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Zweiter Abschnitt

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Im Inneren der Kirche waren an den Steinmauern ringsum Heiligenfresken zu sehen, die im Laufe von vielen hundert Jahren stark verblasst waren. Während ich auf einem Holzstuhl mit Schnitzereien in der Nähe des Altars Platz nahm, informierte sich Charlie an der Anschlagtafel über die Geschichte der Kirche.

»Wie lautet Ihre Geschichte, Pater?«, fragte ich den Priester auf Rumänisch. »Was hat Sie an diesen abgelegenen Ort verschlagen?«

»Ich habe immer davon geträumt, Gott zu dienen«, antwortete er und hob den Blick zu der Jesus-Darstellung an der vorderen Wand. »Als Kind habe ich abends in meinem Zimmer immer heimlich gebetet. Nach der Schule ging ich meistens schnell nach Hause, schloss die Zimmertür und las in der Bibel. Wenn ich morgens aufwachte, sagte ich, während ich mich im Bett streckte, als Erstes ›Guten Morgen, Gott‹. Ich wusste, dass er hier im Zimmer bei mir war. Ich konnte seine Gegenwart und seine Liebe spüren. Kinder spüren solche Dinge, wissen Sie das?«

Ich nickte und lächelte. Er strahlte so viel Freundlichkeit und heitere Gelassenheit aus.

»Und dann wurde ich erwachsen«, fuhr er fort. In seiner Stimme schwang leichte Traurigkeit mit. »Meine Freunde interessierten sich nicht für Gott. Niemals habe ich ihnen von meinem Traum, Geistlicher zu werden, erzählt. Wir redeten über Musik, Freundinnen und andere Menschen – nur nicht über unsere Träume. Machten Pläne für unsere Studienzeit. Und dann verliebte ich mich in ein Mädchen, das ein paar Jahre älter war als ich. Sie nahm nicht mal wahr, dass ich überhaupt existierte, aber ich konnte fast ein Jahr lang nur noch an sie denken.«

»Ich weiß, wie so was ist«, warf ich ein. »Uns allen wurden so beiläufig die Herzen gebrochen, wie ein Stiefelabsatz einen Zigarettenstummel zerdrückt.«

»Ich verbrachte immer weniger Zeit mit meinen Büchern und dachte immer weniger an das, was mir wirklich am Herzen lag. Am Ende meiner Studienzeit hatte ich Gott vergessen.«

»Aber jetzt haben Sie Ihre Kirche …«

»Ich habe Ingenieurswissenschaften studiert und zehn Jahre lang für ein Software-Unternehmen gearbeitet. Ich wohnte in der Stadt und verbrachte die Abende mit meinen Freunden. Wir machten zusammen Sport oder gingen etwas trinken und unterhielten uns. Es war ein leichtes Leben, aber irgendetwas daran machte mir zu schaffen. In meinem Herzen war eine Leere, die durch nichts gefüllt werden konnte, wie mir schien. Dieses Vakuum schnürte mit früh am Morgen, wenn ich aufwachte, und spät am Abend vor dem Einschlafen geradezu die Luft ab. Am schlimmsten waren die Sonntage.«

»So ist das Leben für die meisten von uns«, sagte ich.

»Als ich dreißig wurde«, fuhr er fort, »gab mir ein Freund ein Geburtstagsgeschenk: ein Buch, in dem es um uralte spirituelle Überlieferungen aus aller Welt ging. Ich las es abends und an den Wochenenden. Las es im Bus auf dem Weg zur Arbeit und während der Mittagspausen. Die Geschichten und Parabeln, die Fotoaufnahmen von uralten Klöstern und heiligen Stätten riefen mir meine Kindheit ins Gedächtnis – und erweckten den Traum in mir, Geistlicher zu werden.

Während der Wochenenden reiste ich zu einem Kloster in den Bergen und blieb dort stundenlang im Garten, um mir die durch Lautsprecher übertragenen Predigten anzuhören. Jeden Tag machte ich nach der Arbeit lange Spaziergänge durch den Park und begann, mit Gott zu sprechen, wenn niemand zusah. Ich ging auch bei strömendem Regen durch den Park. Dann war kein Mensch dort und ich konnte etwas lauter sprechen. Ich hatte vergessen, wie man betet, also erzählte ich einfach nur die Wahrheit – und Gott half mir. Ich sprach einfach aus der Tiefe meines Herzens.«

»Sie haben in diesem Park mit Gott gesprochen?«, fragte ich.

»Ich wusste es damals nicht, aber ja, das habe ich tatsächlich getan. An dem Tag, als ich mein Herz öffnete und mit meinem ganzen Wesen die Wahrheit erkannte, antwortete Gott meinen Gebeten und hob den Stein von mir, unter den ich gekrochen war. Zum ersten Mal seit zehn Jahren fühlte ich mich frei. Im Laufe der Zeit fiel mir auf, dass sich die Leere in meinem Herzen füllte, wenn ich in der Bibel und in den Büchern von Heiligen las oder am Wochenende das Kloster aufsuchte. Aber wenn ich bei der Arbeit war und Software schrieb, empfand ich diese Leere sogar noch schlimmer als zuvor. Die Kluft zwischen dem, was mein Herz verlangte, und dem, was ich tatsächlich tat, wurde so groß, dass ich sie nicht länger ertragen konnte. Ich wurde krank, konnte nicht mehr schlafen und tagelang nicht aus dem Bett aufstehen. Mir war klar, was ich tun musste, doch mir fehlte der Mut, es durchzuführen.«

Ich dachte einen Augenblick über die Worte des Paters nach. »Ich habe Freunde, denen es derzeit ähnlich geht«, bemerkte ich dann. »Sie spüren, dass sie etwas Neues mit ihrem Leben anfangen wollen, haben jedoch Angst, den Sprung ins Unbekannte zu tun. Ihre Arbeit saugt ihnen buchstäblich jede Lebenskraft aus. Ständig kämpfen sie mit Ängsten und Depressionen, manche auch gegen Suchtabhängigkeit. Das greift auch ihre Gesundheit an.«

»Ich habe dreißig Jahre dazu gebraucht, dieses Rätsel zu lösen, mein Sohn. Falls Sie die Wahrheit erfahren und wissen möchten, warum all das Ihren Freunden zustößt, werde ich es Ihnen erklären. Ich weiß darüber Bescheid, weil es mir genauso ergangen ist.

In jedem von uns hat Gott auf dieser Erde eine Heimstatt. Der Geist Gottes wohnt in uns. Gott legt seinen Geist in unsere Herzen. Es ist sein Geist, der uns Leben schenkt. Der Geist Gottes verleiht unseren Körpern Stärke, unseren Seelen Frieden und unseren Herzen Liebe.

Geben Sie jetzt acht, denn diese eine Offenbarung kann Ihr ganzes Leben heilen und verwandeln. Jesus nannte den Geist Gottes den Geist der Wahrheit. Das Leben Gottes in unseren Herzen ist tatsächlich der Geist der Wahrheit. Das Leben und die Wahrheit sind eins. Die hartnäckige Stimme des Herzens, die einen auffordert, etwas Bestimmtes im Leben zu tun, ist die Stimme Gottes. Sie befiehlt einem, die eigene Bestimmung zu erfüllen. Wenn man darauf hört und dem Herzen folgt, bezeugt man dem Geist Gottes im eigenen Inneren Ehre. Dann fließen Ströme des Lichts aus dem Inneren und man empfindet ein Hochgefühl, ist voller Enthusiasmus.

Das Wort Enthusiasmus setzt sich übrigens aus den griechischen Wörtern en (innen) und theos (Gott) zusammen. Wörtlich übertragen bedeutet Enthusiasmus also Gott im Inneren. Wenn man den Geist der Wahrheit in Ehren hält, wird der Körper geheilt, der Verstand geschärft und das Herz in Liebe gebadet. Wenn man nicht dem Herzen folgt und sich nicht an die Wahrheit hält – eben so habe ich mich zehn Jahre lang verhalten, als ich trotz meiner Berufung, Geistlicher zu werden, als Informatiker gearbeitet habe –, unterdrückt man den Willen Gottes in seinem Inneren.

Natürlich schiebt man mit seinem Verstand alle möglichen Gründe dafür vor, dass man seine Bestimmung nicht erfüllen kann. In Wirklichkeit lügt man sich nur selbst etwas vor und unterdrückt die Wahrheit. Und wo die Lüge herrscht, kann nicht der Geist der Wahrheit wohnen. Denn Wahrheit und Leben sind, wie gesagt, eins. Wenn man die Wahrheit zurückweist, schneidet man sich selbst von der Quelle des Lebens ab. Deshalb haben die Menschen das Gefühl, dass ihnen die ganze Lebenskraft herausgesaugt wird, wenn sie auf Arbeitsstellen oder in Beziehungen verharren, in denen sie sich unwohl fühlen. Dieses Gefühl sagt tatsächlich, was ist. Wenn man von der Quelle des Lebens abgeschnitten ist, wird der Körper schwach, die Seele ängstlich und das Herz hohl und leer.«

»All das leuchtet mir vollkommen ein«, sagte ich.

»Das Geheimnis reicht sogar noch tiefer. Gott ist Liebe. Deshalb sind Liebe, Leben und Wahrheit eins. Und deshalb ist das ganze Leben eines Menschen ein Leben der Liebe, wenn er dem Herzen folgt und die Wahrheit in Ehren hält.«

»Was also soll man tun?«

»Man braucht niemanden, der einem sagt, was zu tun ist. Gott schreibt den Menschen ihre Bestimmung ins Herz. Hört man auf seine Stimme, braucht man keinen, der einen belehrt. Und das ist keine Phrase, sondern die schlichte Wahrheit. Was tun Sie selbst voller Liebe? Die Wahrheit liegt stets in Ihrem Inneren. Prüfen Sie aufrichtig Ihr Herz. Sorgen Sie dafür, dass alles darin ans Licht kommt und Sie keiner Selbsttäuschung erliegen. Die qualvolle Leere, die wir spüren, ist ein Alarmzeichen. Sie sagt uns, dass wir die Wahrheit in unserem Herzen verankern müssen. Begegnen Sie Gott mit reinem Herzen. Dann werden Sie das finden, was er für Sie vorbereitet hat. Wissen Sie denn nicht, dass er es ist, der Ihnen Ihre Träume schickt? Würden Sie vor Gott stehen und er würde Sie fragen: ›Hast du deine Bestimmung in der Welt erfüllt?‹ – was würden Sie antworten? Haben Sie keine Angst. Niemals entzieht Gott Ihnen den Ruf, mit dem er Ihnen Ihre Lebensbestimmung gibt. Aber Sie müssen auf seine Stimme hören.«

Verwirklichung deiner Träume

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