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JAKOB

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Weiß Gott, ein Vorbild war ich nie,

so dass man Gottvertraun und Redlichkeit,

gar Bruderliebe oder Anstand bloß

bei mir erlernen könnte.

Und doch nennt ihr in einem Atemzug

den Namen Jakob und den seinen –

den Ewigen, den Göttergott, den Einzigen.

Nicht nur Gott Abrahams,

nicht nur der Gott des Vaters Isaak –

nein: Jakobs Gott und Jakobs Heil.

ER, der keines Namens je bedurfte,

er band sich so an uns und unsre Namen.

Nicht mein Verdienst war es nach Esaus Schuld,

dass er, der Ewige, mich auserwählt.

Frei ist er, ungebunden; keinem schuldet er,

ihm Rechenschaft zu geben für sein Tun.

Unheimlich blieb er mir mein Leben lang,

und doch bin ich sein Zeuge, bin sein Knecht.

Und zweimal bin ich ihm begegnet –

am Anfang meiner Wanderung gen Osten

und dann am Ende dieser Reise –

zweimal, wo Angst mich trieb und Schuld mich drückte,

zweimal, wo alle Zukunft dunkel schien:

Da trat er in mein Leben, groß und schrecklich,

und doch dem Schuldigen gewogen.

Den Vater hatte ich getäuscht,

den Bruder um sein Recht betrogen,

den Segen mir erschlichen und ergaunert.

Recht hatte Esau, mir zu zürnen.

So floh ich denn ins Ungewisse.

Und als ich heimwärts kehrte,

reich und voller Güter,

mit Herden, Schätzen, Knechten,

mit Frauen und mit Kindern,

da musste ich doch Esau fürchten, meinen Bruder.

Mit einer Schar von Männern zog er mir entgegen –

ich wusste nicht, war friedlich oder feindlich sein Gemüt.

Ja, alles was ich tat, war voller List, war auch Betrug,

und doch blieb ich gesegnet,

und doch gewährte Gott mir, ihn zu schauen.

Unergründlich scheint mir sein Verhalten,

und unverdient die Gnade, die er schenkt.

Wer weiß das besser, als es Jakob weiß!

Darum lasst mich erzählen von den Orten,

die ER mit seiner Gegenwart geheiligt hat,

und die für immer davon zeugen sollen,

dass ER zu seinem Worte stand,

trotz allem, was ich tat.

Ich schlief, den Stein als Kissen für mein Haupt,

und doch sah ich im Traum,

was wirklich dort geschah:

Gewaltig war der Tempelturm,

unzählig viele Stufen führten dort hinauf,

und jene Geister, die sie nutzen durften,

sie dienten IHM, der oben thronte,

trugen hinauf, was sie hier unten sah'n und hörten,

trugen hinab, was ER den Menschen sandte,

als Botschaft, Strafe, Gnadenwort.

Und ich sah IHN, den niemand sehen durfte,

weil dieser Anblick uns zu Asche brennt,

weil er wie Sonnenlicht das Auge blendet,

und wie die Feuersbrunst das Fleisch verzehrt.

Im Traum nur war der Anblick möglich,

im Traum nur hörte ich die Stimme sprechen,

die mir den Segen zusprach

und auch das gelobte Land.

Doch was ich sah und hörte, war

die andre Wirklichkeit, die unbekannte.

Und dieser Traum, er sollte mich begleiten,

er half, das alles zu ertragen,

was mir im fremden Land geschah.

Wie ich betrogen hatte, wurde ich betrogen,

und wehrte mich mit neuer List.

Doch nicht die List war's, die mir half – es war der Segen,

den ER versprach in jenem Traum.

Und doch – was half der Reichtum mir,

wenn Esaus Schwert herniedersauste?

Was alle List, mit der ich ihm entgegen zog?

Ich spürte wohl, dass alle Pläne brüchig sind.

Doch nicht der Bruder war es, der mich strafte –

ein andrer, mächtigerer trat mir in den Weg.

Allein blieb ich zurück, allein mit meinen Ängsten,

allein in sternenloser Nacht,

dem Dunklen ausgeliefert, das mit keiner List,

mit keinem klugen Plan zu bannen war.

Und da war es, das Namenlose, unerwartet, plötzlich,

das Tier, der Feind, der Schrecken,

zugleich der tiefste Abgrund unsrer Seele –

nicht weiß ich es zu schildern, was mich packte,

mich schüttelte, mich niederzwang,

mich bis ins Mark hinein erschütterte,

und in dem Schrecken büßte ich für alle Schuld.

Im Grauen und in Todesangst erfuhr ich,

dass ER nicht zu begreifen ist, nicht zu erkennen,

nicht zu bezwingen auch durch gute Taten,

dass seine Freiheit grenzenlos –

zu segnen und auch zu vernichten.

Das war das andre, was ich dort erfahren musste.

Das war die dunkle Seite seiner Macht.

Seit diesem Tag bin ich gezeichnet –

denn seine Hand schlug meine Hüfte,

und hinkend nur kann ich ihm dienen:

IHM, der in Wahrheit namenlos,

der unerreichbar bleibt und unbestechlich,

der keine Opfer braucht und kein Gebet.

Nein, ich bin wohl kein bessrer Mensch geworden,

als Vorbild tauge ich auch in der Zukunft nicht.

Doch eines will ich gerne weitersagen:

Weil Gott Gott ist, bleibt er uns unbegreifbar,

und auch sein Segen ist stets unverdient.

Gegen den Strich - was so noch nicht geschrieben steht

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