Читать книгу Fidibus und der Engel von Reichenau - Denise Remisberger - Страница 7
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ОглавлениеEine Tagesreise entfernt, wenigstens für solche, die zu Fuss wanderten, löffelte Cellerar Fidibus im Gästehaus des Klosters Sankt Gallen seinen zweiten Topf Hafergrütze, während ihm gegenüber eine der Damen aus dem Stift Quedlinburg sass und an ihrem mit wenig Alkohol versetzten Morgenbier nippte.
„Die Reichenauer Mönche haben ein Problem, Fidibus, glaub es einfach“, versuchte Marie ihren alten Bekannten zu überzeugen.
„Wieso sollten die ein Problem haben?“
„Die müssen anscheinend sparen.“
„Die haben doch ihre Malschule. Die Schüler hocken da nicht gratis rum.“
„Aber zwei der Zahlenden sind nicht mehr dort.“
„Warum nicht?“
„Wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass sie sich dieses Jahr schon zum zweiten Mal heimlich mit dem teuren Safran, der ein schönes Goldgelb ergibt, und noch einigen anderen Farbpigmenten von uns hatten beschenken lassen.“
„Heimlich?“
„Ja. Der Lehrer der Malschule mag keine Stiftsdamen und schon gar keine, die ihm Geschenke machen.“
„Hubertus?“
„So heisst er, ja.“
Hans, einer der Novizen des Klosters, grinste auf die beiden ins Gespräch Vertieften herab und frechelte: „Na, Fidibus, willst du noch einen dritten Topf Hafergrütze? Und die Dame? Noch mehr Flüssignahrung oder etwas zu knabbern?“
„Ihr habt ja Rotzlöffel hier!“, hob die erstaunte Marie ihren Blick zum stehenden Hans empor, was ihn gleich zu einem noch breiteren Grinsen animierte, denn die Dame war ein netter Anblick.
Fidibus winkte nur ab: „Der ist halb so schlimm. Für mich einen Most, Hans.“
„Und für mich etwas Frittiergebäck und noch ein Krüglein Bier.“
Erst als der Rotzlöffel wieder weg war, sprachen sie weiter.
„Ist mir gar nicht aufgefallen“, bemerkte der Cellerar.
„Du bist ja auch ein Mann, Fidibus. Aber dieser Hubertus ist wirklich ein komischer Kauz.“
„Mich interessiert eher, was es mit den beiden Schülern auf sich hat. Kennst du ihre Namen?“
„Nein.“
„Ich könnte mal meinen alten Freund Ottfried, der im Kloster Reichenau Hospitalar ist, besuchen gehen und ihm ein bisschen auf den Zahn fühlen.“
„Und bei der Gelegenheit könntest du dich um diesen Trottel Hubertus kümmern.“
„Dem könnte ich vielleicht auch ein bisschen auf den Zahn fühlen, ja.“
„Und ich bleibe solange in Sankt Gallen. Hier ist es gar nicht so leid.“
„Hier? Nein, hier ist es nicht so leid. Saukalt zwar, aber wunderschön.“