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Exkurs: Konsum als systemrelevant

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Übermäßiger sozialer Vergleich ist ungesund, treibt aber den Konsum an und fördert den Wohlstand im systemischen Sinne. Konsum stabilisiert unseren Staat, in dem er in besonderer Weise der Wirtschaft ermöglicht zu wachsen. Konsum ist also in unserer Wirtschaftsweise im Grunde eine staatsbürgerliche Pflicht. Dies galt bisher meist, ohne dass dies so benannt wurde. Jetzt in der Corona-Krise drehte es sich nach dem Lockdown aber alles darum, den Konsum wieder anzukurbeln, um ein wirtschaftliches Zusammenbrechen bzw. eine schwere Rezession zu vermeiden. Dies wurde jetzt auch so ausgesprochen. Damit wurde offensichtlich, dass unser Wirtschaftssystem auf gefährliche Art und Weise verletzlich ist und Konsum systemrelevant. Ohne Konsum können wir diese Wachstumswirtschaft nicht retten, wie ungesund!

Wir kommen als Bürger hier in ein Dilemma: Zum einen haben wir die ethische Verpflichtung, besonnen zu konsumieren, um Ressourcen zu schonen und klimafreundlich zu handeln, zum anderen haben wir die moralische, offensichtlich staatsbürgerliche Pflicht zu konsumieren, damit unser Wirtschaftssystem nicht zusammenbricht.

Weiterhin werden wir implizit „gezwungen“, die Missachtung unseres Grundgesetzes durch unsere Wirtschaftsweise zu ignorieren mit der Folge, dass wir uns meist unbewusst aber doch im Hintergrund mitschuldig fühlen an den vom Staat zugelassenen massiven Rechtsbrüchen,

im Besonderen an GG § 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, § 2, Abs. 2. „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ und § 14, Abs 2 „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Wieso die Staatsmacht darin keine krasse Divergenz sieht, darüber mehr in Kapitel 4 bei der Erörterung des sogenannten „freien“ Marktes.

Gleichzeitig wissen wir, dass ausufernder Konsum uns als Menschen nicht glücklich macht, müssen aber auch dieses ignorieren, um „den Wohlstand“ zu erhalten, der uns versprochen ist, und dürfen hier keine Gefährdung zulassen.

Das alles bedeutet eine innere Zerr-Spannung, sie setzt uns ungeheuer unter Druck, weil wir es nicht richtig machen können. Mit jeder Positionierung verstoßen wir gegen eine Pflicht. Das ist quasi wie ein unbewusstes, aber loderndes Feuer für unser Stress-System und fördert Gefühle der Ohnmacht.

So ein verletzliches System stützen zu müssen ist also an sich unerträglich. Aus der Sicht mündiger Bürger müssen wir dagegen sozialen Widerstand leisten, aber in der Form, dass wir an einer Umwandlung des Wirtschaftssystems arbeiten mit dem Ziel, dass es funktioniert, auch wenn wir nicht mehr sinnlos ausufernd konsumieren. Ein solches Wirtschaftssystem ist die Gemeinwohl-Ökonomie, in der die genannten Dilemmata aufgehoben sind. Wohlstand bedeutet hier genug zu haben, uns aber auch aus den inneren Zerr-Spannungen befreien zu können und gemeinsam mit unseren Mitmenschen zu kooperieren. Der soziale Vergleich ist vermutlich nicht gleich völlig aufgehoben, wird aber mäßiger und hat nicht mehr die Getriebenheit zum Konsum.

Die Gemeinwohl-Ökonomie und wie der Prozess der Umwandlung dorthin gelingen kann, beschreibe ich in Kapitel 5.

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