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2.Ekklesiologie
ОглавлениеDie geforderte konstitutive Rolle der Pneumatologie innerhalb der Theologie wird deutlich in einem weiteren wichtigen Themengebiet der orthodoxen Theologie des 20. Jahrhunderts, der Ekklesiologie. Zizioulas bezeichnet sie sogar als »das theologische Thema unseres Jahrhunderts«.126 Dass die Ekklesiologie in einer Theologie, die sich so stark ihrer kirchlichen Tradition und Verortung bewusst ist, eine wichtige Rolle spielt, ist zunächst nicht ungewöhnlich. Neu von der Pneumatologie und deren zentraler Bedeutung für die Ekklesiologie her bedacht wurde die Ekklesiologie bereits in der russischen Theologie des 19. Jahrhunderts von Chomjakov und der Bewegung der Slawophilen. Unter dem Begriff der »Sobornost«, kennzeichnete sie eine eigene Strömung innerhalb der russischen Theologie, die jedoch schon bald innerhalb der orthodoxen Theologie (u.a. von Florovsky) heftig kritisiert wurde.127 Diskutiert wird in der neueren orthodoxen Theologie im Anschluss an die von Chomjakov angeregte Debatte vor allem das Verständnis der Katholizität der Kirche und in diesem Zusammenhang das Verhältnis von Ortskirche und Universalkirche sowie das Verhältnis von Eucharistie und Kirche.
Das Verhältnis von Eucharistie und Kirche steht im Zentrum der Eucharistischen Ekklesiologie, die im 20. Jahrhundert von orthodoxen Theologen entfaltet wurde. Sie versteht Kirche zuallererst als eucharistische Gemeinschaft. Wenn sich die Kirche an einem Ort versammelt, um Eucharistie zu feiern, um durch den Empfang des Leibes Christi selbst zum Leib Christi zu werden, dann entsteht Kirche.128 Diese Eucharistische Ekklesiologie stützt sich auf eine lange biblische (vor allem 1 Kor 10,16f.) und patristische Tradition. Für ihre moderne Ausprägung steht zuerst der russische Theologe Nikolaj Afanas'ev (1893-1966). In der zur Eucharistie versammelten konkreten Einzelgemeinde sah er die katholische Kirche in ihrer Vollgestalt verwirklicht. Entscheidende Korrekturen erhielt die Eucharistische Ekklesiologie durch Alexander Schmemann und Joannis Zizioulas. Der lange Zeit in Amerika lehrende russische Theologe Alexander Schmemann gab der neueren orthodoxen Theologie durch seine Arbeiten auch in einem weiteren wichtigen Themenfeld, der Liturgie, wichtige Impulse. Auch Nellas, Yannaras und Zizioulas verdanken ihm wichtige Anstöße. Eng mit der Ekklesiologie und dem Liturgieverständnis verknüpft sind zudem weitere Fragen der Sakramententheologie und Amtstheologie, die durch den Ökumenischen Dialog neue Dringlichkeit erfahren.
Für die Anthropologie von Ioannis Zizioulas, Christos Yannaras und Panagiotis Nellas bildet die Liturgie als zentraler Ort der ekklesialen Erfahrung einen entscheidenden Bezugspunkt. Die systematische Durchdringung einer Eucharistischen Ekklesiologie steht im Denken von Ioannis Zizioulas in engster Verbindung mit dem Personsein des Menschen. Die Eucharistie ist gewissermaßen das »Herz«129 seiner gesamten Theologie. Von seinem personalistischen Denkansatz her reflektiert er die Ekklesiologie, wie er umgekehrt von seiner Eucharistischen Ekklesiologie her sein Personverständnis entwickelt.