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Fritz verliebt sich und wird Schiffsjunge

Mutter hatte eine Freundin. Die betrieb einen kleinen Buchladen am Volgersweg am Raschplatz. Gegenüber lag damals das Gefängnis, in dem Mutter arbeitete. Fritz ging, wann immer möglich, mit, nicht der Bücher wegen, aber das Lehrmädchen hatte es dem siebzehnjährigen Fritz angetan. Es muss im Mai gewesen sein. Er fing Feuer in seinem Herzen. Sie war wunderschön. Ja, er hatte schon eine Freundin, aber die war nichts gegen dieses Mädchen. In ihm tobte ein Orkan, so oft er sie sah. Er traute sich nicht, ihr seine Zuneigung zu offenbaren. Sieglinde hieß sie. Bedrückend war, dass sie für ihn nicht mehr als nur höfliche Freundlichkeit übrighatte. Er fand viele Gründe, wieder und wieder diesen Laden aufzusuchen. Aber ein freundliches „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“ war alles, was sie rausbrachte. „Ach, ich möchte mir gerne ein paar Bücher ansehen.“ Er zog stets mehr als zehn aus den Regalen. Er ließ sich Zeit dabei und blätterte lange in den Seiten von Büchern, die ihn nicht im Geringsten interessierten. Er ließ sie schließlich liegen, weil die Zeit drängte. Später erfuhr er, dass sie stinksauer auf ihn war, weil sie die rausgekramten Bücher immer wieder an ihren Platz sortieren musste. Wenn Fritz den Laden betrat, dachte sie: “Oh je, der nun wieder.“ Ziemlich oft erschien ein Junge gleichen Alters. Günter nannte sie ihn. Der kannte wohl etwas die Hausgelegenheit, half Kohlen aus dem Keller für den Ofen des Ladens zu holen und machte Botengänge. An seiner rechten Hand hatte er nur den Daumen und den kleinen Finger. Warum die anderen Finger fehlten, erschloss sich Fritz nie. Nicht selten holte er aus seiner Hosentasche eine Mundharmonika und spielte ihr etwas vor, indem er die Mundharmonika gekonnt zwischen Daumen und kleinen Finger klemmte. Das hörte sich wirklich gut an. Fritz sah, dass sie sich freute, wenn er kam. Verdammt, das sah nicht gut aus für Fritz.

Später freundete sich seine Schwester mit ihr an. Das sah nach einer Gottesfügung aus. Seine Schwester wusste ihre Adresse. Mutter hatte aus dem Lastenausgleich 5.000 DM erhalten und pachtete eine Pension in Bad Oeynhausen. So wurde Sieglinde gelegentlich nach Bad Oeynhausen eingeladen, – und sie kam.

In den Ferien fuhr er immer mit dem Rad von Hannover nach Bremen zu Großmutter, zu der sich eine ganz enge Bindung entwickelte und später eine große Liebe. Aus seiner Sicht hatte sie nur zwei Macken: Man musste jeden Sonntag mit ihr zur Kirche und dann die ständigen Ermahnungen: „Junge, du musst die Schule anständig machen, sonst kannst du nicht einmal Schuster werden.“ Wenn er in Bremen war, gab es für ihn zwei Ziele, den Überseehafen und das Völkerkundemuseum am Bahnhof. Die Matrosen auf den großen Handelsschiffen sahen keineswegs nach Romantik aus. Er registrierte schon, dass die schwer arbeiten mussten. Das waren Entdeckungen, die später sein Leben völlig verändern sollten. Faszinierende Welten entdeckte er. Großmutter versprach er, niemals Schuster zu werden.

In der Schule kündigte sich inzwischen die nächste Katastrophe an. Das Zeugnis stand stramm auf Sitzenbleiben. Alle Klassenarbeiten mussten von Mutter unterschrieben werden. Jetzt fing die auch noch mit dem Schuster an!

Fritz Gezeiten des Lebens-Ebbe,Flut und Sturmfluten

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