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Koinzidenz Nr. 3: Wir können uns selbst neu erfinden

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Diesen aufgrund ihrer physischen und mentalen Erkrankungen hoch motivierten Menschen war etwas klar geworden: Sie mussten konsequent am Denken neuer Gedanken festhalten. Um ein anderer Mensch zu werden, musste jeder sich in ein neues Leben hineindenken. Alle, die ihre Gesundheit wiedergewonnen haben, hatten irgendwann bewusst die Entscheidung getroffen, sich selbst neu zu erfinden. Jeder brach aus seiner täglichen Routine aus, verbrachte Zeit allein, reflektierte und dachte darüber nach, was für eine Art Mensch er denn werden wollte. Alle stellten sie Fragen und zogen ihre bisherigen Annahmen über sich selbst ganz grundsätzlich in Zweifel.

»Was wäre, wenn …«-Fragen spielen bei diesem Prozess eine zentrale Rolle. Was wäre, wenn ich damit aufhörte, ein unglückliches, selbstbezogenes, leidendes Opfer zu sein, und wie stelle ich das an? Was wäre, wenn ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, mich schuldig zu fühlen oder Groll zu hegen? Was wäre, wenn ich anfinge, mir selbst und anderen gegenüber aufrichtig zu sein?

Diese »Was wäre, wenn …«-Fragen münden in andere Fragen: Welche Menschen in meinem Bekanntenkreis sind meistens glücklich und wie verhalten sie sich? Welche historischen Gestalten bewundere ich? Wie könnte ich ihnen ähnlich werden? Wie müsste ich reden, handeln und denken, um mich der Welt anders zu präsentieren? Was möchte ich an mir verändern?

Das Sammeln von Informationen war ein weiterer wichtiger Schritt. Um neue Vorstellungen von sich selbst entwickeln zu können, mussten meine Gesprächspartner das, was sie über sich selbst wussten, entsprechend ummodeln. Jeder leitete erste Ideen aus seinen eigenen Lebenserfahrungen ab. Darüber hinaus durchforsteten sie aber auch Bücher und Filme nach Menschen, die sie beeindruckten. Aus den positiven Aspekten dieser Persönlichkeiten und den ihnen erstrebenswert erscheinenden Qualitäten bildeten sie das Rohmaterial für das Bild ihres eigenen neuen Selbstausdrucks im Leben.

Ihre Erkundungen einer besseren Art des Seins brachte sie auch zu neuen Denkweisen. Sie unterbrachen den Strom der sich wiederholenden Gedanken, die sonst den größten Teil ihres Wachbewusstseins besetzt gehalten hatten. In dem gleichen Maß, wie sie die vertrauten, bequemen Denkgewohnheiten losließen, konnten sie neue Konzepte davon kreieren, wer sie werden wollten, und an die Stelle ihrer alten Vorstellungen von sich selbst neue Ideale setzen. Sie nahmen sich die Zeit, täglich mental zu üben, wie dieser neue Mensch sein würde. Wie im ersten Kapitel erwähnt, stimuliert das mentale Üben das Gehirn, neue neuronale Verbindungen herzustellen, und verändert die Art, wie Gehirn und Geist arbeiten.

1995 wurde im Journal of Neurophysiology ein Artikel veröffentlicht: Er behandelte die Wirkung, die rein mentales Üben auf die neuronalen Netzwerke des Gehirns hat.6

Neuronale Netzwerke sind individuelle Gruppen von Nervenzellen (oder Neuronen), die in einem funktionierenden Gehirn mit einer gewissen Unabhängigkeit zusammenarbeiten. Neuronale Netzwerke sind das neueste Modell, anhand dessen die Neurowissenschaftler darlegen, wie unser Lernen und unsere Erinnerung funktionieren. Sie können auch erklären, wie das Gehirn sich mit jeder neuen Erfahrung verändert, wie verschiedene Arten von Erinnerungen sich ausbilden, wie Fähigkeiten sich entwickeln, wie es zu bewusstem und unbewusstem Handeln und Verhalten kommt, ja selbst, wie alle Formen sensorischer Wahrnehmungen verarbeitet werden. Neuronale Netzwerke bilden das Grundelement, auf dessen Basis die Neurowissenschaft erklärt, wie wir uns auf der Zell-Ebene verändern.

Bei dem speziellen Forschungsprojekt nahmen vier Gruppen von Probanden an einer fünftägigen Studie teil: Ziel des Vorhabens war, zu messen, welche Veränderungen im Gehirn beim Klavierüben stattfinden. Die erste Gruppe lernte eine bestimmte, einhändig zu spielende Sequenz auf dem Klavier, die alle fünf Finger beanspruchte; diese sollte über einen Zeitraum von fünf Tagen täglich zwei Stunden physisch geübt werden. Die Mitglieder der zweiten Gruppe sollten in derselben Zeit einfach wahllos auf dem Klavier herumklimpern. Die dritte Gruppe kam nie einem Klavier nahe: Die Teilnehmer sollten beobachten, was der ersten Gruppe beigebracht wurde, bis sie die Sequenz auswendig konnten, und sie dann mental üben, indem sie sich vorstellten, sie fünf Tage lang täglich zwei Stunden auf dem Klavier zu wiederholen. Die vierte Gruppe diente ausschließlich als Kontrollgruppe und tat gar nichts; in dieser Phase der Studie trat sie nicht einmal in Erscheinung.

Nach Ablauf der fünf Tage wurde bei allen Probanden mithilfe der sogenannten »transcranialen magnetischen Stimulation« und ein paar anderer technologisch hoch entwickelter Apparate gemessen, ob sich in ihrem Gehirn etwas verändert hatte. Zur allgemeinen Überraschung wiesen die Gehirne jener Gruppenteilnehmer, die rein mental geübt hatten, beinahe identische Veränderungen auf – die Erweiterung und Entwicklung neuronaler Netzwerke in dem gleichen Bereich des Gehirns –, wie die Gehirne derjenigen, die tatsächlich physisch Klavier geübt hatten. Die Gehirne der zweiten Gruppe, die nichts Spezifisches gelernt und geübt hatte, zeigten nur geringe Veränderungen: Ihre Übungen hatten aufgrund ihres Zufallscharakters nicht wiederholt dieselben Netzwerke stimuliert und deshalb keine bestimmten Nervenzellverbindungen gestärkt. Und bei der »untätigen« Kontrollgruppe hatte sich gar nichts verändert.

Wie konnte es dazu kommen, dass die dritte Gruppe beinahe identische Veränderungen im Gehirn aufwies wie die erste, wobei doch die Teilnehmer nie eine Klaviertaste berührt hatten? Durch ihren mentalen Fokus hatten sie immer wieder bestimmte neuronale Netzwerke in spezifischen Bereichen des Gehirns feuern lassen. Das bewirkte, dass diese Nervenzellen stärkere Verbindungen untereinander entwickelten. In den Neurowissenschaften nennt man das »Hebb’sches Lernen«.7 Das Konzept ist simpel: »Neurons that fire together, wire together« (»Nervenzellen, die gemeinsam feuern, verschalten sich.«). Werden bestimmte Gruppen von Neuronen regelmäßig stimuliert, verstärken sie ihre Verbindungen zueinander.

Demzufolge hatten die Probanden, die rein mental geübt hatten, ihr Gehirn genauso stark aktiviert wie jene, die tatsächlich Klavier gespielt hatten. Das wiederholte Feuern der Neuronen bildete in einem bestimmten Teil des Gehirns eine Neuronengruppe, die das bewusst gewählte Muster unterstützte. Die damit verbundenen Gedanken wurden dem Gehirn willentlich eingeprägt. Interessanterweise bildeten und verstärkten sich die neuen Netzwerke an genau der gleichen Stelle wie bei der Gruppe, die körperlich übte. Sie veränderten ihr Gehirn einfach durch ihr Denken. Wenn der Fokus stark genug ist, erkennt das Gehirn keinen Unterschied zwischen dem Vorgestellten und dem tatsächlich Ausgeführten.

Sheilas Erfahrungen bei der Heilung ihrer Verdauungsprobleme illustrieren diesen Prozess der Neuerfindung: Sie hatte beschlossen, sich nicht mehr mit Erinnerungen an die Vergangenheit und ihrer damit verbundenen Opferhaltung plagen zu wollen. Sheila hatte die zur Gewohnheit gewordenen Gedankengänge erkannt, die sie loslassen wollte, und genug Aufmerksamkeit entwickelt, um ihren unbewussten Gedankenfluss unterbrechen zu können. Als Resultat feuerten nicht mehr dieselben alten neuronalen Netzwerke täglich in ihr. Nachdem Sheila die Oberhand über die alten Denkmuster gewonnen hatte, begann ihr Gehirn, diese nicht länger genutzten Kreisläufe allmählich aufzulösen. Das ist ein weiterer Aspekt des Hebb’schen Lernens, er lässt sich auf die knappe Formel bringen: Nervenzellen, die nicht mehr gemeinsam feuern, lösen sich voneinander. Hier gilt das alte Sprichwort: »Wer rastet, der rostet.« Dieses Prinzip kann bei der Veränderung unserer selbst wahre Wunder wirken.

Im Lauf der Zeit legte Sheila immer mehr von der Last der hinderlichen alten Gedanken ab, die ihr Leben bis dahin geprägt hatten. Das erleichterte ihr, sich vorzustellen, was für eine Art von Mensch sie sein wollte. Nun gestand sie sich Möglichkeiten zu, die sie früher nicht einmal in Erwägung gezogen hatte. Wochenlang konzentrierte sie sich darauf, wie sie als diese neue, unbekannte Person denken und handeln würde. Sie übte dieses neue Bild von sich selbst ein, sooft es irgend ging, um sich immer wieder daran zu erinnern, wer sie sein würde. Schließlich wurde sie zu einem Menschen, der gesund und glücklich in die Zukunft blickte. Gleich den Klavierspielern hatte auch Sheila neue neuronale Schaltkreise errichtet.

Interessanterweise berichtete der überwiegende Teil meiner Gesprächspartner, sie hätten sich bei diesen Übungen nie disziplinieren müssen. Sie hatten es geliebt, mental zu trainieren, wer sie werden wollten.

Genau wie Sheila war es allen meinen Gesprächspartnern erfolgreich gelungen, sich selbst neu zu erfinden. Sie hielten an ihren neuen Idealen fest, bis diese ihnen »in Fleisch und Blut übergegangen« waren. Sie wurden zu neuen Menschen mit neuen Gewohnheiten. Sie brachen mit den alten Gewohnheiten, ihrem alten Selbst. Wie sie das fertig brachten, bringt uns zum vierten Credo, das alle, die körperliche Heilung erfuhren, gemeinsam haben.

Schöpfer der Wirklichkeit

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