Читать книгу Die Frauen von Schloss Blackhill - Ed Belser - Страница 14
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ОглавлениеWilliam hatte Hände, wie es sich für einen Bauern gehörte. Sie waren schwielig und machten es ihm schwer, jeden Ton genau zu treffen, was ihn ärgerte, denn er spielte sein Instrument mit großer Sicherheit und in unendlicher Vielfalt; fast nie musste er im Verlaufe eines langen Abends eine Melodie wiederholen. Die Musik kam aus seinem Innersten und ging von dort in seine Finger und auf das Instrument über.
Während des Spiels konnte er seinen Gedanken nachhängen, die Leute beobachten, umhergehen und jemandem zur Begrüßung oder zum Abschied zunicken. Selbst ein rascher Schluck Whisky unterbrach den Melodiefluss nicht, denn er konnte mit der rechten Hand einen Becher kurz zum Mund führen, während die linke weiterspielte, das Mundstück ließ er kurz los, und die Luftreserve im Dudelsack ließ die hohen Töne weiterhin erklingen.
Dafür wurde er bewundert, am meisten von der jungen Mary. Schon öfter war ihm aufgefallen, dass sie eine der Wenigen war, die ihm beim Spielen wirklich zuhörten. William fühlte sich sehr zu ihr hingezogen. Ihre kleine, etwas rundliche Gestalt hatte es ihm angetan, und oft suchte er den Blick ihrer warmherzigen Augen, den sie gerne erwiderte — vor allem dann, wenn MacLysh nicht gerade in der Nähe war. Sie hatte diesen in letzter Zeit häufiger zusammen mit ihrem Vater gesehen, und sie fühlte sich stets unwohl, wenn er sie mit seinen hervorstehenden Augen anstarrte.
William wartete auf eine Gelegenheit, sie allein zu sehen — was gar nicht so einfach war, denn im Dorf blieb nichts unbemerkt. Außerdem war ihr Vater stets in Sichtweite.
Marys Vater war nicht gerade ein besonders erfolgreicher Bauer. Er hatte häufiger Pech gehabt mit der Getreideernte, wie er sagte, doch seine Worte schwammen meistens im Whisky. Einmal war der Boden schuld, ein andermal die Mäuse, dann ein Gewitter, das nur sein Feld in Mitleidenschaft gezogen habe. Doch in Wirklichkeit war er stets selbst schuld. Entweder hatte er den falschen Zeitpunkt für die Ernte gewählt — zu früh oder zu spät — oder aber er ließ das geschnittene Korn so lange liegen, bis es verrottet war. Selbst die Möglichkeit seine Pachtzinsen in natura mit Vieh zu begleichen, hatte er verspielt, weil er kein Brachland vorgesehen hatte, auf dem er seine paar Kühe hätte weiden lassen können. MacLysh hatte das stets aufmerksam beobachtet und ihm mit einigen Säcken Gerste und Hafer ausgeholfen. Das erste Mal unter dem Titel nachbarschaftliche Hilfe, das zweite Mal gegen einen Schuldschein, und das zweite blieb nicht das letzte Mal.
MacLysh war nicht mehr der Jüngste und es war ihm bisher nicht gelungen, eine der jungen Frauen von Blair Mhor für eine gemeinsame Zukunft zu begeistern. Seine hervorstehenden Augen und sein breitlippiger Mund über einem schwachen Kinn wirkten alles andere als anziehend. Wenn er nicht in der Nähe war, nannten ihn die Leute MacFish.
Bald kam der nächste Anlass, zu dem William aufspielen sollte. Er hatte die Gewohnheit, sein Instrument vorher gut einzustimmen und die Leute wussten das. Er tat es jeweils etwas entfernt vom Dorf und pflegte dabei auch neue Melodien einzuüben. Diesmal blies er die Pfeife kurz in der Nähe von Marys Haus, entfernte sich langsam davon, blies wieder, diesmal absichtlich falsch und kurz, ging ein Stück weiter und ließ erneut ein paar krumme Töne erklingen. Schließlich hatte er sich ein gutes Stück von ihrem Haus entfernt und trat hinter einige Büsche. Von dort hatte er das Haus im Blickfeld, ohne selbst gesehen zu werden.
Mary hatte die Signale verstanden. Sie erschien unter dem Türrahmen, schaute sich um und ging dann raschen Schrittes in seine Richtung. William spielte zu ihrem Empfang ein Liebeslied. So standen sie sich bald im Schutz des Gebüsches gegenüber. Sie schauten einander in die Augen und hatten die Gewissheit, das Richtige zu tun. So bald würde sich keine weitere Gelegenheit mehr finden und viel Zeit hatten sie auch nicht. William brauchte nur die Arme öffnen und sie fiel ihm um den Hals. Worte waren unnötig; zwei Herzen, die zusammenwollten, hatten sich gefunden.
Dann gingen sie auf getrennten Wegen zurück ins Dorf. Das Fest hatte soeben begonnen und der Pfeifer William wurde mit Gejohle begrüßt. Diesen Abend spielte er nur für eine, und diese eine hörte aus jeder Melodie seine Liebeserklärung heraus. Sie hatte nur Augen für ihn und die Anwesenheit ihres Vaters sowie von MacLysh war ihr gleichgültig. Diese steckten die Köpfe zusammen, becherten und schienen sich gut zu verstehen.