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Lärm durch das Volksfest

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Herr Feucht besitzt zwei Grundstücke, wovon das eine mit einem Wohnhaus, das andere mit einem Ladengeschäft bebaut ist. Beide Grundstücke werden im Westen durch eine Straße begrenzt. Im Osten steht die Dorfkirche. Frau Zank ist Eigentümerin des südlich davon gelegenen Grundstücks, das mit ihrem Wohnhaus bebaut ist.

In der Gemeinde findet jährlich Anfang Mai ein Weinfest statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Gemeinde auch jährlich ihre „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 Meter langen „Kerwemeile“ an verschiedenen Plätzen Musik und Spezialitäten angeboten.

Herr Feucht beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Bewirtung auf seinen Grundstücken mit mehreren Bierzeltgarnituren, vereinzelten Stehtischen und der Ausschankstelle. Er bringt auch Lautsprecher an, die vom Wohnhaus der Frau Zank etwa 35 Meter entfernt sind.

Für das Weinfest im Mai 2015 erteilte die Gemeinde Herrn Feucht neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach dem Gaststättengesetz (GastG) auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik bis maximal 24.00 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten und ähnlichen Geräten.

Da sich Frau Zank in der Vergangenheit bei der Gemeinde bereits mehrfach über von der Ausschankstelle des Herrn Feucht ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Gemeinde mit Frau Zank die Durchführung von Lärmmessungen während des Weinfests. Diese ergaben am Anwesen von Frau Zank an unterschiedlichen Tagen und Zeiten Werte zwischen 59 dB(A) und 67 dB(A).

Mit neuem Bescheid erteilt die Gemeinde Herrn Feucht anlässlich des Weinfests im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis hat die Auflage, die Außenbewirtschaftung nachts um 1.00 Uhr beziehungsweise um 2.00 Uhr zu beenden. Ab 22.00 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.

Zur Begründung führt die Gemeinde aus, die „Woi- und Quetschekuchekerwe“ sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert.

Frau Zank sieht sich in ihrer Ruhe und ihrem Schlaf gestört und wendet sich gegen die erteilte gaststättenrechtliche und immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen.

Gesetz und Recht: Nach dem Gaststättengesetz (GastG) kann die Behörde zunächst eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung und nach dem Landesimmissionsschutzgesetz eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Entscheidend ist, ob Frau Zank dadurch materiell-rechtlich beschwert ist. Die Ausnahmegenehmigung erfordert eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Teilnehmer am Volksfest und der betroffenen Nachbarin, die sich auf die Regelungen des Landesimmissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berufen kann. Die TA Lärm gestattet für seltene Ausnahmefälle Abweichungen von den festgelegten gebietsverträglichen Lärmbelastungen. In der Sache selbst war eine Abwägung zwischen dem Interesse der Bürger an dem traditionellen Volksfest für wenige Tage im Jahr und dem Ruhebedürfnis der Anwohnerin vorzunehmen.

Hier war das Volksfest bereits zu Ende, als die Entscheidung erging. Da eine Wiederholung im nächsten Jahr droht, besteht daher die Möglichkeit, nach Erledigung des Verfahrens durch das Gericht eine Feststellung treffen zu lassen, was für die Zukunft gelten muss (Fortsetzungsfeststellungsklage).

Wie geht es weiter? Hier wird sich zukünftig die Behörde an die Feststellungen des Gerichts halten, da ansonsten eventuell Schadenersatzansprüche drohen.

Gut beraten im Nachbarschaftsrecht

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