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INTRO VON DINO REISNER

Über Jahrzehnte hinweg galt Tennis in Deutschland als elitärer Sport. Doch dann kam der 7. Juli 1985. Ein 17 Jahre alter Teenager aus der badischen Kleinstadt Leimen stürmte sensationell ins Finale von Wimbledon und versetzte eine ganze Nation in Euphorie. Elf Millionen Menschen saßen in der Bundesrepublik vor den TV-Geräten, als Boris Becker auf dem heiligen Rasen den Matchball gegen Kevin Curren verwandelte. In diesem Moment war nicht nur ein Sportheld geboren.

Tennis, hierzulande bis dahin vorwiegend der besserverdienenden Gesellschaft vorbehalten, entwickelte sich in Windeseile zum Volks- und Breitensport. Jung und Alt strömte auf den roten Sand. Obwohl neue Tennisplätze und neue Tennishallen wie Pilze aus dem Boden schossen, hatten die Vereine Probleme, dem gewaltigen Andrang Herr zu werden. Sogar Wartelisten für die Aufnahme wurden geführt.

Boris Becker und kurze Zeit später die eineinhalb Jahre jüngere Stefanie Graf aus dem nur 18 Kilometer von Leimen entfernten Brühl sorgten landesweit für eine Begeisterung, wie es niemals zuvor einzelnen Sportlern gelang.

ARD und ZDF und die damals neuen Privatsender RTL plus und Sat 1 sicherten sich Übertragungsrechte von unzähligen Turnieren, kurzfristig wurden Showkämpfe organisiert und Einladungsturniere ins Leben gerufen. Millionen von Menschen vor den TV-Geräten fieberten mit, teilweise bis tief in die Nacht. Unvergessen, wie Boris Becker im Davis Cup 1987 in Hartford die US-Amerikaner John McEnroe und Tim Mayotte in fünf Sätzen niederrang und danach mit der Deutschlandfahne eine Ehrenrunde durch die Halle drehte – dies hatte es bis dahin noch nie gegeben.

Stefanie Graf übernahm im August 1987 die Führung der Weltrangliste, Boris Becker folgte dreieinhalb Jahre später im Januar 1991. Deutschland war die Tennisnation Nummer eins auf dem Erdball.

Am 9. Juli 1989 gelang den beiden Superstars Historisches: Innerhalb von drei Stunden gewannen Stefanie Graf und Boris Becker das Turnier in Wimbledon, das wichtigste, prestigeträchtigste und traditionsreichste der Welt (das Damenfinale musste wetterbedingt von Samstag auf Sonntag verlegt werden). Diesmal saßen sogar 15 Millionen Deutsche vor den Bildschirmen.

Abgesehen von den Übertragungen der Grand-Slam-Turniere aus Melbourne, Paris und New York auf Eurosport ist Tennis hierzulande aus den frei empfangbaren TV-Programmen nahezu verschwunden. Auch Weltklasseturniere lassen sich nicht mehr finanzieren. Dennoch lebt die Sportart noch immer. In der Spitze ebenso wie in der Breite. Im September 2016 wurde mit Angelique Kerber wieder eine deutsche Spielerin Nummer eins der Welt, ein Jahr später stieß Alexander Zverev unter die Top drei vor.

2018 gewann Kerber Wimbledon, im gleichen Jahr holte Zverev den Titel bei den ATP Finals. Der Deutsche Tennis Bund (DTB) ist mit 1,37 Millionen Mitgliedern nach wie vor der größte Tennisverband der Welt und national hinter den Fußballern und den Turnern die Nummer drei – weit vor den Dachverbänden der Leichtathleten (0,79), der Handballer (0,75) oder der Golfer (0,64). Hinzu kommen unzählige, nicht organisierte Tennisspieler in kommerziellen Sportanlagen.

Man kann sagen: In der goldenen deutschen Tennisepoche in der zweiten Hälfte der 1980er- und der ersten Hälfte der 1990er-Jahre lebte Tennis über seine Verhältnisse, vieles war überdreht. Seither hat sich der Tennissport auf einem nach wie vor hohen Niveau etabliert.


Dino Reisner arbeitet bundesweit als Sport-journalist und Buchautor mit den Schwerpunkten Basketball, Fußball, Handball, Eishockey und Tennis. Er schrieb unter anderem Biografien über Dirk Nowitzki, Michael Ballack, Pep Guardiola und Leroy Sané sowie mehrere Ratgeber. Der Oberfranke ist selbst aktiver Tennisspieler.

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