Читать книгу Gegen den Strich - was so noch nicht geschrieben steht - Eckhard Lange - Страница 8

SARAH (1. Mose 18)

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Ja, ich habe gelacht,

als die Männer es sagten.

Was verstehen schon Männer

von solchen Dingen!

Doch es war nicht Spott,

nicht das Wissen der Frauen,

das sie Mitleid empfinden läßt

für männliche Dummheit -

es war nur eins:

jene große Bitterkeit im Herzen,

weil das Ersehnte nur Sehnsucht noch war,

das Erbetene unerfüllt blieb für immer.

Ein böses Lachen war es,

ich weiß es,

haßerfüllt gegen alle und alles.

Vielleicht kennt ihr das ja:

Gescheitert schon längst die Hoffnung,

und die Tage dehnen sich endlos,

in denen nichts mehr geschehen wird.

Verdrängt alles Sehnen,

tief verschlossen im Dunklen der Seele,

damit das Dasein nicht unerträglich wird

und das Leben zur Qual.

Vergessen die Wünsche von früher,

weil sie unerfüllt blieben

und bleiben werden in Zukunft.

Es ist wie der Tod:

Er gibt nichts heraus, wo er genommen,

unerbittlich ist die Grenze, die er zieht.

Nur wenn du dich beugst

und seine Macht achtest,

kannst du leben bleiben.

Ja, ich habe gelacht,

um an der Bitterkeit nicht zu ersticken,

denn plötzlich war wieder da,

was verdrängt und vergessen,

die Trauer, der Schmerz,

die vergebliche Hoffnung,

die Tränen der Nacht

und die Gebete,

die niemand erhörte.

Ich habe gelacht,

und erschrak doch selbst

über das Gelächter in mir,

so unendlich trostlos klang es,

verzweifelt und bitter.

Und als die Männer

mich darauf verwiesen,

als sie das Lachen

mir zum Vorwurf machten -

was verstanden sie schon

von den Wünschen einer Frau -

da wollte ich es ungeschehen machen,

denn ich fürchtete mich:

nicht vor ihnen,

aber vor mir selber.

Mein ganzes Leben trat mir vor Augen,

alle die Kränkungen, die ich erfahren

an der Seite des Mannes,

der auserwählt war von IHM,

dem Jenseitigen, Lebensspendenden,

der allein mir das Leben vorenthielt,

ihm verwehrt hat zu wachsen

in mir als der Mutter.

Wenn seinem Samen bestimmt war,

zahlreich zu werden wie die Sterne am Himmel,

warum verschloß er dann meinen Schoß,

verwehrte den Sohn mir

und gewährte ihn gnädig der Magd?

Hatte ich nicht einzig um seinetwillen

das alles erduldet, getragen -

all diese Kränkungen hingenommen,

die meine Seele verletzten?

So war es schon an jenem Tag,

als wir aufbrachen ins Ungewisse,

weil Abraham gerufen wurde.

Mich aber hat niemand gefragt.

Selbstverständlich war es allen,

daß ich mitgehen würde,

an der Seite des Mannes bleiben.

Warum also sollte er mich danach fragen?

Daß es mich kränkte,

einfach dazugerechnet zu werden

wie Schafe und Ziegen,

wie Hausrat und Zelt -

es hat niemand bemerkt,

und vielleicht hätte es niemand gekümmert.

Dabei habe auch ich Abschied nehmen müssen

von allem, was mir bislang vertraut war:

der morgendliche Weg zum Brunnen

durch den Palmenhain von Haran,

der Gesang der Vögel in der großen Terebinthe,

während ich Wasser schöpfte,

die Begegnung mit den anderen Frauen dort,

das schwesterliche Gespräch -

das alles war mir lieb und vertraut,

es gab meinem Leben Ordnung und Sinn.

Jeder Tag hatte seinen Rhythmus,

und wenn der Abend kam,

saßen wir vor unserem Zelt,

und es waren immer die gleichen Sterne

die am Nachthimmel über uns standen.

Nun aber sollte ich ins Ungewisse ziehen,

den Ort verlassen, der mir Heimat war,

die Menschen, die ich kannte

und denen ich vertrauen konnte.

Nun würde jeder Tag Neues bringen,

unbekannt und vielleicht gefahrvoll,

nun würde ich morgens nicht wissen,

wie der Abend sich zeigt.

Das alles gab Grund für Sorge und Angst.

Doch hat es jemand gekümmert?

Hat Abraham jemals gefragt,

was ich empfinde?

Selbstverständlich war ihm,

daß ich Gottes Ruf ebenso folgte wie er.

Dabei hat Gott zu mir nicht gesprochen,

mich nicht gerufen,

und mir nichts verheißen.

Das alles mußte mich kränken, verletzen.

Als wir dann hungernd

nach Ägypten zogen, um Brot zu erbitten,

da sah der Mann sich bedroht,

weil die Frau an seiner Seite

schön war und begehrenswert.

Und Abraham gab mich als Schwester aus,

um dem Tod zu entgehen.

Was kümmerte ihn, daß die Frau

in den Harem eines Ägypters kam,

damit er am Leben blieb

nach der Verheißung!

Natürlich war es nicht der Pharao selbst,

wie man später kolportierte,

um der Sache eine gewisse Dramatik zu geben,

sondern irgendein Provinzverwalter,

ein schmieriger geiler kleiner Beamter,

der mich nahm wie ein Freiwild

und mich brutal vergewaltigte.

Und daß deswegen Unheil kam

über ganz Ägypten als Strafe -

auch das frei erfunden!

Ich selbst war es, die sich befreite:

Von einer gewissen Krankheit berichtete ich

mit geheimnisvoll-wichtiger Stimme,

und er - primitiv wie er war -

fürchtete sich um die eigne Gesundheit,

schickte mich mit Geschenken zurück

als Bestechungsgeld für die Götter,

um der möglichen Rache zu wehren.

Hat Abraham je der Verletzung gedacht,

die mir zugefügt wurde

an Körper und Seele,

der Gewalt, die mich nahm

und die ich ertrug

um seinetwillen?

All diese Kränkungen

nahm ich auf mich,

und auch meine Kinderlosigkeit

lernte ich tragen.

Aber jetzt, wo ich alt war,

mir einen Sohn zu verheißen -

das war die schlimmste Verhöhnung,

die je ich erfahren.

Die Zerbrochene noch zu verspotten,

das machte mich bitter wie Galle,

und bitter war auch das Lachen,

das sich mir abrang.

Wie sollte ich auch

an Wunder glauben,

wo ich so oft erfahren,

daß es Wunder nicht gibt!

Doch dann geschah,

was die Männer gekündet,

Leben regte sich mir im Leibe,

und ich gebar einen Sohn -

ich, die Unfruchtbare,

die Verachtete unter den Frauen,

die kummervoll Altgewordene,

längst gebärfähigem Alter entwachsen.

Da wußte ich endlich,

daß einer war, der meine Kränkungen kannte,

der mich, vielfältig entehrt,

mit Ehren annahm

und mir die Würde zurückgab,

die mir alle verweigerten.

Da wußte ich, daß auch ich

teilhatte an der Verheißung,

daß es auch mein Sohn war,

dem die Zusage galt,

ein Volk zu werden,

zahlreich wie die Sterne am Himmel,

wie der Sand am Meer,

den niemand zu zählen vermag.

Ja, es stimmt:

ER hat die Niedrigkeit seiner Magd

angesehen mit Gnade.

Und als ich ihn im Arm hielt,

Isaak, meinen Sohn,

da lachte ich zum zweiten Mal,

lachte laut und voller Freude,

lachte über die,

die der Barmherzigkeit nicht trauen

und SEINEM Wort keinen Glauben schenken -

lachte - ja - über mich selber.

Gegen den Strich - was so noch nicht geschrieben steht

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