Читать книгу Einführung in die Varietätenlinguistik - Ekkehard Felder - Страница 11
Relevante Phänomene auf der Satzebene
ОглавлениеSatz, funktionale Einheit
Schauen wir uns die folgenden Äußerungen an: Die Mitteilung bin ich grad am überlege weist typische Merkmale gesprochener Sprache auf: Auf syntaktischer Ebene ist zuerst einmal die Prädikat-Subjekt-Anordnung auffällig. Und in der Tat handelt es sich hierbei um die Äußerung eines Mitarbeiters in einer sozialen Einrichtung bei einer Besprechung. Kenner regionaler Sprachgepflogenheiten fällt vielleicht die Verlaufsform auf, die mitunter als „rheinisches Gerundium“ bezeichnet wird (der fachwissenschaftliche Terminus lautet „Progressiv“). Die Darstellung des Schwa-Lautes [ə] durch 〈-e〉 anstelle von (-en› und die Kleinschreibung des substantivierten Verbs „überlege“ deutet schon darauf hin, dass es sich um ein Transkript zur Darstellung gesprochener Sprache und nicht um einen schriftsprachlichen Text handelt (das Beispiel ist dem Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) entnommen).
Oder nehmen wir die erzürnte Antwort eines Automobilmitarbeiters während eines Warnstreiks, als dieser auf die Frage eines Journalisten, was er von dem aktuellen Tarifangebot seines Arbeitgebers halte, antwortet: mit 2,1 abspeise – des is ä hamma is des (Tagesschau 29.04.2016). Die Äußerung ist nicht nur aufgrund der markanten Realisierung des Schwa-Lauts [ə] in „abspeiße“ und des Schwa-Lauts in „hamma“ charakteristisch für gesprochene Sprache, sondern auch wegen des Drehsatzes (der Apokoinu-Konstruktion) mit der Satzteil wiederholenden und spiegelbildlichen Struktur (die Sequenz ä hamma wird doppelt genutzt; für den Satz des is ä hamma und den Satz ä hamma is des). Wir haben also intuitiv weitere einschlägige Merkmale identifiziert: Mundart/Dialekt (wir verwenden beide Wörter synonym) versus Hoch-/ Standardsprache, grammatische Richtigkeit versus situative Angemessenheit, gesprochene versus geschriebene Sprache.