Читать книгу Tödliches Monogramm - Elisa Scheer - Страница 3
Prolog: 1996
Оглавление„Ich muss jetzt heim“, sagte der eine, „ich will mir Mathe noch mal anschauen.“
„Streber“, murrte sein Kumpel, „jetzt ist es hier doch gerade so lustig!“
„Lustig?“, wiederholte der erste. „Wir hängen hier herum, trinken lauwarmes Dosenbier und rauchen, obwohl es uns gar nicht schmeckt. Was soll daran so toll sein? Da schau ich mir lieber die Sache mit dem Grenzwert noch mal an. Musst du eigentlich gar nichts tun?“
„Wozu?“ Der andere grinste. „Ich sitze morgen doch neben dir, schon vergessen? Und die Freiberger macht garantiert nicht zwei Gruppen.“
„Und wenn sie dich wegsetzt?“
„Macht sie schon nicht. Du kannst ja dann ein bisschen weinen, dir glaubt sie alles.“
„Warum sollte ich?“, fragte der erste und schloss sein Fahrrad auf. „Wenn du am Pult landest, kann ich endlich mal in Ruhe arbeiten, ohne dass du endlos zischelst und zappelst, weil du mal sehen willst.“
„Aber wenn ich am Pult lande, wäre ich sehr traurig“, betonte der andere und starrte seinem Gefährten in die Augen. Der seufzte. „Du bist wirklich eine miese Ratte. Ich weiß schon, wenn du traurig bist, musst du immer soviel reden... Vielleicht sollte ich meinen Alten die Sache mit dem Kaugummiautomaten einfach erzählen, so spießig sind sie auch wieder nicht, und das Ganze ist Jahre her.“
„Diebstahl bleibt Diebstahl. Meinen Alten ist so was egal, aber deinen? Sozusagen besseren Herrschaften, die im feinen Mönchberg wohnen? Die dürfen ja nicht mal wissen, dass du dich mit mir herumtreibst, oder?“
„Spiel hier nicht das Slumkind, du Idiot! Ich fahr jetzt heim, mach du doch, was du willst!“ Er schwang sich auf sein Fahrrad und radelte die dunkle Landstraße entlang. Der andere folgte ihm in einigem Abstand, weil sein klappriges Fahrrad eierte und schwer zu lenken war. Der würde ihn morgen schon spicken lassen, da war er ganz sicher!
Sie radelten hintereinander her, und langsam holte der hintere auf, als die Straße plötzlich von Autoscheinwerfern erhellt wurde und zugleich ein hartes Pling dem hinteren Fahrer signalisierte, dass ihm schon wieder die Kette herausgesprungen war. „Wart mal, meine Kette!“, rief er nach vorne und der vordere drehte sich halb um. Damit hatte der Autofahrer offenbar nicht gerechnet, er versuchte auszuweichen, erfasste aber den Vorderreifen und schleuderte Rad und Fahrer im hohen Bogen ins Gebüsch, bevor er mit quietschenden Reifen zum Stehen kam. Automatisch wiederholte der andere, der im Dunkeln stand, die Buchstaben und Zahlen auf dem Nummernschild. Schicker Wagen – ein BMW?
Dann gab der Wagen wieder Gas und brauste davon, man hörte nur noch das Geräusch des gequälten Getriebes beim Schalten. Er legte sein Fahrrad auf den Seitenstreifen und sprang ins Gebüsch neben der Landstraße. Wo war der andere hingeflogen? Schließlich fand er ihn, still, mit geschlossenen Augen und seltsam verdrehten Gliedmaßen. Als er ihn anhob, kippte der Kopf auf grausige Weise nach hinten weg, und er konnte auch keinen Puls mehr fühlen – sein Kumpel war tot, eindeutig. Gebrochenes Genick, vermutete er. Da konnte er auch nichts mehr machen. Obwohl – er hatte das Kennzeichen. Ein leichtes Lächeln spielte um seinen hübschen Mund.