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1.Pneumatologie

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Ein wichtiges Themenfeld in der neueren orthodoxen Theologie ist die Pneumatologie. In der Thematik des »Filioque« (der trinitätstheologischen Frage nach dem Hervorgang des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn bzw. nur aus dem Vater) bildet sie den traditionellen Konfliktpunkt zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche, der im unterschiedlichen Trinitätsverständnis in der Ost- und der Westkirche begründet liegt. Im 20. Jahrhundert erfährt die Pneumatologie aber nicht nur als kontroverstheologischer Streitpunkt Aufmerksamkeit, auch wenn durch die Ökumenische Bewegung auch diese konfessionellen Unterschiede den orthodoxen Theologen erneute Auseinandersetzungen und Stellungnahmen abfordern. Vielmehr sind es Entwicklungen innerhalb der westlichen Theologie des 20. Jahrhunderts, die den energischen Widerspruch orthodoxer Theologen hervorrufen. Insbesondere dem protestantischen Theologen Karl Barth wird von orthodoxen Theologen der Vorwurf gemacht, er errichte seine Theologie auf einer exklusiv christologischen Basis. Scharfe Kritik an seinem und an ähnlich gelagerten Entwürfen westlicher Theologie üben die orthodoxen Theologen Vladimir Lossky und Nikos Nissiotis. Es ist vor allem der russische (Exil-)Theologe Vladimir Lossky (1903-1958), der der westlichen Theologie »Geistvergessenheit« vorwarf.123 Der Grieche Nikos Nissiotis (1924-1986) greift die Kritik Losskys auf, führt sie weiter und prägt den Begriff des »Christomonismus« der Westkirche. Aus dem gleichen Grund, dass nämlich der Pneumatologie nicht die ihr zukommende Rolle eingeräumt werde, äußern orthodoxe Theologen auch Kritik am Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanums. Dort werde die Kirche zunächst christologisch hergeleitet und erst »danach«, sekundär, in pneumatologischer Hinsicht betrachtet. Gegenüber solchen westlichen Tendenzen fordern orthodoxe Theologen, die Pneumatologie müsse eine konstitutive Rolle innerhalb der Systematischen Theologie spielen. Sie dürfe nicht nur in Abhängigkeit von der Christologie gedacht werden. Lossky spricht sogar von einer speziellen »Ökonomie des Heiligen Geistes« neben der »Ökonomie des Sohnes«. Zizioulas bezeichnet Entwürfe dieser zugespitzten Ausprägung als »Extrempositionen« in der orthodoxen Theologie. In einer präziseren Herausarbeitung der Funktion der Pneumatologie und in der theologischen Verhältnisbestimmung zwischen der christologischen und der pneumatologischen Dimension sieht er ein wichtiges Desiderat der neueren orthodoxen Theologie.124 Zizioulas hat sich dieser Aufgabe selbst in einigen seiner Arbeiten gewidmet. Die Verhältnisbestimmung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie ist in seiner Theologie zentral.125

Aufgrund der konstitutiven Rolle, die der Pneumatologie innerhalb der orthodoxen Theologie zukommt und ohne die auch das Konzept einer Neopatristischen Synthese nicht zu denken ist, ist sie von zentraler Bedeutung quer durch alle theologischen Traktate hindurch. Für eine orthodoxe theologische Anthropologie ist sie besonders im Blick auf die Ekklesiologie und die Sakramententheologie relevant, die geradezu als »Entfaltung« einer orthodoxen theologischen Anthropologie betrachtet werden kann.

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