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II.Methodische Konsequenzen
ОглавлениеDie von Florovsky und anderen erhobene Forderung nach einer Rückkehr zu den Vätern in der Form einer »neopatristischen Synthese« zieht entscheidende Konsequenzen auf der methodischen Ebene nach sich. Quellen und Grundlage des Theologietreibens sind nun nicht mehr nur wissenschaftliche theologische Abhandlungen. Vielmehr werden in Übereinstimmung mit dem Theologieverständnis der Väter auch Liturgie und liturgische Texte als Quelle für die und als Gegenstand der Theologie wiederentdeckt. Gleiches gilt für andere Texte der geistlichen Tradition.119
In der bis dahin vorherrschenden akademischen Tradition wäre es nicht denkbar gewesen, liturgische Texte als Basis einer systematisch-theologischen Abhandlung heranzuziehen. Dass heute eine maßgebliche Richtung innerhalb der gegenwärtigen orthodoxen Theologie sich als »Eucharistische Theologie« versteht, markiert deutlich den erfolgten Paradigmenwechsel. Von einem Unterkapitel der Sakramentenlehre, das vielleicht darüber hinaus noch innerhalb der praktischen Theologie behandelt wird, wird die eucharistische Erfahrung zum Kristallisationspunkt für Ekklesiologie, Christologie und Trinitätslehre. Liturgie wird zum integralen Bestandteil der Theologie, dem entscheidender Erkenntniswert für dogmatische Aussagen zukommt. Analoges gilt für die Ikonen als Ausdruck geistlicher Erfahrung. In der orthodoxen Theologie des 20. Jahrhundert wird eine Ikonentheologie entwickelt, die der Aussage der Ikone einen dogmatisch relevanten Rang zuerkennt.
Die Veränderungen in der Methodik zeigt auch ein Blick in die Bibliographien der theologischen Abhandlungen. Diejenigen Kirchenväter, deren Texte jetzt die Grundlage für neuere Ansätze bilden, wurden zuvor in der Tradition der »akademischen« dogmatischen Handbücher kaum zitiert. So erleben die Schriften von Pseudo-Dionysios Areopagita, Johannes Climacus, Maximus Confessor, Symeon dem Neuen Theologen u.a. eine wahre Renaissance. Textsammlungen aus der geistlichen Tradition wie die Philokalie oder die Apophthegmata Patrum rücken wieder in das Zentrum des Interesses und werden Gegenstand theologischer Wissenschaft. Eines der eindrücklichsten und bekanntesten Beispiele für diese Veränderung in der theologischen Methodik ist die zum Klassiker gewordene »Theologie der morgenländischen Kirche« von Vladimir Lossky, die das »in unserem Sinne 'theologische' Problem, die Frage der Gotteserkenntnis, anhand der Schriften vorwiegend asketischer Schriftsteller behandelt«.120 Wie noch zu zeigen ist, hat dieses Buch zudem auch einen wichtigen Beitrag zur erkenntnistheoretischen Reflexion des erwähnten Paradigmenwechsels geleistet.
Auch die Themen der frühen Arbeiten, (z.B. der Dissertationen) von Nellas, Yannaras und Zizioulas zeigen dieselbe Tendenz, sich solchen Theologen zuzuwenden, die zuvor kaum Beachtung gefunden haben: Zizioulas arbeitet über Maximus Confessor, Nellas über Nikolaos Kabasilas und Yannaras über Pseudo-Dionysios Areopagita.