Читать книгу Das Geheimnis von East Lynne - Ellen Wood, Ellen Wood - Страница 17
ОглавлениеKapitel 15 Heimkehr
Nachdem Miss Carlyle sich für die weitere Vorgehensweise entschieden hatte, verließ sie ihr Haus und zog mit Peter und ihren Dienstmädchen nach East Lynne. Trotz der bekümmerten Vorhaltungen von Mr. Dill entließ sie alle von Mr. Carlyle eingestellten Dienstboten mit Ausnahme eines Mannes.
An einem Freitagabend, ungefähr einen Monat nach der Hochzeit, kamen Mr. Carlyle und seine Frau nach Hause. Sie wurden erwartet: Miss Carlyle ging durch die Diele, um sie zu empfangen, und stellte sich zwischen den Säulen der Eingangsveranda auf die obere Stufe. Eine elegante Kutsche mit vier Postpferden fuhr vor. Als Miss Carlyle die beiden musterte, zogen sich ihre Lippen zusammen. Sie trug ein hübsches schwarzes Seidenkleid und eine neue Haube; ihre Verärgerung hatte während des letzten Monats Zeit gehabt, um abzukühlen, und ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass es klüger war, das Beste aus der Situation zu machen. Mr. Carlyle kam mit Isabel die Stufen herauf.
„Du hier, Cornelia! Das ist aber freundlich von dir. Wie geht es dir? Isabel, das ist meine Schwester.“
Lady Isabel streckte die Hand aus, und Miss Carlyle ließ sich dazu herab, ihre Fingerspitzen zu berühren. „Ich hoffe, es geht Ihnen gut, Maʼam“, stieß sie hervor.
Mr. Carlyle ließ die beiden stehen und ging noch einmal zurück, um nach einigen Kleinigkeiten zu suchen, die in der Kutsche zurückgeblieben waren. Miss Carlyle ging voraus ins Wohnzimmer, wo der Tisch für das Abendessen gedeckt war. „Würden Sie gern vor dem Essen nach oben gehen und ihre Sachen ablegen, Maʼam?“ fragte sie Lady Isabel in dem gleichen abgehackten Tonfall.
„Vielen Dank. Ich werde in meine Zimmer gehen, aber ich brauche kein Abendessen. Wir haben bereits gegessen.“
„Was würden Sie dann gern zu sich nehmen?“, fragte Miss Corny.
„Etwas Tee, wenn es recht ist, ich habe großen Durst.“
„Tee!“, stieß Miss Corny hervor. „So spät! Ich weiß nicht, ob es noch kochendes Wasser gibt. Sie werden die ganze Nacht kein Auge zutun, Maʼam, wenn Sie um elf Uhr Tee trinken.“
„Ach, dann eben nicht“, gab Lady Isabel zurück. „Es ist nicht von Bedeutung. Ich möchte keine Umstände machen.“
Miss Carlyle eilte aus dem Zimmer – in welcher Angelegenheit, wusste sie selbst am besten; in der Diele traf sie auf Marvel. Worte wurden nicht gewechselt, aber die beiden beäugten einander mürrisch. Marvel war sehr modisch gekleidet, mit fünf Rüschen am Kleid, einem Schleier und einem Schirm. Zur gleichen Zeit setzte Lady Isabel sich hin und brach in bittere Tränen und Schluchzer aus. Ein Schüttelfrost hatte sie befallen; es fühlte sich nicht an, als wäre sie nach East Lynne gekommen. Mr. Carlyle trat ein und bemerkte ihren Kummer.
„Isabel!“, rief er erstaunt, während er zu ihr eilte. „Mein Liebling, was bekümmert dich?“
„Ich glaube, ich bin nur müde“, antwortete sie sanft. „Als ich wieder in das Haus gekommen bin, musste ich an Papa denken. Ich würde gern in meine Zimmer gehen, Archibald, aber ich weiß nicht, welche das sind.“
Mr. Carlyle wusste es auch nicht, aber Miss Carlyle kam eilig herein und sagte: „Die besten Zimmer; die neben der Bibliothek. Soll ich mit Mylady hinaufgehen?“
Mr. Carlyle zog es vor, seine Frau selbst zu begleiten, und bot Isabel seinen Arm. Als sie an Miss Carlyle vorüberging, zog sie sich den Schleier über das Gesicht.
Die Zimmerflucht war nicht erleuchtet, und der Raum sah kalt und ungemütlich aus. „Im Haus scheint einiges im Argen zu liegen“, bemerkte Mr. Carlyle. „Ich nehme an, die Dienstboten haben meinen Brief missverstanden und uns erst morgen Abend erwartet.“
In den Salon zurückgekehrt, erkundigte sich Mr. Carlyle nach der Ursache für die Nachlässigkeit der Dienerschaft.
„Ich habe sie weggeschickt, weil sie eine überflüssige Belastung waren“, erwiderte Miss Carlyle hastig. „Wir haben vier im Haus, und wie ich sehe, hat Mylady ein gutes Dienstmädchen mitgebracht, das macht fünf. Ich bin gekommen und werde hier wohnen.“
Mr. Carlyle fühlte sich überrumpelt. Er hatte sich immer dem Willen seiner Schwester gebeugt, aber er ahnte, dass es ihm und seiner Frau ohne sie besser gehen würde. „Und dein Haus?“, rief er.
„Das habe ich möbliert vermietet; die Leute ziehen heute ein. Du kannst mich also nicht von East Lynne auf die Straße setzen oder in eine möblierte Wohnung schicken, Archibald. Wir werden genug Ausgaben haben, auch ohne dass wir zwei Haushalte führen; die meisten Menschen wären an deiner Stelle froh über die Aussicht, dass ich hier wohne. Deine Frau wird die Hausherrin sein. Ich habe nicht vor, ihr diese Ehre streitig zu machen; aber ich werde ihr bei der Verwaltung eine Fülle von Schwierigkeiten ersparen – werde mich als Haushälterin betätigen. Darüber wird sie froh sein, unerfahren wie sie ist. Ich wage zu behaupten, dass sie noch nie in ihrem Leben eine Anweisung im Haushalt gegeben hat.“
So formuliert, kam Mr. Carlyle die Sichtweise seiner Schwester plausibel vor, und allmählich dachte er, es könne für alle das Beste sein. Vor Miss Cornys Urteilsvermögen hatte er großen Respekt, und die Macht der Gewohnheit ist für uns alle stark. Und doch schwankte er immer noch.
„Hast du das hübsche Klavier gekauft, das kürzlich angekommen ist?“, fragte Miss Carlyle verärgert.
„Das war mein Geschenk für Isabel.“
Miss Corny stöhnte. „Was hat es gekostet?“
„Die Kosten sind ohne Bedeutung. Das alte Klavier hier war schlecht, und ich habe ein besseres gekauft.“
„Was hat es gekostet?“, wiederholte Miss Carlyle.
„Hundertzwanzig Guineen“, antwortete er. Der Gehorsam gegenüber ihrem Willen war in ihm immer noch stark.
Miss Corny warf die Hände und den Blick in die Luft. Aber in diesem Augenblick trat Peter ein und brachte das heiße Wasser, dessentwegen sein Herr geläutet hatte. Mr. Carlyle erhob sich und blickte zur Kommode.
„Wo ist der Wein, Peter?“
Der Diener holte ihn heraus: Portwein und Sherry. Mr. Carlyle trank ein Glas und mischte dann in einem weiteren Wein mit Wasser. „Soll ich für dich auch etwas mischen, Cornelia?“, fragte er.
„Wenn ich etwas will, mische ich es mir selbst. Für wen ist dieses?“
„Für Isabel.“
Er verließ das Zimmer mit dem Getränk und trat in die Räume seiner Frau. Sie saß, so schien es, halb vergraben im Sessel, ihr Gesicht war verdeckt. Als sie es hob, sah er, dass es rot und erregt war; die Augen leuchteten hell, ihr ganzer Körper bebte.
„Was ist geschehen?“, fragte er eilig.
„Ich bin nervös geworden, nachdem Marvel gegangen war“, flüsterte sie und hielt sich an ihm fest, als suchte sie Schutz vor dem Entsetzen. „Ich bin wieder zum Sessel gegangen, habe meinen Kopf bedeckt und gehofft, dass jemand heraufkommen würde.“
„Ich habe noch mit Cornelia gesprochen. Aber was macht dich so nervös?“
„Ach, ich war sehr dumm. Ich habe immerzu an schreckliche Dinge gedacht. Sie sind mir einfach eingefallen. Machʼ mir keine Vorwürfe, Archibald. Dies ist das Zimmer, in dem Papa gestorben ist.“
„Dir Vorwürfe machen, mein Liebling“, murmelte er tief bewegt.
„Ich habe an eine schreckliche Geschichte über Fledermäuse gedacht. Die Bediensteten haben sie immer erzählt – ich wage zu behaupten, dass du sie nie gehört hast; und ich habe immer gedacht: ‚Und wenn sie jetzt vor den Fenstern sind, hinter den Fensterläden.“ Dann hatte ich Angst, das Bett anzusehen; ich habe mir ausgemalt, ich würde sehen … Aber du lachst ja!“
Ja, er lächelte, wusste er doch, dass man solchen Augenblicken der nervösen Angst am besten scherzhaft begegnet. Er ließ sie Wein und Wasser trinken, dann zeigte er ihr, wo die Glocke war, und läutete sie selbst. Ihr Ort hatte sich durch den Umbau des Hauses verändert.
„Morgen bekommst du andere Räumlichkeiten, Isabel.“
„Nein, lassʼ uns hierbleiben. Ich spüre gern, dass Papa früher der Bewohner war. Ich werde nicht wieder nervös.“
Aber schon während sie sprach, strafte ihr Verhalten die Worte Lügen. Mr. Carlyle war zur Tür gegangen und hatte sie geöffnet, da stürmte sie auf ihn zu und schmiegte sich von hinten an ihn.
„Gehst du lange weg, Archibald?“, flüsterte sie.
„Nicht mehr als eine Stunde“, antwortete er. Dabei streckte er hastig eine Hand aus und hielt sie mit seinem schützenden Griff fest. Marvel kam auf das Läuten über den Korridor.
„Haben Sie die Güte und setzen Sie Miss Carlyle in Kenntnis, dass ich heute Abend nicht herunterkomme“, sagte er.
„Ja, Sir.“
Mr. Carlyle schloss die Tür. Dann sah er seine Frau an und lachte. „Er ist sehr freundlich zu mir“, dachte Isabel.
Die Verlegenheiten der Lady Isabel Carlyle begannen am nächsten Morgen. Aber stellen wir uns zuerst einmal die Gruppe beim Frühstück vor. Miss Carlyle kam in der erstaunlichen Kleidung herunter, die wir bereits kennen, nahm ihren Platz am Frühstückstisch ein und saß dort aufrecht wie ein Pfahl. Als Nächster kam Mr. Carlyle. Und schließlich trat Lady Isabel in eleganter Halbtrauerkleidung mit fließenden schwarzen Bändern ein.
„Guten Morgen, Maʼam. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen“, lautete Miss Carlyles Begrüßung.
„Ganz gut, danke“, antwortete sie, während sie ihren Platz gegenüber von Miss Carlyle einnahm. Miss Carlyle zeigte auf das obere Ende des Tisches.
„Dort ist Ihr Platz, Maʼam. Aber ich werde Ihnen die Mühe ersparen und den Kaffee einschenken, wenn Sie es wünschen.“
„Ich wäre sehr froh, wenn Sie das tun würden“, antwortete Lady Isabel.
Also nahm Miss Carlyle streng und mürrisch ihre Pflichten wahr. Die Mahlzeit war fast vorüber, da trat Peter ein und sagte, der Metzger sei da und wolle Bestellungen aufnehmen. Miss Carlyle sah Lady Isabel an und wartete natürlich darauf, dass sie ihre Anweisungen gab. Aber Isabel war vor Verwirrung stumm; eine solche Bestellung hatte sie noch nie in ihrem Leben aufgegeben. Über die Erfordernisse eines Haushalts war sie in völliger Unkenntnis; sie wusste nicht, ob sie ein paar Pfund Fleisch oder eine ganze Kuh bestellen sollte. Dass sie so sprachlos war, lag an der Gegenwart der mürrischen Miss Corny; wäre sie mit ihrem Mann allein gewesen, sie hätte gefragt: „Was soll ich bestellen, Archibald? Sagʼ es mir.“ Peter wartete.
„Äh – etwas zum Braten und Kochen, bitte“, stammelte Lady Isabel.
Sie hatte leise gesprochen. Peinlichkeiten machen uns zu Feiglingen; Mr. Carlyle wiederholte, was sie gesagt hatte. Er verstand von Haushaltsführung nicht mehr als sie.
„Etwas zum Braten und Kochen, sagen Sie das dem Mann, Peter.“
Jetzt fuhr Miss Corny dazwischen; sie konnte es nicht ertragen. „Ist Ihnen bewusst, Lady Isabel, dass eine solche Bestellung den Metzger nur verwirren wird? Soll ich die notwendigen Anweisungen für heute geben? Demnächst wird auch der Fischhändler hier sein!“
„Oh, das wäre mir sehr lieb!“, rief Lady Isabel erleichtert. „Ich bin so etwas noch nicht gewohnt, aber ich muss lernen. Ich glaube, ich weiß nicht das Geringste über Haushaltsführung.“
Statt eine Antwort zu geben, stakste Miss Corny aus dem Zimmer. Isabel erhob sich von ihrem Stuhl wie ein Vogel, der aus seinem Käfig freigelassen wird, und stellte sich neben ihn. „Bist du fertig, Archibald?“
„Ich glaube ja, Liebes. Ach, da ist ja noch mein Kaffee! So, jetzt bin ich fertig.“
„Lass uns über das Anwesen gehen.“
Er erhob sich, legte die Hände spielerisch auf ihre schlanke Taille und sah sie an. „Ebenso gut könntest du mich bitten, eine Reise zum Mond zu unternehmen. Es ist schon nach neun, und ich war seit einem Monat nicht im Büro.“
Die Tränen stiegen ihr in die Augen. „Wenn du doch immer bei mir sein könntest! Ohne dich ist East Lynne nicht East Lynne.“
„Ich werde bei dir sein, so oft ich kann, mein Liebes“, flüsterte er. „Komm und gehʼ mit mir durch den Park.“
Sie lief, um Haube, Handschuhe und Schirm zu holen. Mr. Carlyle wartete in der Diele auf sie, und sie gingen zusammen hinaus.
Ihm schien es eine gute Gelegenheit zu sein, um über seine Schwester zu sprechen. „Sie möchte bei uns bleiben“, sagte er. „Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll. Auf der einen Seite denke ich, sie könnte dir die Mühe der Haushaltsführung ersparen; andererseits stelle ich mir vor, dass wir allein glücklicher wären.“
Isabels Mut sank bei dem Gedanken, dass die strenge Miss Corny als Mitbewohnerin über sie wachen würde; aber da sie kultiviert, sensibel und sich fast schmerzhaft der Gefühle anderer bewusst war, erhob sich kein Wort des Widerspruches. „Wie es dir und Miss Carlyle beliebt“, antwortete sie.
„Isabel“, sagte ihr, „ich möchte, dass es so ist, wie es dir beliebt; ich möchte alles so einrichten, wie es dir am besten gefällt, und ich werde es so einrichten. Mein wichtigstes Ziel im Leben ist jetzt, dass du glücklich bist.“
Er sprach in voller Aufrichtigkeit, und Isabel wusste es auch: Ihr kam der Gedanke, dass Miss Carlyle den Frieden ihres Lebens nicht verderben könne, solange sie ihn, ihren liebenden Beschützer, an ihrer Seite hatte. „Lass sie bleiben, Archibald; sie wird uns nicht belästigen.“
„Jedenfalls können wir es für einen oder zwei Monate ausprobieren, und dann sehen wir, wie es klappt“, antwortete er nachdenklich.
Sie kamen zum Tor des Parks. „Am liebsten würde ich mit dir gehen und deine Bürogehilfin sein“, rief sie und war nicht willens, seine Hand loszulassen. „Dann müsste ich nicht den ganzen langen Weg allein zurückgehen.“
Er lachte, schüttelte den Kopf und sagte, sie wolle ihn wohl verführen, sie zurückzubringen, aber das könne nicht sein. Nachdem er sich verabschiedet hatte, ging er seines Weges.