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Von der Planitz

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Ich habe bereits erwähnt, dass die einzige echte grosse Liebe meiner Grossmutter der schneidige Reiteroffizier Max von der Planitz war, General der Feldartillerie, Adjudant und Lehrer des Kronprinzen, ein blendender Reiter und Schütze und ein grosser Jäger. Meine Mutter hat ihren Goßvater, den sie nur kurz kannte, vergöttert. Denn er war zauberhaft zu ihr, ging eines Tages im Tiergarten in voller Uniform und mit dem Gewehr über dem Arm spazieren – das konnte man sich damals als hoher preussischer Offizier leisten - und sagte, ob sie wolle, dass er ihr mal ein Eichhörnchen schiesst.

Au ja!

Er geht weiter, bedeutet ihr, ganz still zu sein, zeigt ihr auf einem Baum ein kleines Tier, legt an und holt das mit einem Schuss herunter, indem er den Ast abschiesst. Meine Mutter rennt hin und findet ein süsses Stofftier, das er vorher auf den Ast gesetzt hatte. So war er!

Das Stofftier hat bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet und räudig aber sehr geliebt sogar den Tod meiner Mutter überdauert.

Max von der Planitz war ein preussischer Offizier von echtem Schrot und Korn und vom Kaiser hoch geachtet, der ihn zum Adjudanten des Kronprinzen bestimmte, damit der Junge mal Zucht und Ordnung und das Artilleriewesen lernen könne. Ich habe heute noch die handschriftlichen Aufzeichnungen meines Grossvaters, mit denen er dem Kronprinzen Geschützstellungen, Schusswinkel und ähnliches verdeutlichte.

Eines Tages war der Kronprinz irgendwohin gereist, ohne meinen Grossvater, und sollte mit der Bahn zurückkommen. Auf dem Bahnhof warteten mein Grossvater proper gewandet in Paradeuniform und die Kronprinzessin mit ihrem kleinen Hund auf dem Arm. Der Zug fährt ein und hält nicht akkurat am roten Teppich, sondern 50 m weiter.

Damit sie zur Waggontür eilen kann, drückt die Kronprinzessin meinem Grossvater den Hund in den Arm und der lässt ihn wortlos fallen.

Grosses Geschrei, die Kronprinzessin geht zum Kaiser und verlangt die Entlassung des von der Planitz.

Darauf der Kaiser: „Meine Liebe, ich muss mich doch sehr wundern über Dich. Du kannst doch nicht im Ernst einem preussischen Offizier einen Hund in den Arm drücken. Wenn der mit so was gesehen wird, kann er seinen Abschied nehmen, als Lacher der ganzen Armee. Dass mir so eine Sottise bitte nicht wieder vorkommt“.

Damals war die Welt noch in Ordnung.

Was meinem Grossvater allerdings nie gelungen ist, war, dem Kronprinzen anständig Reiten beizubringen. Auf allen Fotos sitzt der auf dem Pferd wie der Affe auf dem Schleifstein.

Am 11. Oktober 1915 besichtigt der Kronprinz mit seinem Adjudanten von der Planitz die Front und beide besteigen einen Turm, um von dort aus das Schlachtfeld zu überblicken. Von diesem Augenblick gibt es tatsächlich ein Foto, das die beiden auf dem Turm zeigt – wir, d. h. meine Grossmutter und ich, haben es zufällig im STERN in einem Bericht über den Kaiser gefunden und es hängt jetzt bei mir zuhause. Als sie das Schlachtfeld studiert haben, steigt der Kronprinz die Treppe hinab und geht zu seiner Entourage und den Pferden. Mein Grossvater bleibt zurück, um noch mal eine bestimmte Schlachtformation in Augenschein zu nehmen. In diesem Augenblick trifft ein Volltreffer den Turm und pulverisiert ihn.

Obwohl ich meinen Grossvater natürlich nie gekannt habe, trage ich, seitdem ich jage, sein Abzeichen am Jägerhut, das ihn als Mitglied der kaiserlichen Jagdgesellschaft auswies. Das bedeutende Grabmal meines Grossvaters steht auf dem Darmstädter Friedhof (1920 in Darmstadt angefertigt von Ludwig Habich (1872 - 1949 ), der auch andere Denkmäler in Darmstadt schuf, zum Beispiel das Goethe - Denkmal im Herrngarten (1903 mit Adolf Zeller)). Ich habe es durch den Prof. Habich vor Jahren wieder renovieren lassen.

Eine vorletzte kleine „Heylsgeschichte“ sei mir noch erlaubt: Einer der Söhne meines Patenonkels Ludy war Leonhard, der das Landgut „Nonnenhof“ in der Rheinaue betrieb, auf dem ich meinen ersten Porsche-Trecker kennenlernte – heute habe ich eingedenk dessen drei Stück davon, die alle in meiner Jagd ihren Dienst verrichten – und mit dem ich eng befreundet war. Der hatte einen Hofhund namens „Seltsam“, einen riesigen Riesenschnauzer, der mich dazu brachte, täglich um 5 Uhr 30 aufzustehen, denn da kam er in mein Bett, das dann für mich keinen Platz mehr hatte.

Seltsam war ein Zauberhund und überaus freundlich, half sogar den Zigeunern noch beim Klauen, also als Wachhund eine echte Null. Daraufhin wurde er einem Hundetrainer in Erziehung gegeben, der ein halbes Jahr mit ihm arbeitete und ein Vermögen kostete und am Ende bewies, dass Seltsam knurren und bellen und sich gar bedrohlich aufführen konnte, als er ihn wieder auf dem Nonnenhof ablieferte.

Der gute Mann wurde entlohnt, fuhr vom Hof, und fortan war Seltsam wieder der liebe Hund, der den Zigeunern wegtragen half. Nix war mit Mannschärfe und so, Reinfall auf der ganzen Linie.

Bis eines Tages der Hundetrainer auf den Hof fuhr, um mal zu schauen, wie sich sein Eleve so gemacht hat. Seltsam liegt in der Sonne, sieht den Typen aussteigen, geht hin – und beisst ihm jesusmässig in den Arsch. Hat also doch geholfen, das Training!

Und zum Schluss: Geppi von Heyl, mein Bundesbruder, heiratete Helene von Gemmingen genannt Leneli, ein zauberhaftes Mädchen, aber katholisch, was für die stark evangelischen von Heyls schon etwas befremdlich war. Aber der Charme der Braut und, bei den Heyls wie wir wissen nicht ganz unwichtig, der alte Adel machten das erträglich.

Was wir alle weniger goutierten, war, dass Geppi und Leneli zum Hochzeitsball Frack befohlen hatten. Wer von uns hatte denn damals einen Frack? Wer hat eigentlich heute einen? Also lieh ich mir einen beim Theaterverleih in Heidelberg. Der war zu gross, so dass mir alle paar Minuten infolge der Zugwirkung der mächtigen Hosenträger die Hose in der weissen Weste nach oben stieg wie Hochwasser, was sehr blöd aussah. Zudem waren die Hosenbeine so weit, dass man die Schuhe nicht sehen konnte. So stand ich den ganzen Abend vor einer Säule und rührte mich nicht, was mir allerdings die Teilnahme an den idiotischen Spielen ersparte, die doch tatsächlich befohlen wurden – Sackhüpfen, Eierlaufen und so.

Diese Hochzeit werde ich nie vergessen!

Das Leben findet während der Fahrt statt

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