Читать книгу Mörder im eigenen Dezernat - Denise Remisberger - Страница 9
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ОглавлениеAuf dem Nachhauseweg nach ihrem Dienst radelte Laura Peter übers Kopfsteinpflaster, denn auf den St. Galler Strassen wurden sämtliche Fahrräder ignoriert. Irgendwie war es noch nicht ins allgemeine Autofahrerbewusstsein gedrungen, dass es sie überhaupt gab.
Als Laura vor einem Monat, herkommend vom Bohl, am Café Seeger vorbei zum Bahnhof wollte, also geradeaus in einer Spur, in der auch rechts abgebogen werden durfte, wurde sie übersehen und musste händefuchtelnd ihren Weg erkämpfen, während die Ampel bereits auf Gelb umgeschaltet hatte. In anderen Städten befanden sich rechts auf der jeweiligen Spur die Velowege. Hier gab es sie nur stückweise. Durchgehend waren sie ausschliesslich in der Fussgängerzone auf den Pflastersteinen markiert, sodass die Einkaufstaschen der Lädelnden in den Speichen der Velos ihren Widerstand fanden.
Aber um diese Zeit, drei Uhr morgens, hallte das metallene Geräusch von Lauras Fahrgestell die Wände der Altstadt hoch vor lauter Leere.
Als sie um eine Ecke bog, fuhr sie beinahe über ein Paar Beine, das zu jemandem gehörte, der auf dem Boden, an eine Hauswand gelehnt, hockte. Das Kinn des Mannes war auf seine Brust gesunken.
Laura riss einen Stopp, kniete sich neben den Mann und hob seinen Kopf an.
«Gregor», schrie sie entsetzt auf, als sie Polizeichef Gregor Bohlbrühl identifizierte.
Der gab keinen Ton von sich.
Laura rief einen Krankenwagen auf ihrem privaten Handy und wartete, bis er endlich kam, um dann hinter ihm her Richtung Kantonsspital zu radeln.
Weit war es nicht, und bis sie dort ankam, hatten sie Gregor noch nicht mal auf die Intensivstation gelegt.
«Sind Sie eine Verwandte?», quäkte ein Pfleger mit der Kaffeetasse in der Hand und einem gelben Wolljäckchen um die Schultern.
«Geh’n Sie schlafen», rief ihm die hinter der Bahre hereilende Laura zu.
Laura verkrümelte sich in eine Ecke des freudlosen Raumes, in dem der inzwischen leise stöhnende Gregor untersucht wurde.
«Er hat eine Stichverletzung, junge Frau», kommentierte der Arzt, indem er sich kurz zu ihr umdrehte. «Allerdings geht sie nicht sehr tief. So wie der Mantel und der gefütterte Nierengurt des Opfers zerschnitten sind, hat sich der Herr hier noch rechtzeitig abgedreht, sodass das Messer, wahrscheinlich ein dünnes Stilett, abgerutscht ist. Nicht, dass er kein Blut verloren hätte, aber das Ärgste war der Schock, der ihn ohnmächtig werden liess, sodass er weder die Blutung stillen noch aus dieser Kälte in den nächsten Hauseingang kriechen und die Ambulanz hätte verständigen können. Sein Blutkreislauf scheint auch im Normalzustand schwach zu sein. Hätten Sie ihn nicht jetzt gefunden, Frau Peter, wäre er erfroren, noch bevor ihn all sein Blut hätte verlassen können.»