Читать книгу Fritz Gezeiten des Lebens-Ebbe,Flut und Sturmfluten - Ernst-Otto Constantin - Страница 23

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Die Hinterlist

Fritz bewarb sich im Januar 1955 zur Vorausbildung auf der Schiffsjungenschule Schulschiff Deutschland. Zu seiner Überraschung erhielt er eine Zusage. Mutter wusste davon nichts. Voraussetzung für die Erlangung eines Seefahrtbuches war die Zustimmung des Erziehungsberechtigten. Damals wurde man erst mit 21 volljährig.

Fritz fand einen Weg: Er sammelte 6 Klassenarbeiten, legte sie so übereinander, dass die nur die Unterschriftenleiste zu sehen war, und mittendrin befand sich die Zustimmungserklärung für den Besuch der Schiffsjungenschule und für das Seefahrtbuch. Als sie eines Morgens aus der Nachtschicht kam, bat er seine Mutter um die Unterschriften: „Schau dir die Zensuren gar nicht erst an, du kannst dich auch so ärgern. Die Arbeiten sind alle vergeigt.“ Sie war abgespannt vom Dienst, unterschrieb resignierend, auch die Zustimmungserklärung, die sie für eine Klassenarbeit hielt. – So, das war geschafft. Fritz fing die Post täglich ab.

Er wurde tatsächlich zum Dienstantritt am 15. Januar 1955 auf das Segelschulschiff Deutschland einbestellt. Anfang Dezember meldete sich Fritz unter Vorlage des Bescheids der Schiffsjungenschule in Bremen und der „Zustimmung seiner Mutter“ von der Schule in Hannover ab. Das ging ganz reibungslos. Er erhielt sein Abschlusszeugnis. Darin stand lediglich: Fritz hat seine 8 Pflichtschuljahre erfüllt, nichts sonst, auch keine Zensuren. Fritz war erleichtert. Das Schlimme war nur, es mussten 400 DM Ausbildungskosten an den Schulschiffverein bezahlt werden.

Bis zum Morgen des 13. Januar 1955 war Mutter völlig ahnungslos. Nach dem Frühstück erklärte er ihr:

„Übermorgen früh fahre ich nach Bremen. Ich habe die Schule beendet und fahre zur See.“

Mutter saß wie angewurzelt auf ihrem Stuhl. Sie bekam ein versteinertes Gesicht und fragte, ob das ein Scherz sei.

„Ich will kein Schuster werden und fahre zur See. Das Schulschiff Deutschland in Bremen hat mich angenommen. Tut mir leid, aber das kostet 400 Mark.“

Mutter rang nach Luft. Schließlich stand sie auf. Eine schallende Ohrfeige – so, wie er sie noch nie von ihr erhalten hatte – war so etwas wie eine Quittung.

„Du hast bis übermorgen Zeit, darüber noch einmal gründlich nachzudenken. Bleibst du bei deiner Entscheidung, musst du selbst sehen, wie du im Leben zurechtkommst, ich kann dann nichts mehr für dich tun. Und vierhundert Mark sind meine gesamten Ersparnisse. Das ist alles, was ich habe.“

Fritz rief Großmutter in Bremen an: „Großmutter, versprochen, ich werde kein Schuster. Ich fahre zur See. Am 15. Januar fange ich auf dem Schulschiff Deutschland an. Ich habe aber noch ein kleines Problem, ich brauche für die vorgeschriebene Ausrüstung 150 DM. Bitte, dann ist die Schusterkarriere Geschichte.“ Großmutter war stumm.

„Hallo, bist du noch da? Um 10: 00 Uhr komme ich in Bremen an. Bitte hilf mir.“

Großmutter holte Fritz vom Bahnhof ab. Tieftraurig riet sie ihm, lieber wieder zur Schule zu gehen. Sie gab ihm 160 DM und brachte Fritz zum Hafen. Sein Gepäck bestand aus einem kleinen Koffer. Da war alles drin, was er aus seiner Sicht brauchte.

Unbemerkt sollten neue Unwetter in seinem neuen Leben aufziehen, die zum Orkan wurden.

Fritz Gezeiten des Lebens-Ebbe,Flut und Sturmfluten

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