Читать книгу Mörder im eigenen Dezernat - Denise Remisberger - Страница 13
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ОглавлениеPierre Slagovic, halb Franzose, halb Kroate, eingebürgert in der Schweiz seit seiner Volljährigkeit, besass, trotzdem, dass er bei der Polizei arbeitete oder gerade deswegen, eine blühende Fantasie. Dieser Umstand würde ihm nicht gerade zu einer grossartigen Beförderung verhelfen, doch durfte er sein kreatives Potential wenigstens ausleben im Dienst.
Pierre Slagovic wurde dazu abberufen, E-Mails an verdächtige Personen zu senden, aber nicht etwa unter der Adresse der Kantonspolizei St. Gallen, sondern unter diversen gefälschten Namen, die ihm zugeteilt wurden. Diese Falschadressen fand er zwar ein bisschen einfallslos, so wie zum Beispiel die auf abc@def.com lautende, aber das lag gewiss an seinem hohen Kreativitätsniveau. Unser Slagovic war festgelegt verantwortlich für die jeweilige Betreffzeile der Spam-Mails und für den darunter folgenden Text, der wahrscheinlich eher selten von den Angemailten gelesen wurde. Das Hinzufügen zur «Liste der blockierten Absender» wurde viel häufiger benutzt.
«Pierre, wir haben im Schlafzimmerfenster einer Verdächtigen ein rotes Licht brennen sehen. Sie ist korrekt bei Bluewin angemeldet. Wir haben den Datenschutz geknackt. Hier ist ihre E-Mail-Adresse. Könntest du ein paar pornografische Mails an die Frau schicken? Wir wollen testen, ob sie darauf eingeht», befahl Nulbert Kies in forschem Tonfall, so wie wenn es sich um eine ganz trockene Angelegenheit handeln würde.
«Wegen was verdächtigen wir sie?», wollte Pierre Slagovic, seine Grenzen als Befehlsempfänger überschreitend, wissen.
«Sie könnte Drogen nehmen und sich prostituieren, um ihren Konsum auch bezahlen zu können.»
«Welche Drogen?»
«Woher soll ich denn das wissen! Drogen halt. Ist doch egal, welche. Das rote Licht ist auf alle Fälle komisch. Sonderbar, dieses Licht.»
Da Nulbert Kies langsam seine Contenance verlor, ging er lieber aus dem Raum und überliess Slagovic seinen fingierten Fantasien.