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1. Haftpflichtversicherung und Versicherung für fremde Rechnung
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Die Deckungskonzepte der Versicherer, die D&O-Policen anbieten, variieren hinsichtlich der Einzelheiten teilweise erheblich.[1] Gemeinsam ist allen Konzepten, dass die D&O-Versicherung als Haftpflichtversicherung in der Weise ausgestaltet wird, dass die Inanspruchnahme des Unternehmensleiters im Rahmen der Innenhaftung – also die Inanspruchnahme durch das Unternehmen selbst – den Versicherungsfall auslöst.[2] Eine Haftpflichtversicherung i.S.d. §§ 100 ff. VVG ist dadurch gekennzeichnet, dass der Haftpflichtversicherer das Risiko des Versicherten übernimmt, von einem „Dritten“ auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden.[3] Dieses typische Risiko ist auch Gegenstand der D&O-Police. Denn versichert wird danach das Organ gegen die Inanspruchnahme durch das Unternehmen (Innenhaftung) oder durch Dritte (Außenhaftung).
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Die Besonderheit der D&O-Versicherung besteht allerdings darin, dass die Versicherung regelmäßig[4] nicht als Eigenversicherung von dem begünstigten Organ selbst abgeschlossen wird, sondern das Unternehmen als Versicherungsnehmerin die Prämien bezahlt und im Falle der Innenhaftung selbst Geschädigter ist, so dass sich Geschädigter und Versicherungsnehmer in einer Person vereinen. Deshalb ist die D&O-Versicherung gleichzeitig als Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. §§ 43 ff. VVG einzuordnen.[5] Eine Fremdversicherung gem. § 43 VVG liegt nämlich dann vor, wenn die Versicherung von demjenigen, der den Vertrag mit dem Versicherer abschließt, im eigenen Namen für einen anderen „genommen“ wird. Diese Art der Versicherung ist also dadurch gekennzeichnet, dass der Versicherer ein fremdes Interesse versichert. Dass ist dann der Fall, wenn ohne Abschluss der Versicherung nicht der Versicherungsnehmer, sondern ein Dritter – nämlich der Versicherte – den Schaden tragen müsste.[6]
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Diese Besonderheit ist bei der Übertragung des Haftpflichtversicherungskonzeptes auf die D&O-Versicherung zu beachten. Denn das VVG spricht regelmäßig nur vom Versicherungsnehmer, da es von dem Normalfall der Eigenversicherung ausgeht, wo Versicherungsnehmer und Versicherter identisch sind. Die einzelnen Vorschriften der §§ 100 ff. VVG erfassen allerdings bei Vorliegen einer Fremdversicherung immer auch den Versicherten, ohne dass diese meist selbstverständliche Folgerung besonders hervorgehoben wird.[7] Deshalb muss man – soweit man die §§ 100 ff. VVG zugrunde legt – den Versicherungsnehmer mit der „versicherten Person“ im Sinne der D&O-Versicherung gleichsetzen, während das Unternehmen – jedenfalls im Falle der Innenhaftung – in die Rolle des geschädigten „Dritten“ schlüpft.
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In Ziffer 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG), die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) als Musterbedingungen empfiehlt,[8] wird der Gegenstand der D&O-Versicherung wie folgt beschrieben:
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Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass ein gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder der Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft (versicherte Personen) wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden von Dritten, also nicht von der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft oder einer anderen versicherten Person auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird.
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Diese Formulierung ist sachlich den allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) nachempfunden und wird in den marktüblichen D&O-Policen in der Grundkonzeption auch so übernommen.[9] Daher sind die §§ 100 ff. VVG uneingeschränkt auf die D&O-Versicherung übertragbar. Für das betroffene Organmitglied macht es nämlich keinen Unterschied, ob es von einem außenstehenden Dritten oder von dem Unternehmen gem. § 93 Abs. 2 AktG/§ 43 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommen wird, zumal die Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen in der Praxis regelmäßig erst dann erfolgt, wenn das Organ bereits das Unternehmen verlassen hat. Für das versicherte Organ ist es lediglich von Bedeutung, vor unberechtigten Ansprüchen geschützt zu werden und im Falle der Begründetheit der Ansprüche die Versicherungssumme hinter sich zu wissen. Deshalb ist das typische Risiko der Haftpflichtversicherung materiell auch Gegenstand der D&O-Police: Es handelt sich um das Interesse der versicherten Personen/Organe, dass ihr Privatvermögen nicht mit einer Haftpflichtverbindlichkeit belastet wird. Genau dieses Interesse ist als Gegenstand der Haftpflichtversicherung zu definieren.[10]