Читать книгу Sonntagsgedanken, Lesejahr B - eBook - Elmar Gruber - Страница 3
ОглавлениеDer Advent
Erster Adventssonntag (Mk 13,24-37)
„Seid also wachsam!
Denn ihr wißt nicht, wann der Hausherr kommt.“
Auf Gott hoffen
„Solange ich atme, hoffe ich“ – so lautet ein weiser Spruch der alten Römer („dum spiro spero“). „Wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung“– so lesen wir bei Paulus (Röm 8,24).
Mein jetziges Glück
wird bestimmt von meiner Hoffnung.
Das Wort „hoffen“ bedeutet „hoppen“, „hüpfen“.
Wenn ich hoffe, „hüpfe“ ich innerlich
aus meiner gegenwärtigen Situation heraus
in eine zukünftige, die noch gar nicht da ist,
von der ich aber jetzt schon lebe,
die mein jetziges Denken, Fühlen und Handeln bestimmt.
Worauf, auf wen hoffst du;
worauf, auf wen wartest du?–
Das sind die entscheidenden Fragen
für meine Gegenwart.
Für viele Menschen ist das irdische Leben
ein Warten auf jemand, der nie kommt –
auf etwas, das es irdisch letztlich nicht gibt.
Dies wird sichtbar
in den vielen Ent-täuschungen des Lebens.
Aus diesen Enttäuschungen
entstehen häufig Frust und Lebensverdrossenheit.
In der Hoffnungslosigkeit
geht der Sinn jeden Lebens verloren.
Manche Menschen, die sich für weise halten,
wollen uns weismachen:
Das Leben hat keinen Sinn;
du mußt den Sinn des Lebens selber machen.
Sie verschweigen,
daß jeder selbstgemachte Lebenssinn
an der Todeswirklichkeit zerschellt.
Die Fähigkeit zu hoffen
entspringt unserer Sehnsucht nach Liebe,
die nicht machbar ist
und die nicht von den Dingen kommt.
Unsere Sehnsucht greift über das Irdisch-Vergängliche hinaus.
Die Hoffnung auf Erfüllung dieser Sehnsucht
gibt dem Erdenleben seinen Sinn.
Im Warten und im Harren auf das Ewige
beginnt jetzt schon die Erfüllung unserer Sehnsucht,
die im Tod vollendet wird.
Gott ist Mensch geworden,
um uns ganz menschlich
die ewige, grenzenlose Liebe zu zeigen und zu bezeugen.
Er ist Mensch geworden,
damit wir Hoffnung haben,
daß letztlich alles gut wird, weil er alles in seinen Händen hält, auch das, was uns jetzt noch als sinnlos, lieblos und undurchsichtig erscheint. Seine Menschwerdung gibt uns die Hoffnungsgewißheit, daß sich die Sehnsucht nach Liebe für alle Menschen erfüllt. Diese Hoffnungsgewißheit bewahrt uns davor, daß wir unsere Sehnsucht nach Gott mit irdischem Konsum sättigen und stillen wollen und in der Hoffnung scheitern.
In der Hoffnung auf Gott
werden auch die Zeichen des Untergangs
zu Zeichen neuen Lebens.
Das Bild vom Feigenbaum soll uns erkennen helfen:
Im Untergang fließt schon der Saft,
der zu neuer Blüte führt.
Jedes Leid trägt in sich den Keim zu seiner Überwindung.
In jedem Tod ist Leben.
In jedem Untergang wird Gottes
ganz neu aufgehen und in Erscheinung treten.
H err, auf dich hoffe ich. Erfülle mein Leben mit der Gewißheit deiner grenzenlosen ewigen Liebe und bewahre mich vor der Versuchung, daß ich meine Sehnsucht nach dir stillen möchte mit vergänglichen Dingen.
Zweiter Adventssonntag (Mk 1,1-8)
„Bereitet dem Herrn den Weg!“
Gott kommen lassen
Wege, Straßen sind Einrichtungen, die verbinden;
sie befreien von Isolation und Abgeschiedenheit;
sie ermöglichen den Verkehr
und das Zusammenkommen.
Mein Weg und dein Weg ist derselbe,
wenn ich zu dir komme
oder wenn du zu mir kommst,
wenn wir uns bei mir oder bei dir treffen.
Die Wege aber nützen nichts,
und sie versteppen,
wenn sie nicht gegangen werden.
Andererseits entstehen Wege durch das Gehen:
Wenn ich in Gang komme und gehe,
ist die Strecke, die ich gehe, mein Weg.
Wenn ich die Strecke immer wieder gehe,
wird sie zum „ausgetretenen“ Pfad,
auf den ich mich verlassen,
zum Weg, den ich auch anderen empfehlen kann.
(Wenn ich z.B. regelmäßig bete, faste, feiere,
regelmäßig heilige Orte besuche,
dann wird diese Übung zum festen Weg,
auf dem ich zu Gott komme und Gott zu mir.)
Der Prophet sagt:
In der Wüste, in der Steppe
bahnt dem Herrn einen Weg.
Die Wüste meines Lebens ist der Ort,
in den Gott kommen will
und in dem ich Gott begegnen werde.
Durch Gott erwarten
und durch Gott entgegengehen
kann ich dem Herrn den Weg bereiten.
Ich brauche nicht fliehen aus meiner Wüste,
denn Gott kommt in meine Wüste,
und dann wird die Wüste „blühen“.
Sie wird verwandelt in einen „blühenden Garten“.
In biblischer Zeit galt die Wüste als Ort,
wo die Dämonen hausen.
Gott wird die „wüsten“ Kräfte in mir,
die alle meiner Angst und Ungeborgenheit entspringen,
Haß, Neid, Eifersucht, Rache ...
heilen und in heilende Kräfte verwandeln.
In der Lesung beschreibt der Prophet noch genauer,
wie das Wegbereiten geht:
„Jedes Tal soll sich heben,
jeder Berg und Hügel sich senken.
Was krumm ist, soll gerade werden,
und was hüglig ist, werde eben.
Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn.“ (Jes 40,4 und 5)
Auf dem Weg zu Gott,
auf dem Weg Gottes zu uns,
gibt es Hindernisse,
die nur unsererseits bestehen:
Die „Berge“ unserer falschen Gottesvorstellungen.
Muß ich in meiner Wüste nicht Angst bekommen
vor einem strafenden Rachegott?
Die „Täler“ unserer unlösbaren Lebensprobleme:
Wie kann es einen liebenden Gott geben
angesichts des unsäglichen Leids in der Welt
und angesichts der furchtbaren Grausamkeit der Menschen?
Die „krummen“ Touren unseres Lebensweges:
Wie kann Gott zu mir kommen
angesichts meiner Bosheit, Schuld und Sünde?
Von Gott her gesehen
sind das für sein Kommen keine Hindernisse.
Im Hinblick auf Gott, den ich erwarte,
kann ich die Hindernisse beseitigen,
indem ich sie im Vertrauen auf seine Liebe
annehme und stehen lasse;
denn für das Kommen Gottes ist alles gleich und eben.
Unsere Berge, Täler und die krummen Touren
sind für ihn kein Hindernis,
weil er dies alles überwindet,
wenn ich ihn kommen lasse.
Herr, ich bin bereit für deine Wege. Laß meine Wege deine Wege und deine Wege meine Wege werden.
Dritter Adventssonntag (Joh 1,6-8.19-28)
„Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt.“
Gott erkennen
„... den ihr nicht kennt“,
weil ihr ihn nicht an-erkennt!
Man kann Gott, Jesus, nur erkennen,
wenn man ihn an-erkennt.
Gewöhnlich erkennen wir etwas zuerst mit der Vernunft,
bevor wir es anerkennen.
Bei Gott ist es umgekehrt:
Erst wenn ich ihm im Glauben begegne
und ihn anerkenne,
kann ich ihn immer mehr mit meiner Vernunft erkennen.
„Ich glaube, damit ich erkenne.“
Darum kann ich Gott
mit vernünftigen Argumenten und Beweisen
zunächst nicht vermitteln,
sondern nur durch das Zeugnis des gelebten Glaubens.
Andererseits gibt es aber doch
allgemeine menschliche Erfahrungen und Einsichten,
die zum Glauben führen können:
Ich habe Sehnsucht und weiß nicht wonach;
ich hoffe und weiß nicht worauf;
ich erlebe Augenblicke des Glücks
und weiß nicht warum;
ich gehe und weiß nicht wohin.
In meinen Enttäuschungen erlebe ich immer wieder,
daß ich meine Sehnsucht
aus eigener Kraft und mit irdischen Gütern
nicht stillen kann.
„Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir“:
Die Unruhe, Sehnsucht des Herzens,
die jeder Mensch erfährt,
deutet Augustinus als Sehnsucht nach Gott.
Aber wer oder was ist dieser „Gott“,
den Augustinus und mit ihm viele andere
als Ziel unserer Sehnsucht und Hoffnung erkennen?
Das Wort „Gott“ (von „gout“ = schreien, rufen) besagt:
Gott ist das oder der,
nach dem alle Menschen schreien, rufen.
Aber was ist das?
Wenn wir die Erfahrung unserer Sehnsucht
und die Sternstunden unseres Glücks,
die wir in Freude und Leid haben können, befragen,
können wir erkennen:
Alle Menschen sehnen sich nach Liebe,
nach unbedingter, unverlierbarer, grenzenloser, ewiger Liebe.
In unserer Sehnsucht
und in den erfüllten Augenblicken unseres Lebens
wird diese Liebe „ersichtlich“.
Aber gesehen wird sie erst,
wenn der Mensch,
der die Liebe als nicht selbstgemachtes Geschenk erlebt,
an sie glaubt.
Gott ist die Liebe – diese Liebe ist Gott. Somit wird Gott ein Deutewort für erfahrene Liebe. Dieser Glaube an „Gott“ ist grundsätzlich jedem Menschen möglich – vor aller Religion, Tradition und theologischer Interpretation. Wer diesen „Gottesglauben“ hat, kann Jesus anerkennen als die menschliche Verkörperung der ewigen Liebe, als die Erfüllung seiner Sehnsucht. Um meine Sehnsucht zu erkennen, muß ich sie allerdings unterscheiden lernen in meinem und von meinem Triebverlangen.
Wenn ich Jesus anerkenne,
dann erkenne ich auch,
daß Jesus damals wie heute – immer – „mitten unter uns“, – ja in uns ist als unsere „Mitte“, die uns eint mit uns selbst und miteinander. In unseren Versammlungen und in der Feier der Sakramente haben wir die besonderen Gelegenheiten zur Begegnung mit ihm.
An meine Gotteserkenntnis
ist auch meine Selbsterkenntnis gebunden:
Je tiefer ich Gott kennenlerne als die absolute Liebe,
je mehr ich mich in Gott „aus-kenne“,
desto klarer kann ich mich,
die Menschen und alle Geschöpfe
erkennen und verstehen
als die ewig geliebten Wesen,
die berufen sind, Liebe zu vermitteln.
Herr, laß mich dich erkennen als das Ziel meiner Sehnsucht, damit ich dich anerkenne als die Erfüllung und den Sinn meines Lebens.
Vierter Adventssonntag (Lk 1,26-38)
„Du wirst ein Kind empfangen,
einen Sohn wirst du gebären.“
Fruchtbar werden
Pflanze, Tier und Mensch sind fruchtbar,
wenn sie ihr Leben weitergeben – genauer: wenn sie das innere, ewige Leben, von dem das irdisch-vergängliche Leben gespeist und „be-lebt“ wird, weitergeben.
Fruchtbarkeit beginnt
mit der Offenheit und Bereitschaft für das Leben,
das nicht vom Menschen „gemacht“,
sondern vom Leben selbst „empfangen“ wird.
Auch wenn der Mensch glaubt,
er könne das Leben selber machen (bzw. weg-machen),
z.B. durch Klonen und Gentechnik,
so ist das doch nur ein sehr fragwürdiger Umgang
mit dem unmachbaren Leben,
den jeder selbst verantworten muß.
Wer in Ehrfurcht offen ist für das Leben,
wer das Leben empfängt und selbst aus dem Leben lebt,
in dem wird das Leben ganz von selbst fruchtbar;
das heißt, das Leben erhält mich am Leben,
und durch mich wird es weitergegeben.
Wer das Leben konsumhaft gebraucht und verbraucht,
wird nicht fruchtbar und bleibt nicht am Leben.
Hier wird das Jesuswort deutlich:
„Jeder, der lebt und an mich glaubt,
wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,26).
Das Johannesevangelium sieht das Wesen Gottes
vor allem in den Wirklichkeiten von Liebe und Leben.
Johannes sieht das Wesen Gottes
in der Jesusgestalt verkörpert:
„Ich bin das Leben“; „Gott ist die Liebe“;
„Der Vater ist in mir“; „Ich bin im Vater“.
(„Vater“ ist zu verstehen als Ursprung
von Leben und Liebe.)
Im Gleichnis vom Sämann spricht Jesus
vom „Wort Gottes“,
das er als „Gottessamen“ versteht,
der in fruchtbares Erdreich fällt
und dort aus eigener Kraft
hundertfältig fruchtbar wird.
Wenn ein Mensch für Gott empfänglich ist,
geht er in ihm auf und wird fruchtbar,
und so wird der Mensch selbst fruchtbar durch Gott.
Das Fest Mariä Empfängnis will uns deutlich machen,
daß Maria selbst schon – und nicht nur sie, sondern eigentlich jeder Mensch – eine „Frucht Gottes“ ist. Und wenn man „Jungfrau“ und „Jungfräulichkeit“ als geistliche Begriffe versteht, dann ist Maria, die junge Frau, die Braut, die auf den Bräutigam wartet, der sich ihr schenkt und in ihr fruchtbar wird und der sie selbst in ihrer Liebe fruchtbar macht.
In uns allen will Gott
durch Jesus, die „Frucht“ ihres Leibes, fruchtbar werden.
Uns alle, die Liebe von uns allen,
will Gott durch seine Liebe fruchtbar machen.
Dies geschieht dadurch,
da wir die allerbarmende Liebe Gottes (Jesus)
in uns aufnehmen und fruchtbar werden lassen,
indem wir selbst aus ihr leben
und sie an andere weitergeben.
Fruchtbar werden ist der Sinn
unseres vergänglichen Daseins.
Herr, ich will dich empfangen, damit deine Liebe fruchtbar wird in mir und damit meine menschliche Liebe fruchtbar wird in dir.