Читать книгу Französische Sprachwissenschaft - Elissa Pustka - Страница 37

Methoden

Оглавление

Was ist eine gute Methode? Die wichtigsten Gütekriterien für empirische Methoden sind fächerübergreifend Objektivität, Reliabilität und Validität (vgl. DIEKMANN [1995] 272016):

 Objektivität meint, dass eine Methode zu denselben Ergebnissen führt, egal welche Person sie anwendet. In der Forschung von Menschen an Menschen ist 100 %-ige Objektivität allerdings oft nicht erreichbar. Wissenschaftler*innen sollten ihr Vorgehen jedoch zumindest werturteilsfrei gestalten und intersubjektiv nachvollziehbar machen.

 Reliabilität meint, dass eine Methode zu denselben Ergebnissen führt, egal, zu welchem Zeitpunkt man sie anwendet. Wenn man eine Messung unter denselben Bedingungen wiederholt, sollten die Ergebnisse reproduzierbar und die Messfehler möglichst gering sein. Die Methode sollte also zuverlässig sein.

 Validität meint, dass eine Methode tatsächlich misst, was sie messen soll und dass die Ergebnisse der Testsituation mit der Realität übereinstimmen. Die Methode sollte also zu gültigen Ergebnissen führen.

Ein einfaches Beispiel aus dem Alltag liefert das Fieberthermometer als Messinstrument: Würde man beim Aufstehen 39,3°C messen, kurz später der Arzt aber nur noch 36,8°C, wüsste niemand, ob man nun krank ist oder nicht und sich zu Hause ausruhen sollte oder zur Arbeit gehen müsste.

Besondere methodische Herausforderungen ergeben sich durch das Beobachterparadoxon (engl. Observer’s Paradox). Aus der Physik ist schon lange bekannt, dass das Beobachtete die Beobachtung beeinflussen kann. In der Sprachwissenschaft hat der amerikanische Soziolinguist William Labov (*1927) das Problem wie folgt formuliert:

Observer’s Paradox: the aim of linguistic research in the community must be to find out how people talk when they are not being systematically observed; yet we can only obtain these data by systematic observation. (LABOV 1972: 209)

Er schlägt vor, das Problem mit der sogenannten Todesangstfrage zu lösen. Die Feldforscher*innen sollten ihre Informant*innen fragen, ob sie jemals in einer Situation waren, in der sie in ernsthafter Gefahr schwebten, getötet zu werden. Da Labov in den 1960er Jahren über New Yorker Ghettos arbeitete, war das eine Situation, in der sich viele seiner Informant*innen tatsächlich schon einmal befunden hatten. Seine Idee war, dass die Erinnerung an diese Situation bei den Sprecher*innen die damaligen Emotionen wiederhervorrufen würde und sie damit die Kontrolle über ihr Sprechen verlieren würden („amount of attention paid to speech“ bzw. „audio-monitoring“; LABOV 1972: 208). Aus heutiger Sicht gilt eine solche Manipulation von Menschen zu Forschungszwecken allerdings als unethisch und ist daher auch nicht mehr erlaubt: Die Teilnehmer*innen müssen vor Sprachaufnahmen über die Ziele des Forschungsprojekts aufgeklärt werden und freiwillig ihre schriftliche Einwilligung geben (DFG 2013). Wenn man dem Soziologen Erving Goffman (1922–1982) folgt, dann sind Sprecher*innen sowieso nie unbeobachtet und spielen quasi immer Theater (vgl. GOFFMAN [1969] 102003). Der Soziolinguist Allan Bell (*1947) entwickelte entsprechend die Theorie des „audience design“: Wir richten unser Sprechen immer auf die Hörer*innen aus. Insofern ist es nicht mehr Ziel der Sprachwissenschaft, gänzlich unbeobachtetes Sprechen aufzunehmen, sondern die Selbstinszenierung als zentralen Faktor der Variation zu verstehen.

Die Forschung entwickelt also immer wieder neue Methoden, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Daher muss die Wahl der Methode bei jeder wissenschaftlichen Studie reflektiert sein. In Publikationen sollten Wissenschaftler*innen die Gründe für ihre Auswahl transparent darstellen. So können die Leser*innen die Ergebnisse besser einschätzen. Eine sinnvolle Lösung ist oft ein Methodenmix. Egal wie gut die Methodenwahl vorab durchdacht ist, man sollte sie immer in einem Pre-Test ausprobieren und danach noch einmal überarbeiten.

Was in der Forschungspraxis umsetzbar ist, ist aber immer auch eine Frage der finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen: Student*innen können in einer Bachelorarbeit nicht leisten, was ein 20-köpfiges Team aus Wissenschaftler*innen in einem Sonderforschungsbereich in einem Jahrzehnt stemmt. Es gilt daher auch das Prinzip der Forschungsökonomie. Zudem müssen Forscher*innen die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen respektieren (z. B. Datenschutz).

À vous !

Sie wollen untersuchen, wer mehr Schimpfwörter verwendet: Männer oder Frauen. Welche Methode wählen Sie? Vergleichen Sie die teilnehmende Beobachtung, das Interview und den Online-Fragebogen hinsichtlich der drei Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität!

Neben den Methoden der Datensammlung haben sich auch die Methoden der Datenauswertung in den vergangenen Jahrzehnten im Zuge der Digitalisierung stetig weiterentwickelt. Durch den Fortschritt in der Computertechnik haben sich nicht nur die Speicherkapazitäten, sondern auch die Rechengeschwindigkeiten enorm verbessert. Daher sind mittlerweile in vielen Subdiziplinen statistische Analysen üblich, z. B. mit Computerprogrammen wie R (www.r-project.org). Sie können explorativ eingesetzt werden, um Regelmäßigkeiten in großen Datenmengen zu entdecken (z. B. mit Entscheidungsbäumen oder Clustering-Methoden) oder testen, ob ein Unterschied signifikant ist. Dies bedeutet, dass der Unterschied zwischen zwei Gruppen (z. B. Frauen vs. Männer) wahrscheinlich nicht auf reinen Zufall zurückzuführen ist, sondern von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit geschlossen werden kann (vgl. z. B. BAAYEN 2008, MEINDL 2011).

Französische Sprachwissenschaft

Подняться наверх