Читать книгу Mein großes Rückenbuch - Dietrich Grönemeyer - Страница 34

Es gibt im Organismus eine Vielzahl von Signalketten, die komplexe Regelungsvorgänge im Körper in Gang setzen. Sie werden durch „Sensoren“ in den Muskeln, in den Sehnen und Gelenken, im Bindegewebe und in der Haut gesteuert: Wenn die eine Muskelgruppe angespannt wird, erhält eine andere das Kommando loszulassen: Wenn die eine hart wird, wird die andere weich. Stereotype Bewegungen, die selbst noch keinen Schmerz auslösen, so neue Erkenntnisse, geben dennoch permanent Signale an die Muskulatur ab. Sie führen dazu, dass Spannung aufgebaut wird, wo sie gar nicht notwendig ist. Die aufgebaute Spannung hat zur Folge, dass sich besonders druckempfindliche Stellen, sogenannte Triggerpunkte, ausbilden. Sie entstehen in der Mitte der Muskelfasern, dort, wo eine Nervenendigung Bewegungsimpulse an den Muskel übermittelt. Weil hier durch die Fehlschaltung zu viel des Nervenbotenstoffs Acetylcholin freigesetzt wird, ziehen sich die feinen Muskelfasern zu verspannten Bündeln zusammen. Der Energiebedarf des Muskels wächst, gleichzeitig presst die Spannung im Inneren die feinen Blutgefäße zusammen: Blut und Nährstoffe werden knapp. Der Muskel befindet sich in einem Alarmzustand und schüttet Signalstoffe aus, die die Schmerzfühler aktivieren: Der Triggerpunkt tut weh.

Die Wirkung reicht jedoch über den betroffenen Muskel hinaus. Ein Triggerpunkt im Wadenmuskel kann etwa Beschwerden am Kreuzdarmbeingelenk auslösen – und umgekehrt. Vermutlich ist das so, weil der Schmerzimpuls aus dem Wadenmuskel paradoxerweise im Rückenmark benachbarte Nervenzellen stimuliert, die Schmerz melden, obwohl sie nur für das Kreuz zuständig sind. Über Massagen, Aku- oder Osteopressur oder Neuraltherapie im Bereich der Triggerpunkte können die Symptome oft gebessert werden. Verspannungen und Schmerzen können also ebenso auftreten, wenn der Körper einen Reiz fehlinterpretiert. Spürbar wird dies, wenn man auf einen Triggerpunkt drückt und in anderen Körperregionen Schmerzen spürt. Etwa 80 Prozent aller Schmerzen im Bewegungsapparat gehen von Triggerpunkten aus. Lokale Massagen helfen, indem sie verspannte Muskelfasern und Nervenrezeptoren so reizen, dass die verhärteten Muskeln sich entspannen.