Читать книгу Absprachen im Strafprozess - Dirk Sauer - Страница 24

Anmerkungen

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[1]

Zur Geschichte des Strafbefehlsverfahrens Heinz FS Müller-Dietz, S. 271 ff.

[2]

So auch Ostendorf ZIS 2013, 174, 175, mit dem zutreffenden Hinweis, der „Wandel vom klassischen Strafprozess“ sei nicht erst mit dem Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren eingetreten.

[3]

Der Vollständigkeit halber seien als weitere Möglichkeiten einer konsensualen Verfahrenserledigung jenseits der Urteilsabsprache zusätzlich § 46a StGB, §§ 155a, 155b, 153b (dazu nochmals unten Rn. 456 ff.) sowie der Vergleich im Privatklageverfahren, § 380, die §§ 45, 47 JGG und § 47 OWiG genannt (dazu noch unten Teil 2 Rn. 144 ff.).

[4]

Vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 153 z.B. Zwickel S. 6 f., der im Jahr 1932 ausführt, es sei um „die Notwendigkeit“ gegangen, „erheblich an Kosten zu sparen, indem man die Strafrechtspflege bis an die Grenzen des im Interesse der Rechtspflege noch Erträglichen vereinfachte und verbilligte“, sowie darum, „einen Weg zu finden, der strengste Sparsamkeit mit guter und sicherer Strafrechtspflege zu vereinen vermochte.“

[5]

Dazu näher sogleich im weiteren Text.

[6]

Vgl. zu Terminologie und Bedeutung der Verfahrensprinzipien z. B. KK-Fischer Einl. Rn. 5 ff.

[7]

Richtig Eser ZStW 104 (1992), 361 ff., 369 f. sowie dort Fn. 40, der – schon vor Inkrafttreten des Rechtspflegeentlastungsgesetzes! – feststellt, die Anwendung des Legalitätsprinzips sei „vor allem für den Bereich der Bagatellkriminalität fast zur Ausnahme geworden“, weswegen „die übliche Redeweise von Einschränkungen des Legalitätsprinzips durch das Opportunitätsprinzip nicht ganz korrekt“ sei.

[8]

Vgl. zur damaligen Diskussion z. B. die Düsseldorfer Dissertation von Zirkel aus dem Jahr 1936, S. 26 ff., 29 f., 31 ff., 34 und passim.

[9]

So ausdrücklich Meyer-Goßner/Schmitt StPO, § 153 Rn. 1. Freilich gibt es in der Konstellation des § 153 Abs. 1 kein „Mitverfügungsrecht“ des Beschuldigten.

[10]

Sie wurde mit dem EGStGB im Jahre 1974 eingeführt.

[11]

Es fragt sich, ob der Gesetzgeber bereits mit Schaffung des § 153a den „schwersten Eingriff in das Gefüge der StPO seit 1877“ vorgenommen hat – eine Qualität, die von vielen erst dem VerstG zugeschrieben wird, exemplarisch Stuckenberg ZIS 2013, 212.

[12]

Die Erforderlichkeit der Führung solcher (Konsens-) Gespräche wurde von Anfang an auch klar gesehen, vgl. z. B. Kleinknecht Strafprozessordnung, 32. Aufl. 1975, § 153a Anm. 11. Die bundeseinheitliche Fassung der RiStBV aus dem Jahre 1967 ließ übrigens in Nr. 83 Abs. 3 auch für den Fall des § 153, wenn auch indirekt formuliert, zu, den Beschuldigten vor der Einstellungsentscheidung auf die Vorschrift und wohl auch darauf hinzuweisen, dass dabei lobenswertes Nachtatverhalten, „z. B. die Wiedergutmachung des Schadens“, eine Rolle spielen dürfe. Zu den neu eingeführten, diese informellen Gespräche nunmehr bedingt formalisierenden §§ 160b, 202a, 212 und 257b noch unten Teil 2 (Rn. 90 ff.).

[13]

Die weitere Durchführung des Strafverfahrens kann aus verschiedenen Gründen teurer kommen.

[14]

Vgl. dazu z. B. LR-Beulke § 153a Rn. 11 ff.; KK-Diemer § 153a Rn. 3 m. w. N.

[15]

Zu Recht wenden sich Beulke/Fahl NStZ 2001, 426 ff., 427 dagegen, im Zusammenhang mit § 153a geführte Gespräche zwischen Verfahrensbeteiligten „von vornherein“ als „Freikauf“, „Feilschen“, „Handeln“ oder „Tuscheln“ abzuqualifizieren. Vgl. auch LR-Beulke § 153a Rn. 2: Mit der Vorschrift sei „ein ganz neues konsensuales Verfahren, das auf Kooperation zwischen allen Verfahrensbeteiligten angelegt ist“, geschaffen worden.

[16]

Das ist allerdings streitig, vgl. zum Meinungsstand Meyer-Goßner/Schmitt Vorbemerkungen zu §§ 407 ff. Rn. 1, KK-Maur § 408 Rn. 15, jeweils m. w. N. Selbst Vertreter der Gegenauffassung, nach der beim Strafbefehlerlass ebenso wie bei § 261 stets volle richterliche Überzeugung von der schuldhaften Tatbegehung zu fordern ist, räumen indes zuweilen ein, dass der Gedanke, das Gericht könne sich diese ausschließlich anhand der Aktenlage bilden, reichlich unrealistisch ist, vgl. Weßlau ZStW 116 (2004), 150 ff., 159. Wenn 99 % aller Strafbefehlsanträge „erfolgreich“ sind (Weßlau aaO; Heinz FS Müller-Dietz S. 271 ff.), dann vertritt die Praxis offenbar die weitere Auffassung. Im Ergebnis führt jedenfalls kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass zumindest die Tatsachengrundlage, auf der die richterliche Meinungsbildung stattfindet, durch den Verzicht auf die Hauptverhandlung in aller Regel „defizitär“ sein wird (zutr. KK-Maur § 408 Rn. 15), so dass das Strafbefehlsverfahren eine Entscheidung zu Lasten des Beschuldigten entweder von vornherein auf bloßen Verdacht hin oder bestenfalls auf der Basis von Tatsachen, deren Darlegung lediglich die Funktion zukommt, einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen, ermöglicht. Die Bestimmung, dass der Strafbefehl mit den gleichen Wirkungen wie eine Verurteilung nach mündlicher Hauptverhandlung ausgestattet ist, § 410 Abs. 3, kann deswegen sicher nicht in gleicher Weise wie ein Urteil auf den Gedanken der „forensischen Wahrheit“ zurückgeführt werden. Das (relativ) gute Image der §§ 407 ff. im Schrifttum hängt möglicherweise mit der langen Tradition zusammen, auf die diese Art der Verfahrensbeschleunigung zurückgeführt werden kann. Teilweise wird auch offen gesagt, ohne ein solches summarisches Verfahren sei eben schon aus ökonomischen Gründen nicht auszukommen; so z. B. aus der Literatur Meyer-Goßner/Schmitt Vorbemerkungen zu §§ 407 ff. Rn. 1. Nach der Begründung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege“ (BT-Drucks. 12/1217, S. 42) handelt es sich bei dem Strafbefehlsverfahren um „eines der wichtigsten Institute der Strafprozessordnung zur ökonomischen Verfahrenserledigung“. Der Nachweis für die Richtigkeit dieser auf die Wirklichkeit bezogenen Behauptung steht allerdings bis heute aus. Vgl. zu Einzelheiten des Strafbefehlsverfahrens näher unten Rn. 173 ff.

[17]

Vgl. zu dieser gesetzgeberischen Erwägung bereits Schmidt Lehrkommentar Teil I, Rn. 324 ff., 326.

[18]

Konsequent war es daher, die früher mögliche Verhängung vollziehbarer Haftstrafen hier auszuschließen, vgl. zu den Hintergründen und der Kritik an früheren Fassungen z. B. Schmidt Lehrkommentar Teil II, § 407 Rn. 4.

[19]

Dazu ausführlicher unten Rn. 108 ff.

[20]

Der „Betroffene“ ist hier und im weiteren Text im alltagssprachlichen Sinne zu verstehen.

[21]

Vgl. KK-Maur § 408 Rn. 15: Legitimation des Strafbefehlsverfahrens (wenn überhaupt) nur durch ein „Konsens-Element“. Vgl. auch Landau/Eschelbach NJW 1999, 321 ff., 324: Das Strafbefehlsverfahren als „eine Art eines konsensualen Verfahrens“, bei dem „infolge Einvernehmens ein abschließendes Prozeßergebnis gefunden“ wird, wobei „ergänzende Absprachen (…) unbedenklich“ sind. – Die Probleme und Systembrüche lassen sich nicht mit Hinweisen wie demjenigen marginalisieren, es handele sich um „Ausnahmen, die die Regeln bestätigen“ und rechtstechnisch um bloße „Zustimmungsvorbehalte“ (so aber Ignor/Matt/Weider MAH Strafverteidigung, § 13 Rn. 2). Zum einen werden sowohl bei §§ 153 ff. wie im Strafbefehlsverfahren, um es zurückhaltend auszudrücken, wesentliche Verfahrensgrundsätze teils durchbrochen, teils massiv eingeschränkt. Jedenfalls bei den §§ 407 ff. und 153a kommt der Zustimmung des Betroffenen daher weit mehr als nur formale Bedeutung zu: Sie dient als notwendige materielle Grundlage für den Verzicht auf Wahrheitsfindung bzw. auf Verfolgung der Tat bei gleichzeitiger Bestrafung bzw. Verhängung von Auflagen. Es kann durchaus davon gesprochen werden, dass die Beteiligten hier nicht nur über einzelne Verfahrensfragen etwa des Umfangs der Beweisaufnahme, sondern über die Durchführung des Verfahrens insgesamt disponieren (insoweit zutreffend Weßlau ZStW 116 [2004], 150 ff., 162: „Bagatellverfahren und Strafbefehlsverfahren als Einfallstor der Dispositionsmaxime“, und passim). Zum anderen sind mit diesen Vorschriften eben bewusst mit weitem Anwendungsbereich ausgestattete, konsensuale Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung geschaffen worden, die – mit Wissen und Wollen des Gesetzgebers! – in der Praxis zusehends in den Vordergrund gerückt sind (nach Jehle Strafrechtspflege in Deutschland, S. 20, werden nur 11,5 % aller Ermittlungsverfahren mit Anklageerhebung, aber 11,9 % mit Strafbefehlsantrag und immerhin 4,9 % gegen Auflagen eingestellt), so dass jedenfalls nicht behauptet werden kann, die StPO ermögliche derartige Verfahrensweisen allenfalls in Randbereichen (vgl. auch den zutreffenden Hinweis von Satzger in Bockemühl, Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, Teil H, Kap. 3 Rn. 10, durch § 153a sei die Verständigung „vorgezeichnet“, im gleichen Sinne LR-Beulke § 153a Rn. 2).

[22]

U. a. wurden mit dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 die §§ 154, 154a erweitert, durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz im Jahre 1993 die Schuldschwere, bis zu der § 153a anwendbar sein soll, weiter heraufgesetzt.

[23]

Ähnliches gilt für die §§ 407 ff.

[24]

Mit Erfolg: Anträge auf Strafbefehlserlass kommen heute bereits häufiger vor als die eigentlich als Regelfall gedachte Anklageerhebung, vgl. Heinz FS Müller-Dietz S. 271 ff. – Rieß/Hilger NStZ 1987, 204 weisen zutreffend darauf hin, dass es dem Gesetzgeber bei der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Strafbefehlsverfahrens im Jahre 1987 zwar um die Erhöhung von dessen Akzeptanz, nicht aber um die Zurückdrängung des § 153a gegangen ist; vgl. dazu auch BT-Drucks. 10/1313, 13, 34 ff., 35.

[25]

Durch empirische Forschung belegt ist das allerdings, soweit ersichtlich, nicht.

[26]

Näher dazu sogleich unten Rn. 62 ff.

[27]

Dass Einstellungsentscheidungen nach §§ 153 ff. oder Strafbefehlserlassen entsprechende Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten vorausgehen darf, teilweise sogar muss, ist unbestreitbar. Zu den neu eingeführten §§ 160b, 202a und 212 noch unten Teil 2 (Rn. 90 ff.).

[28]

Hierzu näher unten Teil 6 (Rn. 665 ff.).

[29]

Zum Umgangston unter Strafrechtlern nur ein Beispiel von vielen: Seier JZ 1988, 683 ff., 684 spricht im Zusammenhang mit Aufsätzen absprachen-freundlicher Autoren von „Ganovenjargon“.

[30]

Dazu und auch zu Problemen und Risiken ausführlich unten und Teil 6 (Rn. 665 ff.).

[31]

Dahs Handbuch Rn. 1: „Strafverteidigung ist Kampf“; dazu auch Hamm NJW 2006, 2084 ff.

[32]

Richtig Landau DRiZ 1995, 132 ff., 133: Forderungen nach strikter Beachtung des Legalitätsgrundsatzes und entsprechender Begrenzung von Verfahrensabsprachen seien durch die Erweiterung der §§ 153 ff. „vom Handeln des Gesetzgebers widerlegt“ worden.

[33]

Soweit nicht mehrere Verfahrensgegenstände i. S. d. § 264 verbunden worden sind.

[34]

Dazu näher sogleich, insb. Rn. 32 ff.

[35]

Vgl. nochmals Weßlau ZStW 116 (2004), 150 ff., 160: Angesichts der Tatsachen, dass zwei von drei Verurteilungen heute durch Strafbefehle erfolgten und die Amtsgerichte 99 % aller Strafbefehlsanträge Folge leisteten, weil sich „die Legitimation dieser Verfahrensweisen aus der Einspruchsmöglichkeit des Betroffenen“ ableite, könne heute davon gesprochen werden, dass „die Dispositionsmaxime als Bestandteil des Verfahrens mit vereinfachter Beweisführung längst Einzug in die Prozesswirklichkeit gehalten“ habe.

[36]

Dazu, dass sich beides keineswegs ausschließt, sondern vielfach und sinnvoll ergänzt und miteinander zu kombinieren ist, näher unten Teil 6 (Rn. 806 ff.).

[37]

Im Folgenden: VerstG.

[38]

Niemöller in Niemöller/Schlothauer/Weider, Teil A, Rn. 3 legt den Beginn der Entwicklung auf den Zeitraum „Ende der 1970er“ und den Ort auf Stuttgart fest.

[39]

Behauptete Befangenheit wegen in der Ankündigung bestimmter Ergebnisse der Hauptverhandlung angeblich liegender Voreingenommenheit, behauptete Verletzungen von Beschuldigtenrechten durch die Aussicht, ohne Geständnis bei voller Durchführung der Hauptverhandlung schärfer bestraft zu werden u.a.m.

[40]

BGH 4. Strafsenat, Urt. v. 28.8.1997 = BGHSt 43, 195.

[41]

Zu den Einzelheiten noch unten Teil 3 (Rn. 217 ff.).

[42]

BGH Großer Senat für Strafsachen, Beschl. v. 3.3.2005 = BGHSt 50, 40.

[43]

Der Fußnotenapparat sei dem Leser an dieser Stelle erspart, vgl. zu Details Niemöller in Niemöller/Schlothauer/Weider, Teil A, Rn. 19.

[44]

So z. B. Schünemann ZRP 2009, 104

[45]

Weshalb es verwundert, wenn eine Reihe von Autoren dem BGH nun vorwerfen, es fehle an einer gesetzlichen Regelung der Fernwirkung des Verwertungsverbots. Dies ist zu verschmerzen, weil die Frage schon seit langem auch an anderen Stellen der StPO auftaucht und für ihre Beantwortung in Rechtsprechung und Schrifttum eine Reihe von Grundsätzen entwickelt worden sind. Hierauf wird in Teil 3 nochmals zurückgekommen.

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