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Der Sturm

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Gewöhnlicher Stress ist sozusagen das schlechte Wetter des Gemüts, das kommt und geht, doch chronischer Stress ist gleichbedeutend mit einem Leben am Rande eines aufziehenden Unwetters. In einer derart instabilen Situation kann schon eine geringfügige Irritation wie die beiläufige Bemerkung eines Menschen ein Gefühl der Bedrohung hervorrufen und einen Teil unseres Gehirns aktivieren, der auf jede Bedrohung reagiert, als stünde unser Leben in Gefahr. Unsere Stimmung verfinstert sich, Donner grollt und Erinnerungen an vergangene Traumata blitzen auf. Gehen wir mit der Irritation nicht angemessen um, was einem unter chronischem Stress leidenden Gehirn nur allzu leicht passiert, dann kann sich unsere Aufgeregtheit enorm verstärken und einen Sturm hervorrufen. Angst, Wut und Überwältigung können zu einem Wirbel fliegender Trümmer anwachsen, der unsere Vernunft niedermacht und unser Wohlbefinden beeinträchtigt. Angriff oder Verteidigung folgt dann fast unausweichlich. Solche Erfahrungen lassen uns an der Behauptung zweifeln, dass wir mit dem erstaunlichsten System in der Welt der Biologie ausgestattet sind. Chronischer Stress bedeutet, dass im System etwas schief gelaufen ist. Dann ist das Gehirn aus dem Gleichgewicht, von Stresshormonen vergiftet und nicht zu höheren Intelligenzleistungen fähig.

Ihr lehrtet mich reden, und der ganze Vorteil, den ich davon habe, ist, dass ich fluchen kann.

William Shakespeare, Der Sturm

Die meisten Menschen glauben, es sei nicht möglich, chronischen Stress zu überwinden. Es ist möglich. Für einen unter Stress stehenden Geist mag es hoffnungslos schwierig erscheinen, dies zu erreichen, aber es ist einfacher, als wir denken. Die meisten Stressreaktionen lassen sich vermeiden. Der erste Schritt zur Überwindung von Stress besteht darin, keinen Wert mehr darauf zu legen, wie der Stress uns denken, fühlen oder die Welt sehen lässt. Manche Leute glauben, Stress habe einen Wert. Wenn ich in meinen Workshops von den Problemen spreche, die der Stress bereitet, dann wendet unweigerlich einer der Teilnehmer ein, Stress sei gut zur Motivierung von Menschen und erhöhe ihr Leistungsvermögen. Das stimmt nicht. Chronische und wiederholte Stressepisoden erzeugen vielmehr die gegenteilige Wirkung.

Gewiss ist der biologische Mechanismus, den wir Stressreaktion nennen, in spezifischen Situationen nützlich, jedoch nicht zur Aufrechterhaltung von Spitzenleistung. Eine ausgeprägte Stressreaktion kann uns in einer tatsächlichen und akuten Notsituation das Leben retten. Das ist fraglos eine gute und ganz wichtige Sache. Es gibt auch einen Aspekt von Stress, den man Eustress nennt. Hans Selye, der erste Wissenschaftler, der die Existenz von Stress nachwies, prägte diesen Begriff. Eustress ist ein kurzfristiger Spitzenwert der Erregung, der höchstens für einige Minuten andauert. Es ist die Erregung einer Achterbahnfahrt oder der Schreck, den ein Wecker auslösen kann, wenn er uns aus dem Schlaf reißt. Es kann der Adrenalinstoß sein, zu dem es kommt, wenn wir an ein Rednerpult treten oder die bloße Erregung des Aufblitzens einer kreativen Idee. Es kann auch eine Welle von Angst sein, wenn wir uns an das Nahen eines Stichtags erinnern. Eustress soll uns schnell auf Touren bringen. Sollte die Fahrt auf der Achterbahn plötzlich außer Kontrolle geraten oder die Angst uns am Rednerpult erstarren lassen, dann werden die niederen Gehirnfunktionen zunehmen, unsere Energie erschöpfen und die höheren mentalen Funktionen beeinträchtigen. Robert Sapolsky von der Stanford Universität hat diesen Sachverhalt wunderbar zusammengefasst. Die Stressreaktion „ist eine hervorragende Anpassung an die Situation, wenn Sie einem Bären über den Weg laufen – doch des Guten zu viel, und Sie kommen in Schwierigkeiten“.15 Wir können den Teufelskreis des Stresses ein für allemal durchbrechen.

WIR KÖNNEN LERNEN, UNSER GEHIRN SO ZU STEUERN, DASS ES UNS EINEN STRESSFREIEN GEIST LIEFERT, DAMIT WIR ERFÜLLEN KÖNNEN, WAS ZU ERFÜLLEN WIR FÄHIG SIND.

Das stressfreie Gehirn

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