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Einführung
ОглавлениеDie ausführliche Einführung zu den Sonntagsgedanken im Lesejahr A gilt im wesentlichen auch für die Sonntagsgedanken im Lesejahr B. Die Gedanken wollen helfen, den christlichen Glauben zu bestätigen und zu vertiefen. Dadurch soll die Gewißheit und das Bewußtsein gestärkt werden, daß wir „mit ewiger Liebe“, das heißt mit bedingungsloser, grenzenloser und unverlierbarer Liebe geliebt sind. Aus diesem Bewußtsein entspringt die unzerstörbare Freude und Hoffnung. Das fehlende Urvertrauen, das Fehlen dieses Bewußtseins, ist bei vielen Menschen die Ursache ihrer Depression und Verzweiflung. Für den Glaubenden wird sichtbar, daß Selbstfindung und Sinnfindung ohne Glauben an die absolute Liebe nicht möglich sind.
In der Bibel finden wir die Bestätigung und die reiche Ausgestaltung dieses Glaubens. Der Grund und der Ursprung dieses Glaubens liegt in der Selbsterfahrung des Menschen – zunächst in der Sehnsucht des Menschen: Alle Menschen sehnen sich nach absoluter Liebe und Geborgenheit. In den „Sternstunden“ des Lebens, die wir auch im Leid erfahren können, tritt diese Liebe in Erscheinung. In einem „Urakt des Glaubens“ kann diese Liebe als absolute bedingungslose „Ja-Kraft“ („Energie“) erkannt werden. Wer an die absolute Liebe glaubt, kann in der Jesusgestalt die Verkörperung und die Offenbarung dieser Liebe erkennen. Wem der Urglaube an die absolute Liebe fehlt, kann auch in der Bibel keine objektive Begründung dafür finden; denn je nach Einstellung kann man aus der Bibel alles herauslesen, was man will. Die Bibel kann als „Wort Gottes“ nur den Menschen ansprechen, der den „Urglauben“ an die Liebe mitbringt – oder wenigstens die Bereitschaft dazu.
Die schwierigsten Glaubensprobleme, die mit dem Leid und dem Bösen in der Welt gegeben sind, können nur durch einen Glauben an eine immer „noch größere Liebe“ erträglich werden (vgl. Augustinus: „deus semper maiar“ = „Gott ist immer größer“).
Die Macht des Bösen in der Welt zeigt sich besonders darin, daß Feindbilder und Fundamentalismen praktisch mehr Kraft haben, die Menschen zu vereinen, als der Glaube an die absolute und universale Liebe, obwohl sich alle nach dieser Liebe sehnen.
Auch Haß und Fanatismus geben vielen Menschen die Kraft, ihr Leben zu „opfern“. Der Grund für diesen Widerspruch liegt wohl darin: Wenn ich an die absolute Liebe glaube oder glauben will, muß ich mich ändern: Ich kann nicht mehr „mit Recht“ hassen. Der Glaube an die absolute Liebe bringt für mich ein völlig neues Denk-, Lebens- und Handlungsprinzip. Solange ich Feindbilder und fundamentalistische Prinzipien habe, brauche ich mich nicht zu „bekehren“. Ich finde immer „gerechte Gründe“, um Haß, Rache und Vergeltung zur Auswirkung kommen zu lassen.
Besonders das Markusevangelium will uns Jesus als den „Sohn Gottes“, das heißt praktisch: als die Verkörperung der ewigen Liebe, darstellen und nahebringen. Er nimmt unser haßbestimmtes Menschsein auf sich, um ihm die Liebe einzuimpfen. Er gibt sein irdisches Leben hin aus Liebe, um zu zeigen und zu bezeugen, daß es die Liebe gibt, die stärker ist als der Haß. Gott kann uns immer „leiden“, das heißt bedingungslos lieben, damit auch wir uns und einander durch die Kraft seiner Liebe „leiden“ können. Er vergießt sein Blut aus Liebe, damit wir unser Blutvergießen beenden. – Wenn sich die Liebe Gottes in unserer Welt auch noch nicht durchsetzt, weil unser freier Wille noch zu wenig auf Gott eingestellt ist, so ist sie doch da und gibt uns die Hoffnung, daß am Ende alles gut wird. Gott greift nicht ein mit Gewalt, aber er hat alles in seiner Hand. Gott greift nicht ein, aber er bewirkt letztlich alles in allem durch die Macht seiner Liebe.
Ursprung und Ziel des ganzen Evangeliums ist die Liebe Gottes. Sie ist die Mitte, aus der alles kommt und zu der alles hinführt. Überschneidungen, Variationen und manche Wiederholungen von Gedanken haben den Sinn, diese Mitte möglichst klar bewußt zu machen. An den Hauptfesten finden wir in allen drei Lesejahren dieselben Texte. Dies soll dazu anregen, dieselben Texte unter verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten.
Die Hauptüberschriften sind meistens dem Schott-Meßbuch entnommen; sie geben eine wichtige Aussage der Perikope wieder. Die nachstehende Überschrift weist auf die Verbindung mit dem praktischen Leben hin. Die Betrachtungen münden abschließend in ein kurzes Gebet.
Elmar Gruber