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Die Geschichte einer persönlichen Transformation

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Ich möchte Ihnen ein wenig von Erfahrungen berichten, die ich vor 20 Jahren gemacht habe und die mich dazu bewegten, das Potenzial des Gehirns zu erforschen: die Macht des Gehirns, unser Leben zu verändern. 1986 war ich 23 Jahre alt. Ein knappes halbes Jahr zuvor hatte ich meine erste eigene chiropraktische Praxis in Südkalifornien eröffnet und verbuchte pro Woche schon eine beachtliche Menge von Patienten. Meine Praxis befand sich in La Jolla, einem Tummelplatz von Wochenend-Supermännern und Weltklasse-Athleten, die verbissen trainierten und sich mit derselben Intensität um ihren Körper kümmerten. Ich hatte mich darauf spezialisiert, sie zu behandeln. Während meiner Ausbildung in Chiropraktik befasste ich mich nebenher intensiv mit Sportmedizin. Nach meinem Examen hatte ich meine Nische gefunden und füllte sie aus.

Ich war erfolgreich, weil ich mit diesen getriebenen Patienten viel gemeinsam hatte. Ich war ebenfalls getrieben und höchst fokussiert. Wie sie hatte auch ich das Gefühl, jeder Herausforderung gewachsen zu sein. Ich hatte meine Ausbildung anderthalb Jahre früher als üblich – und mit sehr guten Noten – abgeschlossen. Jetzt führte ich ein klasse Leben, mit einer Praxis am La Jolla-Boulevard in Strandnähe und einem BMW. Eben das typische kalifornische Bild.

Mein Leben bestand aus Arbeiten, Laufen, Schwimmen, Radfahren, Essen und Schlafen. Die sportlichen Aktivitäten waren Bestandteil meines Triathlon-Trainings; Essen und Schlafen waren zwar notwendige, trotzdem oft vernachlässigte Tagesordnungspunkte. Ich sah meine Zukunft vor mir ausgebreitet wie ein Büffet: lauter köstliche Entscheidungsmöglichkeiten.

Die ersten drei Monate dieses Jahres hatte ich auf ein Ziel hingearbeitet: den Triathlon von Palm Springs am 12. April.

Das Rennen fing schon nicht gut an. Weil doppelt so viele Teilnehmer aufgetaucht waren wie erwartet, ließen die Organisatoren nicht alle gleichzeitig starten, sondern teilten sie in zwei Gruppen. Als ich zum Einchecken am Sammelpunkt auftauchte, stand die erste Gruppe bereits knietief im See und fingerte an ihren Brillen und Kappen herum, um sich startbereit zu machen.

Während einer der freiwilligen Helfer mir eine Nummer aufs Bein schrieb, fragte ich einen der Organisatoren, wann meine Gruppe dran wäre. »In etwa zwanzig Minuten«, erwiderte er. Noch bevor ich mich bedanken konnte, schallte jedoch ein Startschuss über den See. Der Mann sah mich an und meinte achselzuckend: »Geht wohl doch schon los.«

Ich konnte es kaum glauben, fasste mich aber schnell, rannte Richtung Umkleidebereich und sprintete barfuß um ein Ende des Sees, um zum Startbereich zu gelangen. Obwohl ich ein paar Minuten nach den anderen aus meiner Gruppe ins Wasser kam, befand ich mich schon bald mitten im Pulk zwischen einer Unzahl durchs Wasser wirbelnder Gliedmaßen. Während ich mich vorwärtskämpfte, musste ich mir bewusst machen, dass die Zeit lief und wir noch einiges vor uns hatten. Eine Meile später schwamm ich an Land, alle Muskeln angespannt und durchaus beansprucht, aber ich fühlte mich geistig fit. Die nächste Disziplin, das Radfahren, war schon immer meine Stärke gewesen. Diesmal standen uns 26 Meilen bevor.

Ich sauste zum Umkleidebereich und sprang in meine Radlerhosen. Sekunden später rannte ich mit meinem Rad zur Straße. Nach wenigen Hundert Metern kam ich bestens voran und ließ das Hauptfeld hinter mir. Ich entspannte mich auf meinem Sattel, duckte mich so flach wie möglich und ließ einfach nur meine Beine arbeiten. Die ersten 10 Meilen liefen großartig – ich fühlte mich bestens. Ich hatte mir die Strecke vorher angesehen und wusste, vor mir lag eine schwierige Kurve, wo wir auf den normalen Verkehr treffen würden. Ich erspähte den Streckenposten, drückte ein paarmal auf die Bremse, um die Geschwindigkeit ein wenig zu drosseln. Dann sah ich, dass ein Streckenposten mich weiterwinkte, und schaltete in den höchsten Gang, um möglichst viel Schwung mitzunehmen.

Ich war noch nicht ganz um die Kurve, da sah ich in meinem äußeren Blickwinkel etwas aufblitzen. Plötzlich flog ich durch die Luft: Eine rote Geländelimousine hatte mich mit 90 km/h gerammt und von meinem Fahrrad gerissen. Der Bronco fraß erst mein Rad, dann nahm er mich aufs Korn. Ich landete mit voller Wucht auf meinem Hinterteil und krachte anschließend heftig auf die Seite. Zum Glück hatte die Fahrerin inzwischen bemerkt, dass etwas passiert war, und trat auf die Bremse. Der Aufprall war so stark gewesen, dass es mich noch meterweit über den Asphalt schleuderte. Erstaunlicherweise geschah all das binnen ungefähr zwei Sekunden.

Während ich auf dem Rücken lag, hörte ich die Leute schreien und einen Hornissenschwarm von Radlern an mir vorüberziehen, zugleich fühlte ich im Inneren meines Brustkorbs warmes Blut zusammenlaufen. Ich wusste, meine Schmerzen konnten nicht von einer kleinen Weichteilverletzung herstammen. Irgendetwas war gar nicht in Ordnung. Ich spürte auch, dass meine Haut an bestimmten Stellen mit der Straßenoberfläche den Platz getauscht hatte. Die meinem Körper innewohnende Intelligenz begann, das Ruder zu übernehmen, während ich mich dem Schmerz überließ. Ich lag auf dem Boden und versuchte, regelmäßig zu atmen und ruhig zu bleiben.

Innerlich checkte ich meinen ganzen Körper durch. Meine Arme und Beine waren noch beweglich. Nach etwa 20 Minuten, die mir wie mindestens vier Stunden erschienen, fuhr ein Krankenwagen vor und raste mit mir ins John-F.-Kennedy-Krankenhaus. Ich erinnere mich vor allem daran, dass drei Sanitäter sich vergeblich abmühten, mir eine Infusion anzulegen. Ich war in einem Schockzustand. Dabei bewegt die Körperintelligenz das ganze Blut von den Extremitäten weg und hin zu den inneren Organen. Ich spürte auch, dass ich innerlich ziemlich stark blutete. Ich konnte fühlen, wie das Blut sich im Bereich meiner Wirbelsäule sammelte. Deshalb waren meine Venen in den Extremitäten kaum mit Blut gefüllt. Die Sanitäter durchlöcherten meinen Arm wie ein Nadelkissen.

Im Krankenhaus wurden Blut- und Urinproben genommen, Röntgenaufnahmen, Computertomografien und alle möglichen anderen Untersuchungen gemacht. Die Prozedur dauerte fast 12 Stunden. Nach drei erfolglosen Versuchen, den Rollsplit aus meinem Körper zu entfernen, gaben die Krankenschwestern auf. Ich war frustriert, verwirrt und litt Schmerzen. Das Ganze erschien mir wie ein Albtraum.

Schließlich kam der orthopädische Chirurg und medizinische Leiter der Klinik und führte seine Untersuchungen durch. Zunächst konnte er keine neurologischen Störungen feststellen. Dann checkte er im Computer meine Röntgenaufnahmen durch. Eine davon fiel mir besonders ins Auge: eine Seitenansicht meiner mittleren Wirbelsäule. Ich sah die Wirbel: Th8, Th9, Th10, Th11, Th12 und L1 waren deutlich zusammengedrückt, verformt und gebrochen. Seine Diagnose lautete: »Multiple Kompressionsbrüche der Brustwirbelsäule, der Wirbel Th8 zu über 60 Prozent zerstört.«2

Ich dachte bei mir, es könnte schlimmer sein. Meine Wirbelsäule hätte durchbrechen, ich tot oder gelähmt sein können. Dann holte der Arzt sich meine CT-Scans auf den Bildschirm. Sie zeigten um den gebrochenen Th8-Wirbel herum etliche Knochensplitter. Ich wusste, was er als Nächstes sagen würde, ich hätte es mitsprechen können: »Normalerweise macht man in solchen Fällen eine vollständige Laminektomie der Brustwirbelsäule mit Wirbelsäulenversteifungen nach Harrington.«

Ich hatte solche Laminektomie-OPs schon auf Video gesehen. Ich wusste, dass es ein ziemlich großer Eingriff ist, bei dem alle rückwärtigen Wirbelfortsätze abgesägt werden. Der Operateur arbeitet mit Instrumenten, die an Schreinerwerkzeuge erinnern, und mit Mini-Kreissägen, um eine glatte »Werkstückoberfläche« zu erzeugen. Dann werden die sogenannten Harrington-Stäbe aus orthopädischem Edelstahl eingesetzt und mit Schrauben und Klemmen an beiden Seiten der Wirbelsäule befestigt, um die gebrochenen oder unnatürlich verbogenen Bereiche der Wirbelsäule zu stabilisieren. Schließlich werden über die Stäbe aus den Hüftknochen entnommene Knochenstücke gesetzt.

Ohne emotional zu reagieren, fragte ich den Arzt, wie lang die Stäbe sein müssten. »Zwanzig bis dreißig Zentimeter, von oben bis unten«, meinte er. Dann erklärte er mir, die ganze Angelegenheit sei eigentlich völlig unbedenklich. Im Hinausgehen riet er mir noch, mir innerhalb der nächsten drei Tage einen Operationstermin geben zu lassen. Ich winkte ihm zum Abschied und bedankte mich.

Noch nicht zufrieden, bat ich den besten Neurologen der Gegend um seinen Besuch. Nach seiner Untersuchung und Begutachtung der Röntgenaufnahmen sagte er ohne Umschweife, meine Chancen, ohne Operation jemals wieder gehen zu können, lägen unter 50 Prozent. Der Th8 sei keilförmig komprimiert – auf der Vorderseite mehr, auf der Rückseite weniger. Bei einem Versuch mich hinzustellen, würde die Wirbelsäule das Gewicht meines Rumpfs nicht mehr tragen können und bräche durch. Der schräge Winkel des Th8 verändere die Gewichtsbelastung der anderen Wirbel, und dieses Ungleichgewicht würde seiner Meinung nach die Knochensplitter in den Wirbelsäulenkanal schieben – was eine sofortige Paralyse unterhalb des Th8 zur Folge hätte. Dann wäre ich brustabwärts gelähmt. Wie der Arzt noch hinzufügte, hatte er noch nie von einem Patienten in den USA gehört, der sich gegen diese Operation entschieden hätte. Zwar verfolgten einige Ärzte in Europa andere Ansätze, doch darüber wisse er kaum etwas und könne auch nichts empfehlen.

Am nächsten Morgen fand ich mich in einem Nebel aus Schmerzmitteln und Schlaflosigkeit wieder und stellte fest, dass ich immer noch im Krankenhaus war. Als ich die Augen aufschlug, saß Dr. Paul Burns an meinem Bett, mein alter Zimmergenosse aus dem Chiropraktik-College. Paul hatte eine Praxis in Honolulu, doch kaum hatte er von meinem Zustand erfahren, war er sofort nach San Diego geflogen, nach Palm Springs gedüst und für mich da, als ich an diesem Morgen erwachte.

Paul und ich entschieden, es wäre mir zuträglicher, mich ins Scripps Memorial Krankenhaus in La Jolla überführen zu lassen, um näher an meinem Zuhause in San Diego zu sein. Die Fahrt war lang und quälend. Ich lag festgezurrt auf einer Bahre; jede Straßenunebenheit teilte sich meinem Körper durch schmerzhafte Stöße mit. Ich fühlte mich hilflos. Wie sollte ich das bloß jemals durchstehen?

Als ich in meinem Krankenhauszimmer ankam, wurde ich sofort dem führenden orthopädischen Chirurgen Südkaliforniens vorgestellt. Er war mittleren Alters, erfolgreich, gut aussehend, sehr glaubwürdig und ernsthaft. Er gab mir die Hand und erklärte mir, es sei keine Zeit zu verlieren. Mit direktem Blick in meine Augen sagte er: »Sie haben eine Kyphose (eine unnatürliche Krümmung der Wirbelsäule) mit einem Winkel von 24 Grad. Die CTs zeigen, dass das Rückenmark verletzt ist und die Knochensplitter berührt, die von dem ursprünglich zylindrischen Wirbelsegment nach innen gedrückt worden sind. Die Knochenmasse musste dem Druck ja irgendwohin ausweichen. Ihre Wirbel gleichen Schottersteinen. Jede Minute kann eine Lähmung eintreten. Ich empfehle Ihnen, sich sofort nach der Harrington-Methode operieren zu lassen. Wenn wir länger als vier Tage warten, wird eine noch viel drastischere Operation notwenig sein, bei der wir den Körper von vorne öffnen, den Brustkorb aufschneiden und die Harrington-Stäbe von vorne und hinten einsetzen müssen. Diese Art von Operation hat nur eine Erfolgsquote von ungefähr 50 Prozent.«

Ich begriff, weshalb diese Entscheidung innerhalb von vier Tagen fallen musste. Die dem Körper innewohnende Intelligenz sorgt dafür, dass sich am Knochen Calciumstränge anlagern, um den Heilungsprozess möglichst schnell in Gang zu setzen. Nach vier Tagen müssen die Operateure durch diesen natürlichen Heilungsprozess hindurch und darum herum arbeiten. Wie der Arzt mir versicherte, würde ich in ein bis zwei Monaten wieder gehen und in meiner Praxis Patienten behandeln können, falls ich mich entschlösse, mich innerhalb von vier Tagen operieren zu lassen.

Aber irgendwie konnte ich mich nicht darauf einlassen, eine so wichtige Entscheidung über meine Zukunft so schnell zu fällen.

In der Zwischenzeit schlug ich mich fürchterlich mit diesem Konflikt herum und fühlte mich ziemlich überfordert. Der Arzt war sich seiner Sache so sicher, als gäbe es überhaupt keine zwei Meinungen dazu. Ich fragte ihn trotzdem: »Und was, wenn ich mich gegen die Operation entscheide?« Er antwortete ruhig: »Das würde ich Ihnen nicht empfehlen. Es wird drei bis sechs Monate dauern, bis Ihr Körper so weit geheilt ist, dass Sie wieder gehen können. Normalerweise müssen Sie diese ganze Zeit liegend, im Bett, verbringen. Danach würden wir Ihnen ein Ganzkörperkorsett anpassen, das Sie sechs bis zwölf Monate lang ununterbrochen tragen müssten. Wenn Sie meine professionelle Meinung hören wollen: In dem Moment, wo Sie versuchen, frei zu stehen, werden Sie gelähmt sein. Die Instabilität des Th8 wird eine Verstärkung der Vorwärtskrümmung und damit eine Durchtrennung des Rückenmarks bewirken. Wären Sie mein Sohn, lägen Sie jetzt schon auf dem OP-Tisch.«

Ich lag da, umringt von acht Chiropraktikern, alles meine engsten Freunde. Mein Vater war sogar von der Ostküste eingeflogen. Lange Zeit sprach niemand ein Wort. Alle warteten darauf, dass ich etwas sagen würde. Aber ich sagte nichts. Schließlich lächelten meine Freunde mich einer nach dem anderen an, klopften mir liebevoll auf den Arm oder auf die Schulter und verließen voller Respekt das Krankenzimmer. Als alle bis auf meinen Vater gegangen waren, wurde mir deutlich, wie erleichtert meine Freunde waren, nicht an meiner Stelle zu sein. Ihr Schweigen dröhnte in meinen Ohren, ich hätte es nicht überhören können.

Was ich während der nächsten drei Tage durchlitt, war die schlimmste Form menschlichen Leidens: die Unentschlossenheit. Immer wieder betrachtete ich die Diagnose-Bilder, beriet mich noch einmal mit allen und entschied schließlich, eine weitere Meinung könne nicht schaden.

Ungeduldig erwartete ich am nächsten Tag den letzten Fachmann unserer Gegend. Sowie er eintraf, wurde er von meinen Kollegen mit Fragen überschüttet. Sie zogen sich eine Dreiviertelstunde lang zur Beratung zurück und kamen dann mit den Röntgenaufnahmen wieder. Der Arzt meinte im Wesentlichen das Gleiche wie die anderen, riet aber zu einem etwas anderen operativen Vorgehen: Stäbe von 18 Zentimetern Länge sollten ein Jahr lang in meiner Wirbelsäule bleiben, dann entfernt und durch 12 Zentimeter lange Stäbe ersetzt werden, die ich dann mein Leben lang in mir tragen würde.

Jetzt hatte ich die Option auf zwei Operationen statt einer. Ich lag da wie in Trance und sah zu, wie sich die Lippen des Experten bewegten, aber meine Aufmerksamkeit war woanders. Ich wollte nicht so tun, als wäre ich an seiner Prognose interessiert; ich wollte nicht gedankenlos nicken, nur damit er sich besser fühlte. Nach und nach klang seine Stimme ferner und ferner. Meine Zeitwahrnehmung wurde immer diffuser. Im Geist war ich weit von diesem Krankenzimmer entfernt. Ich dachte darüber nach, wie es wäre, mit einer ständigen Behinderung und wahrscheinlich permanenten Schmerzen zu leben. Vor meinem inneren Auge zogen Bilder von Patienten vorüber, denen ich begegnet war und die sich für die Harrington-Prozedur entschieden hatten: Sie mussten jeden Tag suchtauslösende Medikamente nehmen, um ihre höllischen Schmerzen zu unterdrücken und konnten ihnen trotzdem nie ganz entrinnen.

Ich grübelte: Was würde ich einem Patienten raten, der eine ähnliche Diagnose hatte wie ich? Wahrscheinlich, sich operieren zu lassen, weil es das Sicherste war, um wieder gehen zu können. Aber hier ging es um mich. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, mit einer solchen Behinderung und in einer gewissen Abhängigkeit von anderen zu leben. Bei dem Gedanken drehte sich tief in mir alles um. Das natürliche Gefühl der Unsterblichkeit, das mit Jugend, guter Gesundheit und einer bestimmten Lebensphase einhergeht, verließ mich allmählich, so wie die Zimmerwärme, die aus einem offenen Fenster strömt. Ich fühlte mich leer und verletzlich.

Ich konzentrierte mich wieder auf die gegenwärtige Situation. Der Arzt stand noch vor mir, mit seinen ganzen 1,90 Metern und 130 Kilo. Ich fragte ihn: »Meinen Sie nicht, dass die Harrington-Stäbe in meiner Brustwirbelsäule und einem großen Teil meiner Lendenwirbelsäule die normale Beweglichkeit der Wirbelsäule einschränken werden?« Aus dem Stand versicherte er mir, ich solle mir »keine Sorgen machen«, denn seiner Meinung nach gebe es in der Brustwirbelsäule ohnehin kaum Beweglichkeit; ich würde daher keinen Unterschied bemerken.

In diesem Augenblick veränderte sich alles für mich … Ich hatte mich viele Jahre lang in asiatischen Kampfkünsten geübt. Und meine Wirbelsäule war höchst beweglich. Etliche Jahre lang hatte ich täglich drei Sunden Yoga gemacht. Jeden Morgen war ich um fünf vor vier, also noch vor Sonnenaufgang, aufgestanden und hatte intensive Yoga-Übungsreihen absolviert, danach ging ich in den Chiropraktik-Unterricht. Zugegebenermaßen habe ich durch das Yoga mehr über die Wirbelsäule gelernt als in all den Stunden, die ich in Anatomie- und Physiologie-Seminaren verbrachte. Ich besaß sogar eine Weile in San Diego ein eigenes Yoga-Studio. Zum Zeitpunkt meiner Verletzung war Yoga ein wichtiger Bestandteil der körperlichen Rehabilitationsprogramme, die ich meinen Patienten empfahl. Ich wusste, dass in der Wirbelsäule weit mehr Beweglichkeit vorhanden ist, als dieser Arzt offensichtlich ahnte.

Und aus der Erfahrung mit meinem eigenen Körper wusste ich auch, dass ich in meiner Brustwirbelsäule eine Menge Beweglichkeit hatte. Es war also eine Frage der Relativität. Während der Arzt und ich miteinander sprachen, blinzelte ich zu Dr. Burns hinüber, der seinerzeit im College gemeinsam mit mir Yoga und Kampfkunst betrieben hatte. Er stand ein wenig hinter dem Arzt und bewegte seine Wirbelsäule in sechs verschiedene Richtungen. Ich sah ihm zu und stellte fest, dass ich die Antworten auf alle meine Fragen bereits kannte, denn sowohl durch meine Ausbildung wie auch dank meiner persönlichen Erfahrungen war ich zum Wirbelsäulenexperten geworden.

Schöpfer der Wirklichkeit

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