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1.1 Die Bedeutung von Vertrauen und Zuversicht
ОглавлениеVertrauen oder Zuversicht ist die Erwartung eines positiven Ergebnisses. Von Ihrem ersten Fall an ist es wichtig, mit Vertrauen und Selbstvertrauen aufzutreten und entschlossen zu sein, das anzuwenden, was Sie über die Sedierung von Patienten ohne Medikamente gelernt haben. Zögern Sie Ihre erste Anwendung nicht heraus, bis der »perfekte« Fall daherkommt. Nutzen Sie vielmehr die erstbeste Gelegenheit, Ihre Fähigkeiten anzuwenden, egal ob der Patient relativ ruhig oder die Situation schon so kritisch ist, dass Sie fühlen, »dass sie gar nicht mehr schlimmer werden kann«. Allein die Tatsache, dass Sie nach vorne treten und handeln, weckt die Erwartungen eines positiven Resultats. Und diese positiven Erwartungen werden ausnahmslos zu selbsterfüllenden Prophezeiungen. Tritt man in einem Fall mit Vertrauen und Zuversicht auf, so verstärkt dies das (Selbst-)Vertrauen weiter; das wiederum vergrößert das Vertrauen beim nächsten Fall und so weiter. Dadurch wird im Verlauf das Vertrauen auf natürliche Weise gestärkt, und das führt zu immer größerem Erfolg.
Rosabeth Moss Kanter von der Harvard Business School hat die Wirkung des (Selbst-)Vertrauens auf Erfolgsserien von Sportteams, im Businessbereich und sogar von ganzen Nationen ausführlich erforscht (Moss Kanter 2004). Sie definiert (Selbst-)Vertrauen als »den optimalen Punkt zwischen Arroganz und Verzweiflung«, zwischen »der selbstgefälligen Annahme der eigenen Unverwundbarkeit« und der »Unfähigkeit, seine eigenen Stärken zu erkennen« (ebd., S. 8 Übers. d. Verf.). Begegnet man Patienten mit übermäßigem Vertrauen in den eigenen akademischen Titel und seine Zeugnisse und Zertifikate, macht aber keinen Versuch, wirklich Kontakt, eine echte Verbindung oder, fachsprachlich, Rapport zu ihm oder ihr herzustellen, ist das genauso kontraproduktiv, als wenn man sich so unsicher fühlt, dass man gar nicht handelt und deshalb Patienten die Hilfe vorenthält, die sie am nötigsten brauchen.
Moss Kanter postuliert, dass Vertrauen und Zuversicht einen festen Grundstock mit drei Ecksteinen erfordert:
Ein Eckstein ist die Verantwortung – Sie haben die Wissensbasis erworben, Fähigkeiten entwickelt und wissen, dass Sie in einer bestimmten Situation Verantwortung für Ihr Verhalten und Ihre Leistung übernehmen können.
Ein zweiter Eckstein ist Zusammenarbeit – Sie sind kein Einzelkämpfer, sondern helfen anderen, etwa Ihren Patienten, dabei, dass die ihr Bestes erreichen.
Der dritte Eckstein des Vertrauens ist Initiative – er kombiniert die Maßnahmen, die Sie in einer bestimmten Situation ergreifen, mit dem Gefühl der Verantwortung für und der Kontrolle über diese Maßnahmen.
Vertrauen und Zuversicht sind ansteckend. Wenn Sie mit Zuversicht handeln, kann das das Vertrauen anderer wecken. Roland Neumann und Fritz Strack von der Universität Würzburg haben in verschiedenen Experimenten gezeigt, dass im Zuhörenden automatisch eine identische emotionale Stimmung entsteht, wenn er oder sie dem Ausdruck der Gefühle einer anderen Person zuhört (Neumann a. Strack 2000).
Die Sache mit dem Vertrauen gilt auch für den Patienten. Es ist wichtig, dass Sie das Vertrauen Ihres Patienten durch Ihren eigenen Ausdruck von Vertrauen fördern; das schließt Ihre Körperhaltung, den Inhalt und die Stimmlage Ihrer Aussagen mit ein. Sie sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass ein Patient vielleicht noch keine Erfahrungen mit Hypnose gemacht hat oder diese bisher nur von Bühnenshows oder Mystery-Thrillern kennt. Nehmen Sie sich also Zeit, um Patienten zu helfen, realistische Erwartungen in Bezug auf den Ablauf der Hypnoseerfahrung zu entwickeln.
Schließlich führt Vertrauen auch zu mehr Vertrauen des medizinischen Teams. Medizinische Fachkräfte, denen die überzeugenden Ergebnisse der klinischen Studien über die Sedierung ohne Medikamente vertraut sind, können diese Techniken voller Vertrauen und Zuversicht anwenden. Wenn sie das tun, haben die Mitglieder ihres Teams ihrerseits Vertrauen in den Experten wie in die Anwendung der Hypnose.