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E. Bezüge zum Strafverfahrensrecht
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Hinsichtlich der Verjährung gilt, dass der einfache Diebstahl gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren,[547] die Taten nach §§ 244 oder 244a StGB gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB nach zehn Jahren verjähren. Die Unterschlagung verjährt sowohl nach Abs. 1 als auch nach Abs. 2 gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren.[548] Maßgeblicher Zeitpunkt des Verjährungsfristbeginns ist gemäß § 78a S. 1 StGB die Beendigung der Tat, also der Zeitpunkt der endgültigen Beutesicherung. Ein Strafantrag ist nach den §§ 77 ff. StGB wie oben gesagt in den Fällen des Diebstahls geringwertiger Sachen nach § 248a StGB sowie beim Haus- und Familiendiebstahl nach § 247 StGB und dem unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs nach § 248b StGB nötig. Eine Ausnahme hierzu bildet § 248a StGB („relatives Antragsdelikt“), bei dem ein Antrag bei einer Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung entbehrlich ist.
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Eine Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikation darf nach § 100a Abs. 2 Nr. 1j StPO nur angeordnet werden, wenn der Täter in Verdacht steht, eine Tat nach § 244 oder § 244a StGB begangen zu haben.
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Die Einstellung aus Opportunitätsgründen nach § 153 oder § 153a StPO entfaltet beim einfachen Diebstahl in der Praxis eine hohe Bedeutung. Geschätzt findet nur bei einem Viertel aller aufgeklärten Diebstähle (auch unter erschwerten Umständen) eine Verurteilung statt.[549] Ein Beispiel für diese hohe Bedeutung bildet z.B. ein seit 1999 in Sachsen verfolgtes Modell zur verbesserten Verfolgung von Ladendiebstählen, bei dem die Polizei bei Ersttätern und Gegenstandswerten bis etwa 50 Euro Einstellungen nach § 153a StPO vorbereitet und diese bei der StA anregt.[550] Die Strafhöhe für einen Ersttäter eines einfachen Diebstahls mit einem Gegenstandswert bis zu etwa 50 Euro bewegt sich – vorausgesetzt es erfolgt keine Einstellung nach § 153 StPO und es liegen keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, die eine Anwendung des § 59 StGB rechtfertigen – zwischen 20 und 60 Tagessätzen Geldstrafe. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten oder mehr ohne Bewährung erfolgt bei einem einfachen Diebstahl wenn überhaupt bei Wiederholungstätern oder Bewährungsbrechern.[551]
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Zwar folgt aus der Geringwertigkeit der gestohlenen Sache nicht zwingend eine Unverhältnismäßigkeit der Verhängung einer Freiheitsstrafe,[552] jedoch ist es unzulässig eine über die Mindeststrafe von einem Monat hinausgehende Strafe zu verhängen,[553] wenn der Wert der Beute unter einem Drittel der Geringwertigkeitsgrenze liegt. Auch wird keine Regelvermutung hinsichtlich der charakterlichen Unzuverlässigkeit i.S.v. § 69 Abs. 2 StGB allein dadurch begründet, dass beim Diebstahl ein KfZ benutzt wurde.[554]
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Im Ergebnis ist also zu sagen, dass die Praxis unter weitgehendem Verzicht auf vollzogene Freiheitsstrafen und weitgehender Vermeidung gerichtlicher Verfahren, entweder mittels Einstellung von Verfahren gegen Unbekannt gemäß § 170 Abs. 2 StPO oder wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO den Diebstahl ähnlich wie eine Ordnungswidrigkeit behandelt.[555] Im Falle einer Opportunitätseinstellung nach den §§ 153 ff. StPO besteht auch keine Möglichkeit eines Klageerzwingungsverfahrens nach § 172 StPO, denn dieses ist nur bei einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO möglich, weshalb auch der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 S. 3 StPO unzulässig ist.
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Die Regelbeispiele sind nach Auffassung der Rechtsprechung grundsätzlich nicht Teil des Tenors (auch wenn der BGH keinen Rechtsverstoß in der Aufnahme sehen würde[556]),[557] während in der Literatur die Aufnahme aus Klarstellungsgründen verlangt wird.[558] Ein rechtlicher Hinweis nach § 265 StPO ist nur dann erforderlich, wenn sich erst im Laufe der Hauptverhandlung herausstellt, dass ein Regelbeispiel erfüllt sein könnte und der Angeklagte bzw. sein Verteidiger hierauf nicht vorbereitet waren.[559] Ebenso wird von einer Hinweispflicht ausgegangen, wenn sich nicht ohne Weiteres aus dem äußeren Sachverhalt ergibt, dass ein Regelbeispiel erfüllt ist. Umgekehrt besteht aber dann keine Hinweispflicht, wenn das Gericht einen unbenannten besonders schweren Fall annimmt.[560]
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Der Gesetzgeber sieht insbesondere beim Bandendiebstahl eine Nähe zur organisierten Kriminalität. Um gegen diese vorzugehen sind für § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB besonders weitgehende Ermittlungsmöglichkeiten gegeben wie z.B. die Rasterfahndung nach § 98a Abs. 1 Nr. 6 StPO, die Telefonüberwachung nach § 100a Abs. 2 Nr. 1j StPO, der sog. „große Lauschangriff“ nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 100b Abs. 2 Nr. 1h StPO und der Einsatz von verdeckten Ermittlern nach § 110a Abs. 1 Nr. 4 StPO.
8. Abschnitt: Schutz des Vermögens › § 29 Diebstahl und Unterschlagung › Ausgewählte Literatur