tumoren in sich zusammen, sobald sie von der Versorgung abgeschnitten waren. Auf eine mikroskopische Größe geschrumpft, waren sie völlig harmlos. Außerdem wurde gezeigt, dass Angiostatin schnell wachsende Blutgefäße angreift, bereits vorhandenen Gefäßen aber nicht im Geringsten schadet. Anders als bei herkömmlichen Behandlungsmethoden gegen Krebs (Chemotherapie und Bestrahlung) wurden die gesunden Zellen nicht angegriffen. Militärisch gesprochen gab es keine »Kollateralschäden«. Damit ist diese Behandlungsmethode deutlich sanfter als die Chemotherapie. In einem Artikel in der Zeitschrift Nature, in dem über die Forschungsergebnisse berichtet wurde, hieß es abschließend: »Eine Regression von Primärtumoren ohne toxische Folgen wurde zuvor noch nicht beschrieben.«51 Hinter diesem lakonischen Ton, der typisch für die Naturwissenschaften ist, verbirgt sich große Aufregung über eine außergewöhnliche Entdeckung.

Mit diesen beiden Artikeln bewiesen Folkman und O’Reilly die Rolle der Angiogenese im Tumorstoffwechsel. Das hatte nachhaltige Auswirkungen auf die Krebsbehandlung. Wenn wir den Feind durch einen Angriff auf seine Versorgungslinien kontrollieren können, sollte man langfristig zu verhindern versuchen, dass Blutgefäße Verästelungen in Richtung des Tumors ausbilden. Wie bei einer militärischen Strategie lässt sich diese Behandlungsmethode mit präzisen Angriffen in Form von Chemotherapie oder Bestrahlung kombinieren. Eine langfristige Planung erfordert jedoch auch eine Therapie für sogenannte »schlummernde« Tumoren zum Schutz vor dem Auftreten des ersten Tumors, vor Rückfällen nach früheren Behandlungen und vor einem potenziellen Ausbruch von Metastasen nach einer Operation.

Das Antikrebs-Buch

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