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„Sadly not a Jew“

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Auch Cruyff wurde ab und an eine „jüdische Identität“ nachgesagt – bis hin zu einem kruden Verweis auf seine Physiognomie. Im Internet erörtert die Seite „Jew or not Jew“ die Möglichkeit seiner jüdischen Identität. Auf jewornotjew.com heißt es: „Wäre Cruyff ein Jude, dann würde er die Liste der größten jüdischen Sportler anführen.“ Aber entgegen allen Gerüchten sei seine Mutter keine „Halbjüdin“ gewesen und seine Frau auch keine Jüdin.

Die Vermutung, die Familie von Ehefrau Danny sei jüdisch, basiert vermutlich auf ihrem Geburtsnamen Coster. Coster Diamonds ist ein berühmtes Amsterdamer Diamantunternehmen, und die Diamantindustrie in Amsterdam und Antwerpen war ein von Juden dominiertes Gewerbe. Coster Diamonds wurde 1840 vom Diamantschneider Moses Elias Coster gegründet, im Zweiten Weltkrieg musste das Unternehmen vorübergehend schließen. Bis zum 1970 erfolgten Umzug in die Paulus Potterstraat hinter dem Rijksmuseum residierte Coster Diamonds im alten jüdischen Viertel. Die niederländische Ausgabe von Wikipedia behauptet, Cruyffs 2008 verstorbener Schwiegervater Cor Coster sei Eigentümer des „Familienunternehmens“ Coster Diamonds gewesen. Diese Behauptung ist allerdings falsch, wie das Unternehmen bestätigt, und sie kollidiert auch im selben Wikipedia-Text mit der richtigen Angabe, Coster habe bereits als Zwölfjähriger auf einer Werft gearbeitet und sein späteres Vermögen durch den Handel mit Silber, Uhren und Schmuck erworben.

Andere Mutmaßungen über Cruyffs jüdische Herkunft entstanden wohl schlicht aus der Tatsache, dass er Juden zu seinen engeren Bekannten und entfernteren (angeheirateten) Verwandten zählt. So sah sich im März 2007 der renommierte Sportjournalist Johan Derksen in der Zeitschrift „Voetbal International“ bemüßigt, unter der etwas fragwürdigen Überschrift „In Johans Adern fließt friesisches Blut“ einiges klarzustellen: „Viele Menschen glauben, dass Cruyff Jude ist, was Unsinn ist. Er hat wohl Juden in seiner Familie. Eine Schwester seiner Mutter, Riek Draaijer, war mit Barend Tak verheiratet, dem Jugendleiter von Ajax. Eine andere Schwester seiner Mutter, Leen Draaijer, war mit Jonas de Mez, einem Amsterdamer Diamanthändler, verheiratet. Und Annie, die Halbschwester von Danny Cruyff, ist mit dem Juden Johnny Pop verheiratet gewesen. Der gemeinsame Sohn, Pascal Pop, leitet mit Cruyffs Tochter Chantal das Cruyff-Management. Anfang der 1990er ging Pascal Pop nach Jerusalem, um das jüdische Alte Testament zu studieren. Er ist auch ein guter Karatekämpfer und Kick-boxer und hat bei der Maccabiade, der jüdischen Olympiade, schon mal eine Medaille gewonnen. Pop ist ein orthodoxer Jude und ausgebildeter Rabbiner.“ Tatsächlich gewann Pascal Pop bei der Maccabiade 1991 in Marseille sogar zwei Medaillen – jeweils Silber. Als Pascal Pop in Jerusalem heiratete, wurde Cruyff mit einer rot-weißen Kippa mit der Nr. 14 gesehen.

Bei der erwähnten Maccabiade in Marseille gewann übrigens das Fußballteam von Maccabi Niederlande Bronze. Coach war der aus einer jüdischen Familie Amsterdams stammende Frits Barend, renommierter Journalist und einer der engsten Vertrauten von Johan Cruyff. 1972 bis 1986 war der mit Cruyff gleichaltrige Barend Redakteur beim Wochenblatt „Vrij Nederland“, 1987 bis 1996 bei der Zeitschrift „Nieuwe Revu“. Gemeinsam mit Henk van Dorp hat Barend in diesen Jahren Cruyffs Karriere journalistisch begleitet und zahlreiche Interviews geführt, die 1998 auch in Buchform veröffentlicht wurden. Mit van Dorp ist er bis heute im niederländischen Fernsehen mit eigenen Sendungen präsent. Barend und seine Familie erschienen 2004 auf einer Todesliste radikaler Moslems.

„Sadly not a Jew“ – mit diesem Fazit schließt die Internetseite „Jew or not Jew“ ihre Betrachtungen über Cruyff. Wohl bei keinem anderen Sportler von Weltrang wird in jüdischen Kreisen so sehr bedauert, dass er kein Jude ist, wie bei Johan Cruyff. Und so häufig diskutiert, ob er nicht wenigstens ein bisschen Jude sei. Wäre er einer, so würde er in der Beliebtheitsskala für jüdische Sportler wohl tatsächlich noch vor dem Schwimmer Mark Spitz rangieren, der bei den Olympischen Spielen 1968 und 1972 addiert neun Goldmedaillen gewann. Und von Johan Cruyff wird diese Zuneigung durchaus erwidert.

Der König und sein Spiel

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