Читать книгу Rho - E. S. Schmidt - Страница 13

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Keith hatte Wangs Büro übernommen und lief jetzt darin auf und ab, während er darauf wartete, dass der Anruf zu seinem Vater durchgestellt wurde. Das Netz war offenbar am Arsch, und er überließ es Wang, es immer und immer wieder zu versuchen. Wang saß am Schreibtisch und fummelte an seinem Screen herum. Gelegentlich entfuhr ihm ein Fluch. Die Bilder aus Green Sands hatten ihn wohl ziemlich aufgewühlt.

Auch Keith spürte die Aufregung noch. Schwärme von Mantis, Feuergefechte, Menschen, die in Sicherheit gebracht wurden. Aber das Bild, das ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, war ein anderes. Ein Soldat, der sich gerade so an einer Abbruchkante hielt, ein anderer, der ihn hinaufzog. Und dann, bevor sich ihre Hände voneinander lösten – eine Umarmung. So kurz, mit einem Blinzeln hätte man sie verpasst. Und doch war sie da gewesen.

Seltsam, dass ihm gerade dieses Bild nachging. In seiner Familie waren Umarmungen nicht üblich. Nur Phil hatte einmal die Arme um ihn gelegt – tröstend und ermutigend nach einer vermasselten Klausur. Diese Erinnerung schien so fern zu liegen, dass er sie vielleicht verloren hätte, hätte dieses Bild heute sie nicht wieder hervorgeholt. Er zog den weißen König aus der Hosentasche und betrachtete ihn.

Endlich flimmerte der Wandscreen auf und trotz einiger Störungslinien war Vater zu erkennen.

»Ich habe mich schon gefragt«, ein keuchender Atemzug, »wann du dich zu melden gedenkst.«

Keith steckte den König wieder ein. »Sorry, Dad. Das Netz ist überlastet. Es hat einen Angriff auf Green Sands gegeben.«

»Habe ich … mitbekommen.«

Vater trug den Sauerstoffschlauch nicht, und der Pilz in seinen Lungen zwang ihn zu einer rhythmischen Sprache, kurze Sätze, eilig hervorgepresst zwischen keuchenden Atemzügen. Noch sechs Tage bis zur OP. Aber auch diese Transplantation würde nur ein paar Jahre Erleichterung bringen. Der Pilz, der die Lungenbläschen verklebte, war zu tief im Körpergewebe verwurzelt und schickte sofort wieder Sporen in das neu eingepflanzte Organ.

»Green Sands? Hast du nicht an das Risiko gedacht?«

»Wir haben alles unter Kontrolle, Dad. Die Helme sind verspiegelt, niemand wird an Klone auch nur denken.«

Die Berichterstattung aus Green Sands war natürlich viel umfangreicher als aus den Käffern, die bisher von den Mantis angegriffen worden waren. Diesmal würde es auch Filmberichte geben. Aber im Grunde war das genau das, was er brauchte. Die Menschen würden sich nicht nur an den Anblick der MinerVa-Einheiten gewöhnen, sie würden ihn sogar begrüßen – und auch wenn Vater das nicht guthieß, es war durchaus in Keiths Sinne.

»Dad, ein MinerVa-Village war bedroht. Außerdem hat Wang mit MediCare und Bahi-A eine Kostenbeteiligung ausgehandelt.«

Vaters Bild flackerte. »Es kursieren bereits Bilder … Die Leute sprechen von … Soldaten.« Er betonte das Wort, als wäre das etwas Abwegiges, aber sie waren Soldaten.

»Das liegt vermutlich an den Com-Helmen und den neuen Arbeits-Overalls. Die FRT-Panzerung aus Vijays Abteilung sieht ziemlich martialisch aus.«

»Verluste?«

»Zwei Vorarbeiter. Sonst nur ein paar kleinere Blessuren, und etwa zwanzig Ausfälle bei den Einheiten. Und keine von ihnen wurde in Green Sands zurückgelassen.«

»Rhos oder Sigmas?«

»Beides. Du bekommst die genauen Zahlen von Wang in einer Stunde.« Wang würde die abgeschossenen Klone genauso abschreiben wie den Heli und die Fighter, denn in den Büchern wurden die Klone als mobile MCM-Förder­einheiten geführt. Das waren sie auch. Nicht jede Arbeit konnte von Maschinen und Software ausgeführt werden. Man brauchte noch immer Menschen, um die Maschinen zu bedienen, sie bedarfsgerecht einzurichten und zu reparieren. Außerdem war eine Maschine auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert – und selbst dann war ihre Herstellung wesentlich teurer als die eines Klons. Von der Grundlagenforschung abgesehen, die zum Teil Bahi-A geleistet hatte, deckten hunderttausend Credits alle Kosten ab für Herstellung, Aufzucht und Training bis zur ersten Einsatzreife. Für ein ordentliches Einsatzfahrzeug oder eine entsprechend ausgestattete Drohne musste man bedeutend mehr aufbringen.

Vater hatte die Klone für den Einsatz in Minen und Ölbohrplattformen vorgesehen, aber noch waren sie mit der Förderung des MCM voll ausgelastet. Das würde sich ändern, sobald die nächsten Chargen einsatzreif waren. Dann wollte Vater die Arbeiter-Crews auf allen MinerVa Produktionsstätten nach und nach durch Klon-Crews ersetzen. Die Einsparung an Gehältern, Betriebsrenten und Village-Wohnraum würde den Profit aller Abteilungen in ungekannte Höhen treiben, gar nicht zu reden vom Wegfall der Entschädigungen, die bei Betriebsunfällen oft jahrelang gezahlt werden mussten.

Ein guter Plan und doch so beschränkt, so klein. Profit für MinerVa, mehr sah Vater nicht. Dabei hatte er die Möglichkeit geschaffen, endlich die schlimmsten Krebsherde aus Deuteragäas Fleisch zu schneiden.

Vaters Ton sagte ihm, dass sie zum Ende ihres Gespräches kamen. »Leg mir einen Entwurf für ein … Kondolenzschreiben an die Familien vor ... Und den Verletzten zahlst du eine einmalige … Einsatzzulage.«

Damit meinte er natürlich die verletzten Angestellten. Nicht die Einheiten. »Wird erledigt.«

Das Gespräch endete, und Keith sah zu Wang hinüber. »Sie sorgen dafür, dass die Einheiten keinesfalls von zivilen Ärzten behandelt werden.«

»Die Anweisungen werden strikt eingehalten, Mister Kendrick. Steht kein MinerVa-Mediziner zur Verfügung, wird die Einheit transportiert oder eliminiert.« Er machte ein besorgtes Gesicht. »Es gibt allerdings noch ein Problem. Das Netz ist voll von Bildern und ständig werden neue hochgeladen. Auf dem einen oder anderen sind unsere Einheiten ohne Helm zu sehen.«

»Sofort löschen lassen.«

»Wir sind schon dabei, aber unsere Algorithmen kommen kaum hinterher, und im Subnet haben wir ohnehin Schwierigkeiten.«

»Wenn es aus dem Subnet kommt, erledigt sich das von selbst. Man wird es für eine Verschwörungstheorie halten.«

»Oder«, Wang sah ihn unsicher an, »wir könnten das als Anlass nehmen, mit unserem Projekt an die Öffentlichkeit zu treten.«

Auch wenn es Keith in den Fingern juckte, genau das zu tun, so weit waren sie noch nicht. Die Menschen in den Citys waren vielleicht bereit, Soldaten zu akzeptieren, die sie beschützten, aber sicherlich keine Klone. Noch nicht.

»Versuchen Sie nicht, strategisch zu denken, Wang. Sie sind ein Buchhalter. Bleiben Sie dabei.«

»Natürlich, Mister Kendrick.«

»Zuerst einmal werden wir die Forschung an den Mantis verstärken. Wir haben vier Exemplare lebend gefangen. Eine bleibt hier. Verteilen Sie die Übrigen auf die ausgewählten Institute.«

***

Rho

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